Ein stuermischer Retter
Zimmer, in dem Nicholas schlief, und holte ihre Schreibutensilien hervor. Sie musste Hope ihr Herz ausschütten. Hope würde sie verstehen.
Mac fand Stevens in den Stallungen. „Schlimme Sache, Stevens. Das Mädchen liebt ihn wirklich."
„Ich weiß."
„Es wird sie vernichten, wenn sie die Wahrheit erfährt."
„Und das tut sie bestimmt bald", antwortete Stevens ernst. „Wir waren ja vorgewarnt, dass das passieren würde."
„Sollten wir sie nicht darauf vorbereiten?"
Stevens schüttelte den Kopf. „Das ist Mr Nicks Aufgabe, und du weißt, er will sie nicht mehr belasten als nötig. Warum sollten wir sie grundlos aufregen? Gib ihr Zeit bis Bilbao."
„Ja, das ist vermutlich das Beste."
Nick erwachte und wusste nicht, wo er war. Er zog die Vorhänge des Alkovens auf und warf einen Blick ins Zimmer. Nichts kam ihm bekannt vor. Der Raum war winzig und nur spärlich möbliert. Er drückte prüfend die Türklinke herunter. Gott sei Dank, die Tür ging auf, er war also nicht eingesperrt. Er tappte zum Fenster und sah hinaus auf ordentlich bestellte Felder. Ein Bauernhof. Er befand sich auf einem Bauernhof irgendwo in Frankreich. Er hatte keine Erinnerung an diesen Ort, er wusste auch nicht, wie er hier hergekommen war. Dem Stand der Sonne nach war es später Nachmittag, die Schatten waren schon lang und das Licht mild. Sein Kopf schmerzte ein wenig, wahrscheinlich hatte er wieder einen Anfall gehabt. Aber wo war er und wie hatte man ihn in diesen Raum gebracht? Und wie lange hatte er geschlafen? Oder hatte er wieder einmal das Bewusstsein verloren?
Es war beunruhigend. Seine Kopfschmerzen hatten schon öfter kurze Gedächtnislücken verursacht, aber das war bislang die Schlimmste.
Er fand eine Kanne mit sauberem Wasser und eine große Waschschüssel. Er wusch sich ausgiebig das Gesicht und trocknete sich mit dem sauberen Tuch ab, das zusammengefaltet neben der Schüssel lag. Er fühlte sich etwas klarer im Kopf, wenngleich er immer noch nicht wusste, wie er hier hergekommen war. Seine Stiefel standen auf dem Fußboden, sein Mantel und seine Breeches hingen an Haken an der
Zimmertür. Nicholas zog sich an und ging die Treppe hinunter, um irgendwelche Antworten zu finden.
Der Duft von Eintopf stieg ihm in die Nase, und er folgte dem Geruch in eine große, offene Küche.
Faith saß in einem Schaukelstuhl am Feuer und hielt ein Baby mit goldblonden Haaren im Arm. Leise sang sie ihm etwas vor, ein Lied, das Nicholas nicht kannte. Sie wippte dabei mit dem Stuhl langsam vor und zurück.
Nicholas blieb wie vom Donner gerührt stehen. Sein Gefühl der Orientierungslosigkeit nahm zu. Diese ganze Szenerie ergab keinen Sinn für ihn. Faith sah heiter, glücklich und viel zu schön aus, um wahr zu sein. Doch sie war wahr. Sie war seine Frau. Nur ... woher kam das Baby?
Faith sah auf und lächelte ihn an. Wie immer, wenn ihre Blicke sich trafen, verspürte er einen dumpfen Schlag in der Brust.
„Nicholas! Wie geht es deinem Kopf? Du hast lange geschlafen."
„Es ist zu ertragen, danke", gab er knapp Auskunft. Sie wusste, dass er nicht gern darüber redete. Er starrte auf das Baby. „Und das ...?"
Faith wiegte es in ihren Armen. „Ist sie nicht entzückend?"
„Ja, sehr hübsch", pflichtete er ihr vorsichtig bei und zermarterte sich das Gehirn. „Wo ... wo sind Stevens und Mac?"
„Ich bin mir nicht sicher, draußen vielleicht."
Nick flüchtete.
Draußen setzte seine Erinnerung ganz langsam wieder ein. Er erinnerte sich an die Reise, auf der er sich befand, und er erkannte sogar vage den Bauernhof wieder. Aber von Stevens und Mac war nichts zu sehen. Er kehrte in die Küche zurück und erstarrte.
Jetzt waren zwei Babys da, zwei goldblonde Babys, Faith hielt in jedem Arm eins. Sie sah ausgesprochen selig aus.
Er musste einen erstickten Laut von sich gegeben haben, denn sie hob den Kopf. „Komm und sieh sie dir an, Nicholas", sagte sie weich. „So müssen Hope und ich als Babys ausgesehen haben."
Mit dem Gefühl, in irgendeinen bizarren Traum einzutreten, kam er näher und betrachtete die Mädchen. Es waren tatsächlich zwei, und sie sahen geradezu identisch aus. Goldblonde Haare und blaue Augen, genau wie seine Frau. Er schluckte.
„Ich habe noch nie zuvor andere Zwillinge gesehen", erklärte sie ihm. „Abgesehen von meiner Schwester und mir, natürlich. Hope und mich verbindet ein solch starkes Band." Sie betrachte die Babys mit weichem Blick. „Ich frage mich, ob es bei diesen beiden Kleinen auch
Weitere Kostenlose Bücher