Ein sueßes Versprechen
die Blondine, von der Tony erzählt hatte, dass sie aus einem Herrenhaus in der Nähe kam, die sie für eine Geisel gehalten hatten … die Frau, die Loretta nicht leiden konnte.
Keine Geisel.
Er wusste es in dem Moment, in dem er ihre Augen sah. Jeder, der diese eisblauen Augen sah und das reine unverstellte Böse darin wahrnahm, musste auch ihre Besitzerin als böse erkennen.
Vor seinem geistigen Auge, in seiner Erinnerung blitzte ein Bild von James MacFarlane im fernen Bombay auf, der geschlagen, gefoltert und tot auf einem Karren lag. Er biss die Zähne zusammen. Das kalte Feuer wahren Hasses floss durch seine Adern.
Dass sie eine Frau war, wurde restlos unwichtig. Wenn er jetzt seinen Säbel zur Hand gehabt hätte, hätte er sie umgebracht.
Da sie sah, dass er begriffen hatte, lächelte die Schwarze Kobra. Sie lehnte sich auf dem Sofa zurück und betrachtete ihn – wie eine Katze eine besonders saftige Maus betrachtet hätte.
»Willkommen, Captain. Wir haben auf Sie gewartet. Und ich bin froh zu sehen, dass Erklärungen überflüssig sind, dass Sie erkannt haben, dass ich in der Tat diejenige bin, die Sie und Ihre Mitstreiter so verzweifelt suchen.«
»Wir dachten, es sei Ferrar.« Je länger sie redete, desto länger hatte er Zeit, einen Plan zu ersinnen. Sein Verstand arbeitete bereits fieberhaft, wog Chancen gegeneinander ab, Risiken und Möglichkeiten, er wägte seine Stärken ab, ihre Schwächen.
»Haben Sie ihn umgebracht?«
»Leider, ja. Ihre Freunde in diesem Land haben das notwendig gemacht. Sie hatten zu großes Interesse an ihm, und der liebe Roderick war nie jemand, der bei Gefahr vorsichtig wurde. Er hat nie geglaubt, sie würde ihn jemals einholen.«
»Und Thurgood? Ich nehme an, den haben Sie ebenfalls geopfert?«
Das Aufflackern eines Gefühls, zu flüchtig, als dass er es hätte bestimmen können, war in diesen Eiskristallaugen zu sehen, aber dann wurden sie hart.
»Das war bedauerlich.«
Bei ihrem Tonfall fühlte er sich an ihre Namenspatin erinnert, eine Schlange, die sich zusammenrollte, um zuzubeißen, … dass jemand – vermutlich Rafe selbst – noch für Thurgoods Tod würde zahlen müssen … dafür, sie gezwungen zu haben, ihn zu töten.
Rafe nahm die Drohung zur Kenntnis, ignorierte sie aber, da er zu sehr damit beschäftigt war, seine Möglichkeiten abzuwägen, wie er Loretta am besten retten konnte. Denn das kam zuerst. Sein eigenes Leben zu retten kam an zweiter Stelle. Aber wenn es sich ergab, würde er die Gelegenheit nutzen. Was die Schwarze Kobra anging, so wollte er sie zwar unbedingt selbst köpfen, aber wenn Lorettas oder sein Leben davon abhing, würde er es gerne einem anderen überlassen.
Dort draußen waren wenigstens noch drei andere, die das, ohne zu zögern, übernehmen würden.
Andererseits wäre es viel zu gnädig, sie einfach zu töten.
»Ich glaube«, sagte er, »dass Sie auch etwas gesucht haben. Etwas, was ich habe.« Er hatte alles sorgfältig abgewogen; es war an der Zeit, die Schlacht zu eröffnen.
»Allerdings. Den Brief, den Roderick in seiner Dummheit geschrieben hat.« Sie sah zu Loretta, dann richtete sie ihren kühlen Blick wieder auf ihn. »Ich nehme an, wir müssen uns nicht darauf verlegen, Miss Michelmarsh zu bedrohen oder – was der Himmel verhüten möge – ihr etwas anzutun, damit Sie erkennen, wie klug es ist, mir den Brief unverzüglich auszuhändigen?«
»Nein. Drohungen sind überflüssig. Sie sind so unwürdig, finden Sie nicht?«
»Ja.« Sie neigte den Kopf und beobachtete ihn so eindringlich wie eine Schlange. »Wirklich.«
Rafe war es gelungen, nicht aus dem Fenster zu schauen. Er wusste, Wolverstone, Devil und andere waren auf dieser Seite des Gasthofes und verfolgten die Vorgänge im Salon durch das Fenster. Er wusste, sie dachten, die Schwarze Kobra sei irgendein Mann, der rechts von der blonden Frau saß, auf dem leeren Sessel vor dem Kamin.
Er musste sie dazu bringen, diese Einschätzung zu hinterfragen. Musste klarmachen, wer genau die Schwarze Kobra war. Er stellte sich anders hin und hielt seinen Blick auf die Frau auf dem Sofa gerichtet.
»Den Brief tragen weder Miss Michelmarsh noch ich am Körper. Er ist gut versteckt und nicht leicht zu finden – wie Ihre Leute ja bereits festgestellt haben. Er ist allerdings in der Nähe. Ich kann ihn rasch holen. Die Frage lautet nur, warum sollte ich ihn Ihnen geben?«
In einer flüssigen Bewegung richtete die Schwarze Kobra sich auf und beugte sich vor, um ihn
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