Ein süßes Abenteuer
humorvollen Susan wirkte die schöne Lady Emily Fortescue streng und kühl, und Humor schien ihr völlig abzugehen.
Susans Ansicht nach rührten die Unterschiede zwischen ihnen daher, dass Emily mit Sir Carlton Fortescue eine schrecklich unglückliche Ehe geführt hatte. Als Kinder hatten sie nämlich beide pausenlos gelacht und gemeinsam alberne Streiche ausgeheckt. “Du musst sofort zu ihm gehen, Em”, drängte sie ihre Schwester freundlich.
“Bitte nenne mich nicht ständig Em”, gab Lady Fortescue kühl zurück. “Der Name passt vielleicht zu einem Stubenmädchen, aber nicht zu mir. Schon gut, ich werde mich beeilen.”
Als seine Mutter ins Zimmer trat, erkannte Neville auf den ersten Blick, dass seine unangemeldete Ankunft ihr missfiel. Prompt verließ ihn der Mut. Wie würde sie reagieren, wenn er sie fragte, ob er die Frucht einer Liebesaffäre zwischen ihr und Lord Burnside war – letztendlich ein Bastard, wenn auch nicht vor dem Gesetz?
“Was um alles in der Welt willst du so dringend mit mir besprechen, dass du das Gebot der Höflichkeit missachtest und völlig unerwartet hier erscheinst, Neville?”, begrüßte sie ihn ungehalten.
Anstatt sich unwillkürlich zu verteidigen, wie gewöhnlich, erwiderte er zu seiner eigenen Überraschung: “Da du dich so höflich nach meinem Anliegen erkundigst, Mutter: Ich möchte dich fragen, ob du selbst in der Vergangenheit einmal gegen die Anstandsregeln verstoßen hast.”
Sichtlich verwirrt ließ seine Mutter sich auf dem Sofa nieder. “Was meinst du damit? Hast du den Verstand verloren?”
“Ganz im Gegenteil, ich glaube, ich habe in letzter Zeit erst richtig Vernunft angenommen. Wenn du gestattest, werde ich gleich zur Sache kommen. Gestern hörte ich, dass nicht der verstorbene, kaum betrauerte Sir Carlton Fortescue mich gezeugt haben soll, sondern Lord Burnside.”
Eigentlich wollte er nicht grob werden, doch der unfreundliche Tadel seiner Mutter hatte ihn so sehr verärgert, dass er sich zum ersten Mal dagegen wehrte. Anstatt taktvoll vorzugehen, konfrontierte er sie rücksichtslos mit seinem Verdacht – nun verriet ihre Miene sie nur allzu deutlich.
“Wer behauptet das?”, stammelte sie.
“Das spielt keine Rolle. Bitte sag mir die Wahrheit, sonst werde ich bis zu meinem Tod niemals wissen, ob ich mit einer Lüge lebe.”
Seine Mutter schüttelte den Kopf. “Wie kannst du mir nur solch eine Frage stellen”, entgegnete sie tapfer, obwohl ihre Lippen bebten. “Du trägst deinen Namen zu Recht, mehr brauchst du nicht zu wissen.”
Damit würde er sich auf keinen Fall zufriedengeben. Andererseits tat ihm seine raue Art inzwischen leid, also kniete er vor ihr nieder und nahm ihre Hand.
“Bitte entschuldige meine harten Worte, Mutter. Ich kann die Wahrheit ertragen, ganz gleich wie sie lautet. Falls das Gerücht stimmt, werde ich nichts als Erleichterung empfinden. Glaub mir, ich will dir keine Vorwürfe machen, ich will nur eine ehrliche Antwort.”
Plötzlich begann sie hemmungslos zu schluchzen. “Ich dachte, außer mir, Sir Carlton und Lord Burnside wüsste niemand Bescheid. Meine Ehe mit Sir Carlton war die reinste Hölle. Oft schlug er mich, und einmal stieß er mich sogar die Treppe hinunter, nur weil ich ihm kein Kind schenken konnte. Zumindest gab er mir die Schuld daran, obwohl er selbst mit keiner seiner vielen Geliebten ein Kind gezeugt hatte. Natürlich bemerkten unsere Freunde und Nachbarn, dass er mich schlecht behandelte, aber niemand ahnte, was ich in Wirklichkeit durchmachte. Eines Tages wurde er während einer Wochenendfeier bei Freunden krank. Zu der Zeit hatte er mir schon seit mehreren Monaten nicht mehr beigewohnt. Lord Burnside nahm ebenfalls an der Feier teil, und aus einer seiner Bemerkungen schloss ich, dass er wusste, was für eine unglückliche Ehe ich führte. Jedenfalls behandelte er mich sehr freundlich, und ich fühlte mich sehr einsam … Er übrigens auch, da er kurz zuvor seine junge Gemahlin im Kindbett verloren hatte. Dennoch werde ich niemals begreifen, wie es geschehen konnte! Ich habe meinen Gatten nur ein einziges Mal betrogen, das schwöre ich dir, aber das genügte, um dich zu empfangen. Zuerst dachte ich, dass Sir Carlton mich verstoßen würde, denn er wusste ja, dass das Kind nicht von ihm stammen konnte. Aber weit gefehlt. Er sehnte sich verzweifelt nach einem Erben, damit sein Besitz nicht einem entfernten Verwandten zufiel, und nun hatte ich ihm einen Sohn geschenkt. Also zögerte er
Weitere Kostenlose Bücher