Ein sueßes Versprechen
Ehemann war ein hochrangiger Diplomat, der überall in Europa eingesetzt war, um unsere Regierung zu vertreten, mal an dem einen Hof, mal an dem anderen, und natürlich hat Esme ihn begleitet. Vergangenes Jahr ist er gestorben, und Esme musste in Schottland bleiben, um seine Angelegenheiten zu ordnen. Um deren Abschluss zu feiern, entschied sie, viele der Städte noch einmal aufzusuchen, in denen sie mit Richard Zeit verbracht hatte – daher die Reise.«
»Und sie hat Sie ausgewählt, sie zu begleiten? Sie müssen Ihre Lieblingsgroßnichte sein.«
»Nein – nur die, die London kurzfristig verlassen konnte. Meine Schwestern sind beide verheiratet, und wir sind alles an Familie, was Esme noch hat, wenigstens auf ihrer Seite.«
Rafe suchte nach einer Frage, die sie dazu bewegen würde, mehr über sich und ihre Familie zu erzählen. Er konnte nicht direkt fragen, aber Esme anzusprechen, hatte ihm immerhin ein paar Brosamen eingetragen.
Nach einem Moment erkundigte er sich:
»Wo waren Sie vor Budapest?«
Sie nannte eine Reihe Städte, von Paris durch Spanien und dann Italien.
»Von Triest aus sind wir dann nach Buda gekommen.«
Er kannte Spanien und Frankreich gut, genug, um richtig zu raten, wie lange sie in etwa unterwegs gewesen waren.
»Also sind Sie in London wann aufgebrochen? Im September?«
»Am achtzehnten. Esme ist hereingeschneit und hat mich mitgenommen, sodass wir schon am Abend in Dover waren.«
Er war jahrzehntelang nicht in England gewesen, aber manche Sachen hatte er nicht vergessen – wie die Aufregung seiner älteren Schwestern über die kleine Saison.
»Sie sind kurz vor der kleinen Saison abgereist?«
Sie nickte.
Er wagte einen weiteren Vorstoß, diesmal direkter.
»Wenn sich die Dinge nicht dramatisch geändert haben, seit ich das letzte Mal in der Stadt war, bin ich erstaunt, dass es Esme gelungen ist, sie von all den Bällen und Gesellschaften fortzulocken. Ihre Mutter muss wesentlich nachsichtiger sein als meine.«
Ihre Lippen verzogen sich, aber aus seinem Blickwinkel gesehen konnte er nicht sicher sagen, ob es ein Lächeln war.
»Meine Eltern sind tot. Es war mein ältester Bruder, den Esme überzeugen musste, und ich kann Ihnen versichern, wenn Esme sich etwas in den Kopf gesetzt hat, ist eine Menge mehr Entschlossenheit nötig, als mein Bruder sie aufbringt, um es ihr abzuschlagen.«
»Aber was ist mit Ihnen?« Das war die entscheidende Frage. »Haben Sie sich denn nicht darauf gefreut, bei Almacks sorglos über die Tanzfläche zu schweben?«
Sie schnaubte leise – verächtlich?
»Ich kann Ihnen versichern, dass Esme mich nicht überzeugen musste.« Sie machte einen Stich und fügte hinzu: »Ballsäle sind nicht gerade meine Leidenschaft – meine Interessen sind anders gelagert.«
»Ach ja?«
Er wartete, aber alles, was sie darauf antwortete, war:
»Hm.«
Er wollte mehr wissen. Warum, das wusste er eigentlich nicht, aber wann hatte er schon jemals innegehalten, um die Beweggründe hinter seinen impulsiven Taten zu hinterfragen? Das würde auch gar nicht zu seinem Spitznamen »Draufgänger« passen.
Wenn er schon in seiner Mission passiv bleiben musste, dann brauchte er etwas anderes, um seinem unterdrückten Tatendrang ein Ventil zu geben. Und er hatte entschieden, dass sie dafür herhalten musste. Das war Antwort genug.
Also, wie sollte er ihr mehr Informationen entlocken?
Die Sonne, obwohl sie nur schwach schien, war angenehm warm. Er schloss die Augen, dachte einen Moment nach und wandte seine ganze Aufmerksamkeit dieser Frage zu.
Loretta wartete auf seine nächste Frage, stickte sorgfältig einen winzigen Stich nach dem anderen, ließ ihm bereitwillig Zeit zum Nachdenken … da hörte sie ein leises Schnarchen.
Sie wandte den Kopf und musterte sein Gesicht, sah seine breite Brust sich rhythmisch heben und senken, sah, dass dieses Mal seine Augen ganz geschlossen waren.
Ein leises Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Auf dem Deck war sonst niemand, der es sehen konnte, daher ließ sie sich Zeit. Sie erinnerte sich an die vergangene Nacht, erinnerte sich, wie er im Mondschein Wache gestanden hatte.
Um über sie alle zu wachen.
Er verdiente es zu schlafen, Ruhe zu finden und sich zu erholen. In Sicherheit.
Sie wandte sich wieder ihrer Handarbeit zu und stickte weiter und war es zufrieden, ihn zu beobachten, während er genau das tat.
Ein paar Stunden später, nachdem sie mit Esme und den anderen Damen im Salon Tee eingenommen hatte, schlang sich
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