Ein sueßes Stueck vom Glueck
weißt«, teilte Marguerite Hervé mit.
»Moi? Ich habe ihm mindestens zwanzig Mal gesagt, er soll die Sicherheitsvorkehrungen in seiner Chocolaterie verbessern.«
»Das meine ich nicht. Sondern dass er Frauen gegenüber so naïf ist. Du warst genauso.«
»Das ist wahr«, vertraute Hervé seinem Sohn an. »Ich wollte dir das über deine Mutter erst sagen, wenn du älter bist, aber sie war und ist … difficile.«
»Und ich muss mir damit nicht einmal Mühe geben«, sagte seine Mutter stolz. »Das liegt in meiner Natur.«
»Ich mag naïf sein, aber ich mag deine Cade«, sagte Herve nochmals.
Seine Cade. Sylvain fragte sich, was sie von dem Possessivpronomen halten würde.
»Sie weiß, wie man sich deiner Mutter gegenüber diplomatisch verhält, sie kann internationale Geschäfte abwickeln, sie ist vor ein paar Minuten in einen spinnenbevölkerten cave hinabgestiegen, um uns zu helfen, den Champagner zu holen, und sie kann einbrechen. Das sind echte Talente. Ich denke, das Einzige, das wir davon bisher in der Familie hatten, war die Fähigkeit, Champagner zu holen.«
»Ich bin diejenige, die diplomatisch mit ihr umgeht«, warf Marguerite genervt ein. »Das will ich für alle Fälle gesagt haben.«
Sylvain begegnete dem Blick seiner Mutter und lächelte ein wenig. »Für welchen Fall, Maman?«
Marguerite schnaufte empört und in die Enge getrieben. »Nur für den Fall, dass es sich bei ihr … lohnt.« Sie drückte beleidigt die Zigarette aus, sie hatte nicht zugeben wollen, diese Möglichkeit in Betracht gezogen zu haben. Dann zog sie erhobenen Hauptes von dannen, um sich mit Leuten zu unterhalten, bei denen es weniger wahrscheinlich war, dass sie ihr etwas Unangenehmes entlockten.
Vater und Sohn sahen ihr nach. »Wirke ich naïf auf dich?«, fragte Hervé Sylvain entrüstet.
»Woher sollte ich das Maman zufolge wissen?«, fragte Sylvain trocken.
»Enfin, bon. Ich kann nicht dafür garantieren, dass dir nicht das Herz gebrochen wird, aber zumindest wird es diesmal auf Gegenseitigkeit hinauslaufen. Und ich muss sagen, eine Schokoladendiebin scheint es wert zu sein, dass dir das Herz zerbricht.«
Drinnen war es Natalie gelungen, die Lautsprecher anzuschließen, und so schallte plötzlich die Musiksammlung seiner zwanzigjährigen Schwester durchs Haus. Sylvain lachte und griff nach Cades Hand. Er zog sie auf die Tanzfläche aus weißen Marmorfliesen, die von zierlichen Sofas mit gedrechselten Beinen und über die Jahre geschmeidig gewordenen Brokatsesseln umgeben war, die an die Wand geschoben worden waren.
Natalie hatte bei ihrer Playlist aus dem Vollen geschöpft und Musik aus den vergangenen fünfzig Jahren ausgewählt. Die dröhnte nun durch den einen Lautsprecher und knisterte ab und an aus dem anderen, als sie sich zum Line Dance formierten und die Kragen ihrer gedachten Lederjacken zu Songs aus Grease hochstellten. Sylvain und Cade tanzten nonstop. Cades joie de vivre schien unerschöpflich. Sie legte sogar einen sehenswerten Ententanz hin.
Gegen ein Uhr nachts traten sie hinaus; sofort waren sie von Frieden und Stille umgeben, ihre Füße knirschten auf dem Kies unter einem sternenbedeckten Himmel.
Sylvain führte Cade durch den Park, der sich unterhalb des Château bis zur Marne hinunter erstreckte. Sie schlüpften durch ein Tor neben einem kleinen kegelförmigen, märchenhaften Haus, einer ehemaligen Kapelle, und gelangten auf den matschigen Pfad entlang des großen, breiten Flusses.
»Es ist eiskalt.« Er richtete ihren Schal, um auch das letzte Stück Hals zu bedecken. »Aber ich wollte dir das hier zeigen.«
Im Licht des Vollmonds, das sich im Wasser spiegelte, floss die Marne dunkel und täuschend langsam dahin. Eine Trauerweide ließ ihre feinen, winterkahlen Zweige über das Ufer neben ihnen hängen. Cade lehnte sich an ihn, und sie schauten gemeinsam aufs Wasser.
Vielleicht suchte sie seine Nähe, vielleicht suchte sie auch nur etwas Wärme in der Kälte. Vielleicht taten ihr auch nur die Füße weh. Er fragte nicht, und es kümmerte ihn nicht, weil es ihm gefiel, ihr Wärme zu spenden und ihr Halt zu geben.
Vor zwei Wochen hatte sich sein Leben noch so anders angefühlt. Es war ihm großartig vorgekommen. Und wenn er nun ohne sie in dieses Leben zurückkehren müsste, kam es ihm wie das elendste, jämmerlichste Leben der Welt vor.
»Ich mag deine Familie«, sagte sie.
Er zog die Augenbrauen hoch. »Wirklich? Sogar meine Mutter?«
»Ja. Sie scheint mich überhaupt nicht zu
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