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Ein Sturer Hund

Titel: Ein Sturer Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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verstehe noch immer nicht, wonach Sie suchen, Herr Cheng. Ich meine, hier bei mir.«
    »Die Zeichnung stammt von einer Frau, bei der es sich um die eigentliche Mörderin von Thomas Marlock handeln dürfte. Sie hat dieses Porträt kurz vor der Tat angefertigt.«
    Cheng entschloß sich jetzt für ein gewagtes Vorpreschen, indem er behauptete, einiges würde dafür sprechen, daß die betreffende Frau in einer Beziehung zur Zweiffelsknoter Klinik stehe. In welcher Beziehung auch immer.
    »Das klingt recht vage«, kommentierte Callenbach. »Was verlangen Sie von mir? Daß ich wegen eines Bierdeckels sämtliche weiblichen Angestellten und Patienten auf ihre Zeichenkünste untersuchen lasse? Außerdem: Ich wüßte darüber Bescheid, hätten wir jemand im Haus, der in der Lage ist, eine solche Zeichnung anzufertigen. Doch bloß, weil wir auch eine Kunsttherapie betreiben, heißt das ja noch lange nicht, daß wir mörderisch-geniale Porträtistinnen heranziehen. Absurd! Diese Zeichnung stammt von einer Künstlerin, das ist eindeutig, ob sie nun die Köpfe ihrer Modelle abzuschneiden pflegt oder nicht. Mit einer Künstlerin aber, lieber Herr Cheng, kann ich Ihnen nicht dienen.«
    »Dürfte ich mir die Räume ansehen, in denen Sie Ihre Kunsttherapie durchführen?« fragte Cheng, um irgendwie weiterzukommen.
    »Nein. Ich kann nicht zulassen, daß Sie hier eine private Ermittlung betreiben. Daß Sie herumlaufen und meine Leute nervös machen. Sie müssen mir schon glauben, wenn ich Ihnen sage, daß niemand bei uns das nötige Talent besitzt, um etwas so Gediegenes anzufertigen.«
    »Das können Sie nicht wissen.«
    »Herr Cheng, bitte! Sie wollen doch noch unhöflich werden, oder? Es ist nicht Ihre Klinik, sondern meine.«
    »Es ist aber mein Fall. Und ich wäre nicht hier …«
    »Wer beauftragt Sie eigentlich? Wer will, daß Sie tun, was Sie tun?«
    »Jemand, dem die Wahrheit so wichtig ist, daß er in selbige sein Gespartes investiert.«
    »Schade um das Gesparte, wenn man derart an der Wahrheit vorbeidriftet. Das wär’s, Herr Cheng, ich muß Sie jetzt hinausbitten.«
    Dr. Callenbach erhob sich. Es sah nicht gerade aus, als hätte ihn dieses kleine Gespräch sonderlich aufgeregt. Als hätte er gar etwas zu verbergen. Und als sich Cheng seinerseits aus dem tiefen Sessel herausbewegte, überlegte er, daß es tatsächlich unsinnig gewesen war, einer reinen Spekulation wegen hier aufzutauchen. Nur weil der Autoliebhaber Otto Bodländer so sehr auf seine Theorie von einer geschlossenen Anstalt gepocht hatte. Viel wahrscheinlicher war, daß die Mörderin den Bierdeckel in einer der Gaststätten dieser Gegend an sich genommen hatte. Daß es einfach ihre Marotte war, auf allen möglichen Bierdeckeln Gesichter abzubilden.
    »Ich danke Ihnen trotzdem«, sagte Cheng und ließ sich in seinen Mantel hineinhelfen. Dann reichte er dem Arzt die Hand. Erneut zwang ihn der starke Druck zu einem Lächeln. Während seine Mundwinkel in die Höhe gingen, fiel sein Blick an der breiten Gestalt des Mediziners vorbei auf die gegenüberliegende Wand. An ihrem rechten und linken Rand wurde sie von hohen Pflanzen dominiert. In der Mitte aber ergab sich eine dicht gedrängte Ansammlung unterschiedlich großer, gerahmter Bilder. Darunter waren viele Aquarelle, die meisten im Postkartenformat. Die Bilder stammten ganz offensichtlich von verschiedenen Produzenten und waren zumeist von einer unangenehmen Buntheit bestimmt. Um so mehr stachen die zwei, drei Bleistiftzeichnungen hervor. Cheng versuchte jetzt an Callenbach vorbeizusehen. Er meinte, mit einem kurzen Blick etwas gestreift zu haben, bei dem es sich um … nun, um etwas Vertrautes handelte. Callenbachs Körper ging jedoch mit Chengs Bewegung mit und verdeckte ihm solcherart die Sicht. Dazu kam, daß der Mediziner noch immer die Hand des Detektivs festhielt und einen unverminderten Druck ausübte.
    »Lassen Sie doch los!« beschwerte sich Cheng.
    »Und Sie, gehen Sie endlich!« erwiderte der Arzt und löste seinen Griff.
    Cheng trat einen Schritt auf die Tür zu, wandte sich dann aber rasch um und drehte sich geschickt an Callenbach vorbei, der Bilderwand entgegen. Ja, er überwand sein Gegenüber in der Art einer Seerobbe, die elegant über einen rutschigen Stein gleitet. Schnell hatte er das Bild entdeckt, das ihm zuvor für den Bruchteil einer Sekunde ins Auge gestochen war und welches ein Porträt Dr. Callenbachs darstellte. Das taten zwar einige der hier angebrachten Bilder, doch muteten sie

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