Ein stuermischer Retter
ihrer Pflicht als Ehefrau gemeint! Am liebsten hätte sie vor Erleichterung gelacht. Natürlich war sie erleichtert. Er hatte gar nicht vorgehabt ... sich über sein Versprechen hinwegzusetzen. Und doch, neben Erleichterung verspürte sie noch ein anderes Gefühl ... fast wie Enttäuschung. Im Stich gelassen worden zu sein. Das verwirrte sie zutiefst.
Ihr den Rücken zukehrend, zog er sich an, ließ das Hemd aber offen. „Ich werde mich jetzt waschen und rasieren gehen. Ihnen lasse ich heißes Wasser bringen. Möchten Sie hier frühstücken - Stevens kann Ihnen etwas holen - oder kommen Sie lieber wieder mit nach unten?"
Sein kühler, geschäftsmäßiger Ton, als hätten sie nicht gerade einen überaus intimen Kuss und noch mehr miteinander geteilt - sie glaubte, den Druck seines ... Verlangens noch immer an ihrem Schenkel zu spüren -, brachte sie einigermaßen aus der Fassung. Anders war es nicht zu erklären, denn nachdem sie ihm ruhig mitgeteilt hatte, dass sie zum Frühstück nach unten kommen würde, hatte sie irgendein Teufel geritten und dazu veranlasst, sich aufzusetzen und damit herauszuplatzen: „Was ... warum haben Sie das Langkissen weggenommen?" Zu ihrer tödlichen Verlegenheit klang das beinahe wie ein Vorwurf. Als wäre sie beleidigt. Oder enttäuscht.
Er hielt inne. „Sie haben das selbst getan."
Sie zuckte zusammen. „Ich habe es weggenommen?", rief sie entrüstet.
Seine Mundwinkel zuckten. „Sie haben Ihre kindliche Angst vor Gewittern nicht so gut abgelegt wie Sie das gern glauben möchten. Letzte Nacht haben Sie sich im Schlaf an mich geschmiegt und bei jedem Donnern am ganzen Leib gezittert. Ich habe Sie im Arm gehalten, um Sie zu trösten, das ist alles."
Sie sah auf das Bett, und da lag das Langkissen, hinter ihr, und hing halb über die Kante auf ihrer Seite nach unten.
Er machte ein paar Schritte auf die Tür zu, blieb stehen und kam noch einmal zu ihr zurück. Eine Weile sah er sie stirnrunzelnd an. „Deuten Sie das, was eben geschehen ist, nicht falsch. Auch nicht das, was gestern Nacht vorgefallen ist. Ich weiß, Frauen neigen gern dazu, sich Fantastereien hinzugeben, aber diese Ehe ist eine rein zweckdienliche Verbindung, nichts weiter. So etwas wie - wie Gefühle sind hier nicht mit im Spiel." Seine Stimme klang jetzt härter. „Ich weiß, Sie sind nicht unschuldig, daher will ich nicht um den heißen Brei herumreden. Der Zustand, in dem ich heute Morgen aufgewacht bin, ist vollkommen normal für einen gesunden Mann, vor allem wenn er längere Zeit enthaltsam gelebt hat. Machen Sie sich nicht vor, ich hegte irgendwelche zarten Gefühle für Sie. Das ist nicht der Fall. Und bilden Sie sich auch nicht ein, Sie hegten welche für mich, weil das gar nicht sein kann. Nach dem Frühstück trennen sich unsere Wege. Haben Sie mich verstanden?"
Faith schluckte und nickte nur stumm. Die Wandlungsfähigkeit dieses Mannes war verblüffend. Vom sie neckenden Ehemann zum strengen, distanzierten Zuchtmeister. „Wir sehen uns beim Frühstück, Mrs Blacklock. Danach begleite ich Sie zum Hafen.
Ich habe für Sie eine Passage nach England gebucht." Die Tür fiel leise hinter ihm ins Schloss.
Tödlich verlegen zog Faith sich die Bettdecke über den Kopf. Am liebsten wäre sie nie wieder zum Vorschein gekommen.
Er hatte ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass ihre Ehe ihm nichts bedeutete. Das hatte sie schon vorher gewusst, aber ihn die Worte laut aussprechen zu hören, war dennoch ein Schock für sie.
In wenigen Tagen würde sie in England sein und ihrer Familie erklären müssen, dass sie im Grunde gar nicht mit Felix vermählt gewesen war. Das an sich war schon schlimm genug. Aber wie sollte sie erklären, dass sie mit einem Fremden, den sie am Strand kennengelernt hatte, tatsächlich verheiratet war? Der sie zur Frau genommen hatte, um ihren Ruf zu retten, und den sie danach verlassen hatte? Das konnte sie sich ja noch nicht einmal selbst erklären.
Und dann war da noch seine Mutter.
Wie konnte er von ihr verlangen, nach England zurückzukehren und dort auf seine Kosten ein Leben in Behaglichkeit zu führen? Sie erschauerte bei dem Gedanken. Behaglichkeit? Eine kalte Behaglichkeit, ohne einen Mann und Kinder, die sie lieben und umsorgen konnte. Denn obwohl er angedeutet hatte, dass sie dann frei tun und lassen konnte, was sie wollte, würde sie ihn niemals betrügen.
Sie legte sich zurück aufs Bett und dachte nach.
Als sie das erste Mal das Hochzeitsgelübde abgelegt hatte, waren
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