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Ein Stueck vom Himmel

Ein Stueck vom Himmel

Titel: Ein Stueck vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Lukan
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gesehen, die große Frühjahrsoffensive zu überleben. Seit damals freue ich mich über mein Glück, sooft ich diese Verewigung wiedersehe
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Adi Mokrejs auf Wegsuche in der Südwand des Monte Duranno. An diesem Tag haben wir ihn nicht gefunden ..
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Der war aber um die Mitte des 20. Jahrhunderts nicht mehr leicht zu finden. Gerne wären viele von uns Jungen damals auch zum stolzen Erstbegeher geworden, wollten auf einem Tritt stehen, auf dem noch niemand gestanden ist, und sich nach bisher unberührten Griffen strecken. Aber wo konnten wir das noch?
    1947 fanden Leo Kozel und ich einen neuen Weg durch die Blechmauer an der Rax. Er wurde mit dem damals höchsten Schwierigkeitsgrad VI bewertet und von uns »Weg der Jugend« benannt. Aber die Rax war nur einer unserer Wiener Hausberge – und ich hätte so gerne auch im Hochgebirge eine Erstbegehung gemacht ...
    Und ich hatte Glück! Im Herbst 1947 organisierte Sepp Brunhuber eine Gemeinschaftsfahrt unserer Bergsteigergruppe in die Hochköniggruppe. Ob es dort auch noch Erstbegehungen zu machen gibt?
    »Massenhaft!«, sagte unser Hubert Peterka. Einige von seinen rund 500 Erstbegehungen hatte er auch im Bereich vom Hochkönig gemacht.
    An einem Freitagnachmittag sind wir von Wien weggefahren, am Samstag drei Uhr morgens in Bischofshofen angekommen. Eine lange Bahnfahrt aus dem Osten über die Demarkationslinie nach dem Westen. Auf der einen Seite der Enns kontrollierten die Russen den Zug, und wenn sie einen Spion suchten oder wenn Stalin Geburtstag hatte und sie sich ein besonderes Plansoll im Kontrollieren gesteckt hatten, dann gab es einen stundenlangen Aufenthalt. Auf der anderen Seite der Enns kontrollierten die Amerikaner. Auch sie suchten manchmal Spione; vor allem aber glaubten sie, dass jeder Bewohner der Ostzone ein vollkommen verlaustes Individuum sei, das erstmal mit DDT entlaust werden musste.
    Noch in stockfinsterer Nacht sind wir gleich von Bischofshofen zum Arthurhaus aufgestiegen. Unser Capo Sepp Brunhuber kannte den Weg wie seine Hosentasche – zumindest hatte er das gesagt. Aber dann führte er uns in einen ganz grauslichen Steilhang, und da war der im Halbschlaf dahinstolpernde Hansl ausgerutscht und weit den Hang hinuntergerumpelt.
    Das war nicht schlimm. Es waren aber in seinem Rucksack die Gläser mit dem Erdäpfelsalat und der Marmelade zerbrochen und die bunte Soße hatte sich über unseren »Vierzigerstrick« ergossen. Und das war schlimm, sogar sehr schlimm!
    Wir besaßen wohl jeder selbst ein Seil, aber diese Hanfstricke waren schon so dünn und morsch, dass man sie nur noch als moralischen Faden benützen konnte. Für zünftige Touren mussten wir daher im Verein bei unserem Tourenwart Hubert Peterka ein Leihseil borgen. Unter all diesen 25 Meter und 30 Meter langen Seilen war der Vierzigerstrick eine besondere Rarität und Kostbarkeit. Diesen Strick rückte Hubert nur für besondere Unternehmungen heraus, wobei er dem glücklichen Auserwählten noch einen langen Vortrag hielt, was er damit alles nicht machen durfte. Also hineinfliegen auf keinen Fall! Kein Benützer des Vierzigerstrickes ist jemals gestürzt – aber das nicht, weil er so gut war, sondern weil sich jeder vor Huberts Donnerwetter gefürchtet hatte. Und jetzt war das kostbare Stück mit vollsaftiger Erdäpfelsalatmarmelade durchtränkt!
    Damals gab es keine Seile zu kaufen und außerdem auch keine anderen Kleinigkeiten wie Reepschnüre, Mauerhaken, Karabiner, Bergschuhe, Berghosen, Anoraks – eigentlich gab es nix zu kaufen. Wir kletterten mit Restbeständen aus vergangenen Zeiten – und auch die waren lausig. Wir waren damals sehr arm nach dem Krieg, als wir sozusagen im Jahre null wieder anfingen, auf Berge zu steigen. Aber, und das ist das Seltsamste, wir fühlten uns gar nicht arm!
    Bei Sonnenaufgang kamen wir beim Arthurhaus an. Hoch über uns im hellen Morgenlicht die bizarren Zacken der Mandlwand. Jeder hatte eine steile Südwand. Welche wartete noch auf ihre Erstbegeher? »Da ist die Wand vom Fahnenköpfl«, sagte der Hüttenwirt Peter Radacher. »Und dann ist auch noch die Wand vom Kleinen Schneeklammkopf. Aber diese Wänd haben sich auch schon die Guten unserer Bischofshofener Kletterer angeschaut!«
    Es freute uns, dass sich die guten Bischofshofener die Wand vom Kleinen Schneeklammkopf nur angeschaut hatten. Uns hatte sie auf den ersten Blick hellauf begeistert.
    Nur der Name hatte uns weniger begeistert. Teufelsspitz oder Totenhorn hätten uns viel besser

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