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Ein Sturer Hund

Titel: Ein Sturer Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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erklären, worum es ging. Das Gesicht der Dame verlor ihre Samtigkeit, wurde hart und sachlich. Sie behauptete, daß es völlig unmöglich sei, den Herrn Doktor in Ermangelung eines zuvor vereinbarten Termins aufzusuchen.
    »Rufen Sie ihn an«, sagte Cheng ohne ein asiatisches Lächeln, »und sagen Sie ihm, es gehe um ein schwerwiegendes Verbrechen.«
    »Sind Sie von der Polizei?«
    »Das ist die Frage, die mir Ihr Chef stellen darf, nicht Sie.«
    Chengs brüske Art schüchterte die Frau ein; sie zögerte, griff aber schließlich zum Telephon, wobei sie mit ihrem Drehstuhl nach hinten fuhr, so daß Cheng bloß eine gewisse Aufgeregtheit ihrer Stimme registrieren konnte. Sie sprach eine ganze Weile. Zupfte dabei an den Enden ihrer Haare. Nachdem sie aufgelegt hatte, erhob sie sich, trat an das Glas des Schalters und teilte Cheng mit, der ärztliche Direktor der Krankenhausleitung, Dr. Callenbach, würde ihn in seinem Büro erwarten. Dann beschrieb sie Cheng den Weg. Er dankte ihr. Allerdings noch immer ohne zu lächeln. Was er ohnehin so gut wie nie tat. Schon seine Frau hatte sich darüber mokiert, daß er sich so schrecklich unchinesisch gebe. »Ich gebe mich nicht, ich bin«, war seine Antwort gewesen.
    Gerade als er von der Halle in einen langen Korridor hinüberwechselte, vernahm er die Stimme der Dame aus der Information, die hinter ihm hergerannt kam, um auf das absolute Hundeverbot im Bereich der Klinik hinzuweisen.
    Cheng machte keine großen Umstände, überreichte der Frau die Leine und erklärte, daß es sich bei diesem Hund um ein pflegeleichtes Wesen handle. Die Dame sah ihm konsterniert nach. Lauscher hingegen war derartiges gewohnt und verhielt sich in der Folge so pflegeleicht wie angekündigt.
    Dr. Callenbach, ein Mann um die Fünfzig, besaß jene joviale Art, die seinem Berufsstand entsprach. Großgewachsen und muskulös, trug er seinen weißen offenen Kittel mehr wie einen Schal oder ein Cape, wie etwas, das zu jeder Zeit einen wehenden Eindruck vermittelte. Kein schöner, aber ein beeindruckender Mann. Ein Michel-Piccoli-Typ, welcher einen dekorativen Zug von Bitterkeit im Gesicht trug. Dazu besaß er einen Händedruck, der so trocken und kräftig war, daß Cheng nun doch ein zwanghaftes Lächeln entglitt.
    Es klang wie ein Bedauern, als er sagte: »Mein Name ist Cheng. Markus Cheng. Ich bin Privatdetektiv aus Stuttgart. Wollen Sie meinen Ausweis sehen?«
    »Ich sehe mir nie Ausweise an. Man kann in der Regel nichts darauf erkennen, was einem die Sicherheit geben könnte, mit dem richtigen Mann oder der richtigen Frau zu sprechen«, meinte der Arzt, half Cheng aus dem Mantel und lud ihn mit einer Handbewegung ein, auf einem der Ledersessel Platz zu nehmen.
    »Eine vernünftige Anschauung«, bestätigte Cheng.
    »Frau Schoppe sagte mir, Sie wollten mich wegen eines Verbrechens sprechen. Ehrlich gesagt, dachte ich, Sie kämen von der Polizei. Ich kann mir also kaum vorstellen, Ihnen irgendwie helfen zu können. Und es wird ja wohl auch nicht nötig sein, Sie jetzt groß über meine Schweigepflicht zu unterrichten.«
    »Natürlich nicht.« Gleichzeitig griff Cheng in die Innentasche seines Jacketts und zog den Bierdeckel heraus, welchen er dem Anstaltsleiter reichte. Dieser betrachtete die Zeichnung eingehend und erklärte dann, daß er den darauf dargestellten Mann noch nie gesehen habe. Darüber könne kein Zweifel bestehen. Es komme nicht vor, daß er ein Gesicht vergesse. Dabei wirkte er nüchtern, gelassen und gelangweilt.
    »Darum geht es auch nicht. Ich suche nicht nach dem Porträtierten. Wollte ich das, bräuchte ich bloß der Gerichtsmedizin einen Besuch abstatten. Der Mann ist tot. Man fand seinen abgeschnittenen Kopf in einem Aquarium.«
    » Diese Sache also. Ich erinnere mich, in den Radionachrichten davon gehört zu haben. Auch davon, daß der Täter bereits gefaßt sei.«
    »Der vermeintliche Täter.«
    Callenbach zuckte mit den Schultern, erklärte sich für nicht berufen, irgendeine Meinung zu dem Fall zu haben. Auch begreife er nicht, warum Cheng ausgerechnet hier in Zweiffelsknot vorspreche. Obwohl man natürlich über eine forensische Psychiatrie verfüge. Nicht aber, bei allem Respekt, über eine Informationsstelle für Stuttgarter Detektive.
    »Der Bierdeckel«, sagte Cheng. »Er stammt aus Zweiffelsknot.«
    Callenbach sah nochmals auf das Stück Karton, geradeso, als wäre ihm zuvor die Herkunft des Bierdeckels entgangen. Sodann zuckte er erneut mit den Schultern. »Ich

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