Ein sueßes Stueck vom Glueck
falls du nach fast acht Stunden ohne Schokolade Entzugserscheinungen haben solltest. Ohne meine Schokolade«, stellte er mit einem selbstgefälligen Schmunzeln klar. »Bedauerst du schon, dass du alles verschenkt hast?«
Ja. Erst recht, weil es einen wirklichen Gesichtsverlust bedeuten würde, erneut in seinen Laden zu gehen und bei den hochnäsigen Angestellten neue zu kaufen. Und wenn sie nicht ohne leben und sich nicht dazu überwinden konnte, sich die Blöße zu geben, welche nachzukaufen, müsste sie für jedes Stückchen, das sie haben wollte, zu ihm gehen.
Und auf diese Weise hätte er sie vollkommen in der Hand.
Ihre Augen weiteten sich, ihr Mund wurde wässrig, und sie schaute rasch auf ihre tarte normande .
»Ich sollte jetzt gehen«, sagte er. Sie blinzelte und zuckte innerlich zusammen. Sie versuchte, in seiner Stimme einen Ton des Bedauerns auszumachen, aber es gelang ihr nicht. »Heute kommt ein stagiaire und ich wäre gerne vor Ort, wenn er da ist, für den Fall, dass ich etwas übersetzen muss.«
»In welche Sprache?«, fragte sie überrascht. Sprach Sylvain eine andere Sprache? Ein stagiaire war ein Praktikant – sie kannte das Wort.
Er schüttelte den Kopf. »Dialekt. Zwischen den Welten. Die banlieue , aus der er kommt, ist ganz anders als das sechste Arrondissement.«
»Wie kannst du dann übersetzen?«, fragte sie verwirrt. Aus seiner Biographie war ihr vage in Erinnerung geblieben, dass er in den Vororten von Paris geboren worden war, en banlieue , aber zu der Zeit hatten sich die Vororte noch nicht so sehr von Paris unterschieden.
»Ich bin in derselben banlieue aufgewachsen«, sagte er im Aufstehen knapp. Er wollte offenbar nicht näher auf seine Kindheit eingehen. Sie wertete dies als gutes Zeichen. Er versuchte Sex nicht als Einstieg in ein intimes Verhältnis anzusehen. Er zeigte zumindest keinerlei Anstrengung, sich in ihr Leben einzuklinken und ihre Milliarden zu heiraten.
Das war romantisch, aber auch verwirrend. Ihre Milliarden waren immer ein Garant dafür gewesen, dass sich die Männer für sie interessierten. Ohne sie kam es ihr vor, als hätte man sie ohne Visitenkarten, Handy oder gar Namen in einer fremden Stadt ausgesetzt, mit nichts außer den Kleidern am Leib und ihrem Einfallsreichtum, um zu überleben.
Er spülte sich die Krümel des pain au chocolat von den Händen und blieb dort, wo sie mit ihrer tarte normande saß, vor ihr stehen. Er zögerte kurz und beugte sich dann vor, um ihr einen schnellen Kuss zu geben, eine flüchtige Berührung ihrer Lippen mit seinen.
Und dann ging er.
Cade blieb noch ein paar Minuten wie erstarrt sitzen, bis plötzlich ihr Telefon klingelte. Dieses Mal erkannte sie den Anrufer. »Du kannst rüberkommen, wenn du magst«, sagte Sylvain. »Ich zeige dir was.«
Sie strahlte über das ganze Gesicht. Sie trat ans Fenster, blickte hindurch und sah ihn mitten in der Fußgängerzone stehen und zum Fenster hinaufschauen. Sie war sich nicht sicher, ob er sie tatsächlich sehen konnte oder ob die Lichtreflexionen das verhinderten.
»Aber ich zeige es dir, nicht Corey Chocolate«, sagte er. »Also verkauf es nicht. Und solltest du es tun, dann schreibe bitte um Himmels willen nicht meinen Namen darauf.«
22
Im Laboratoire erhob sich eine Staubwolke, als Pascal einen Schwung Trüffel mit einer Schicht aus feingemahlenen karamellisierten Mandeln überzog, indem er sie mit einer Bewegung wie beim Getreidesichten auf einem siebähnlichen Rahmen schüttelte. In sicherer Entfernung vor dem Risiko einer Verunreinigung durch verirrte Krümel arbeitete ein Teenager, der nicht nur durch seine Jugend auffiel, sondern auch dadurch, dass er der einzige Farbige im Raum war und bei seiner Arbeit anscheinend zwischen Stolz und Peinlichkeit schwankte. Er rührte in einem großen Topf Schokolade.
Eine Frau zog eine dreizinkige Gabel gekonnt durch kleine rechteckige Schokoladentäfelchen, die gerade glänzend mit frischem Schokoladenüberzug die enrobeuse verließen. Die Gabel hinterließ ein hübsches Muster, das Cade sofort als das einer ganache vanille erkannte. Eine weitere Frau kleidete mithilfe einer pistolet Gussformen hauchfein mit Schokolade aus.
Nicht weit von dem Teenager entfernt sprühte Sylvain mithilfe seines Daumens und einer Zahnbürste etwas, das wie blassgrüne Farbe aussah, auf eine dünne Plastikfolie. Er nahm eine weitere Zahnbürste und tauchte sie in eine Partie dunklerer grüner Farbe, oder genauer gesagt wohl dunkelgrün gefärbter
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