Ein sueßes Versprechen
schüttelte sie abrupt den Kopf, schaute weg.
»Nein.«
Ohne einen weiteren Blick oder ein Wort ging sie um ihn herum zu der Treppe und verschwand unter Deck.
Rafe blieb, wo er war, und schaute ihr hinterher. Erst nachdem sie seinen Blicken entschwunden war, ließ er das Lächeln zu, das um seine Lippen spielte.
Ihr »Guter Gott!« war nicht hitzig geäußert worden oder entsetzt oder gar erschrocken. Ihre Faszination, ihre Verzauberung war deutlich zu hören gewesen.
Staunen und Wunder.
Ungezügeltes Interesse.
All das hatte aus ihrer verblüfften Stimme geklungen.
Was ihr »Nein« anging …
Mit breiterem Lächeln drehte er sich um, lehnte sich an die Reling, schaute in die Nacht.
Ihr »Nein« war nicht an ihn gerichtet gewesen, sondern an sie selbst.
Kapitel 4
29. November 1822
An Bord der Uray Princep auf der Donau
Am folgenden Morgen trat Rafe zu Esme und Loretta an den Frühstückstisch im Speisesalon. Esme begrüßte ihn herzlich. Loretta gönnte ihm kaum einen Blick.
Obwohl er versuchte, ihren Blick aufzufangen, weigerte sie sich, ihn anzusehen. Die vorhersagbaren Bemerkungen, die Esme und er über das Wetter – es war kühl – und die Landschaft – immer dunklere Wälder – austauschten, vermochten Loretta keine Erwiderung zu entlocken.
Nach dem Kuss, der, ihrer Absicht zuwiderlaufend, zweifelsfrei bewiesen hatte, dass zwischen ihnen tatsächlich eine gewaltige Anziehung bestand, die er nach Kräften ausbauen wollte, schien sie sogar noch zurückhaltender zu sein.
Schließlich, als er es sich nicht länger verkneifen konnte, fragte er:
»Ich hoffe, Sie haben sich bei Ihrem Spaziergang auf dem Deck gestern Abend nicht verkühlt.«
Mit hochgezogenen Brauen blickte Esme Loretta an.
Esmes Blick auffangend, erklärte Loretta:
»Ich konnte nicht einschlafen, daher habe ich einen kurzen Ausflug an Deck unternommen.« Ohne ihn anzuschauen, fuhr sie fort: »Es war ziemlich mild. Der Ausflug hat bei mir keinerlei Auswirkungen gezeitigt.«
Zu verärgert, um sie lediglich empört anzustarren, musterte er sie aus schmalen Augen – ihr Profil, denn sie weigerte sich weiterhin, ihn anzusehen.
»Ich hatte gedacht, der Temperaturwechsel in dem Zeitraum, den Sie an Deck verbracht haben, wäre Ihnen nicht entgangen – oder hätte vielmehr sogar Eindruck hinterlassen.«
Sie bedachte ihn mit einem scharfen Blick.
»Offensichtlich nicht.«
Er hielt ihren Blick gefangen.
»Sie schienen sich des Wechsels deutlich bewusst zu sein, als Sie das Deck so überstürzt verlassen haben.«
»Ich kann mich an nichts Besonderes erinnern.«
»Sie können unmöglich derart vergesslich sein.« Er hob eine Braue. »Oder ist das absichtliche Vergesslichkeit?«
Ihre Augen wurden zu blauen Schlitzen. Sie stellte ihre Teetasse ab und schob ihren Stuhl nach hinten.
»Wenn Sie mich entschuldigen wollen, ich bin sicher, ich habe etwas anderes zu tun.« Damit erhob sie sich. Verärgert stand auch er auf. An Esme gewandt, erklärte sie: »Ich bin im Salon der Kabine, falls du mich brauchst.«
Damit drehte sie sich um und marschierte in Richtung Treppe davon. Er hörte ihre Schritte auf den Stufen, während sie zur Kabine lief.
Verärgert und sich nicht zu schade, das zu zeigen, runzelte er die Stirn und nahm wieder Platz. Als er Esme anschaute, sah er ihr zufriedenes Lächeln. Sie war entzückt.
»Was für ein Spielchen spielen Sie?« Seine gebrummte Frage ließ ihr Lächeln nur noch strahlender werden.
»Ich spiele überhaupt nicht, lieber Junge. Hierbei bin ich lediglich Beobachterin.«
Er schnaubte.
»Wenigstens könnten Sie helfen.«
»Wissen Sie, ich glaube, das kann ich gar nicht. Das hier ist eine der Herausforderungen, die man ohne fremde Hilfe meistern muss. Ich habe Ihnen ja bereits gesagt, es würde nicht leicht werden.«
Seine Antwort bestand aus einem eindeutig wenig ermutigenden Blick.
Sie lächelte breit, legte ihre Serviette hin und erhob sich.
»Geben Sie es zu, wenn es so leicht wäre, wäre die Jagd nicht so aufregend. Sie würden sich rasch langweilen.«
Auch er erhob sich wieder und brummte.
Sie hatte recht, in jeder Beziehung. Aber es musste ihm nicht gefallen.
Es war Nachmittag, und das Schiff verlor an Fahrt, näherte sich dem Anleger in Pressburg. Rafe befand sich auf der Treppe nach oben zu den anderen Passagieren auf dem Aussichtsdeck, als der Kapitän ihn ansprach.
»Wir müssen hier Ladung löschen und neue aufnehmen. Wir werden vermutlich die nächsten vierundzwanzig Stunden
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