Ein Stueck vom Himmel
wir, dann hätten sie es ganz bestimmt nicht gebaut.
Da glaubten wir noch an die Vernunft der Stauwerk-Erbauer. Damals (1969) wurde in dem Bergrutsch noch immer eine unvorhersehbare Naturkatastrophe gesehen, und es dauerte noch einige Jahrzehnte, bis der Nebel des Vertuschens über dieser Katastrophe gelichtet werden konnte und die Welt die Wahrheit erfuhr: Menschen hatten sie verursacht. Das waren gewissenlose Spekulanten, korrupte Politiker in der Regierung, bestochene Wissenschaftler, die bewusst falsche Gutachten lieferten.
Die enge Schlucht des Flüsschens Vajont oberhalb von Longarone zeigte sich als ideal für ein Staukraftwerk, das Nordostitalien mit Strom versorgen sollte. 1956 wurde mit dem Bau der 261 Meter hohen Staumauer (damals die höchste Talsperre der Erde) begonnen. Natürlich war die Bevölkerung des Tales dagegen, dass ihr Lebensraum unter Wasser gesetzt werden sollte. Doch das bekümmerte die unter dem Schutz der Regierung stehende Elektrizitätsgesellschaft herzlich wenig. Eine eigene Carabinieri-Station wurde eröffnet, um die von Haus und Grund vertriebenen Menschen gewaltsam zu besänftigen. Deren Erzählungen von den vielen Erdrutschen in diesem Gebiet wurden ebenso wenig ernst genommen wie die Warnungen von nichtbestochenen Geologen. Journalisten, die davon berichteten, wurden vor Gericht gestellt.
1960 wurde begonnen, das Staubecken probeweise mit Wasser zu füllen, und schon im Herbst kam es zu einem Erdrutsch in den See und zu meterweiten Sprüngen am Monte Toc. Die Bewohner des Tales sahen das mit Schrecken, der von der Regierung eingesetzte Geologe sah keine Gefahr.
Es kam zu kleineren Erdbeben, es waren öfter unheimliche Geräusche im Inneren des Berges zu hören. Die Elektrizitätsgesellschaft und ihre Aktionäre wollten endlich Geld verdienen. Im April 1963 erteilte die Regierung die Genehmigung, den Stausee ganz zu füllen. Am 9. Oktober 1963 um 22:39 Uhr rutschte der Berg in den Stausee. 270 Millionen Kubikmeter Gestein stürzten auf einer Länge von drei Kilometern mit einer Geschwindigkeit von fast 100 Stundenkilometern in die Tiefe. In zwei gigantischen Wasserwänden sprang die Flut dann aus dem See.
Der Damm ist – so unglaublich es klingt – intakt geblieben. Für alle Verantwortlichen wurde daher die Katastrophe strophe sofort zu einer Naturkatastrophe, an der niemand Schuld trug.
Einen großen Prozess um die Schuldfrage gab es nicht und die kleineren endeten fast alle mit Freisprüchen (wegen Beweismangel). Die Prozesse um die Wiedergutmachung an Überlebenden oder Nachkommen von Toten dauerten bis Ende des 20. Jahrhunderts. Fast so lange hatten auch wir geglaubt, dass der Erdrutsch von Longarone eine Naturkatastrophe war. Und den Monte Duranno haben wir nur noch Monte Longarone genannt, so eng blieb in unserer Erinnerung der Kletterberg mit dem Bergsturz verbunden.
Jetzt erinnern wir uns auch noch aus ganz anderen Gründen an den Monte Longarone.
Wenn Betreiber eines gewagten Projekts dieses als vollkommen sicher erklären und wenn in allen Bereichen honorarige (und nicht honorige!) Wissenschaftler und selbsternannte Experten etwas Bedenkliches für unbedenklich erklären.
So ist das Erklettern des Monte Duranno für uns zu einer unvergesslichen Bergfahrt geworden.
»Jungfräulicher Fels«
»Die goldene Zeit des Alpinismus« wurde das 19. Jahrhundert auch genannt, weil es damals noch viele Gipfel zu ersteigen gab, »welche vorher noch keines Menschen Fuß betreten hat«. Und nachdem alle Gipfel ersterstiegen waren, suchte man neue Wege durch die Steilfelsen der Berge, suchte den – wie man es damals noch poetisch ausdrückte – »jungfräulichen Fels«.
An seinem 75. Geburtstag erreichte Hans Schwanda über den Mittelegigrat den Gipfel des Eigers
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Am Fuß der Höfats bemerkte der Eiger-Nordwand-Bezwinger Anderl Heckmair, dass Hans Schwanda sich falsch ins Seil band. Fassungslos schaut Schwandas Kletterschüler Lukan zu, wie sein Lehrmeister »richtiges Anseilen« lernt
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»Charly« Lukan in den kuriosen Granit-Tafonis auf Korsika
Ernst, Fritzerl und Hansl hatten sich bei unserer Montblanc-Überschreitung kiloweise Sonnencreme ins Gesicht geschmiert. Ich nicht. Sie hatten trotzdem so starken Sonnenbrand, dass ihnen das Lachen zur Qual wurde. So bekam ich ein Witze-Erzählverbot
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Bevor ich im Frühjahr 1944 wieder zurückfuhr an die Front bei Monte Cassino, habe ich mich an einem Baum an der Rax verewigt. Wir Jungen hatten damals wenig Chancen
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