Ein sueßes Versprechen
nicht gut«, sagte Rafe, als die Dämmerung anbrach und den frühen Winterabend einläutete, während die Männer nach einem letzten prüfenden Blick zum Schiff in einer Gasse zwischen zwei Lagerhäusern verschwanden.
»Könnte die Schwarze Kobra Männer von hier angeheuert haben, an ihrer Stelle tätig zu werden?«, fragte Hassan.
Rafe verzog das Gesicht.
»Möglich. Wir müssen auf jeden Fall auf der Hut sein.«
Sie teilten sich die restlichen Stunden des Tages und der Nacht auf. Einer von ihnen würde immer Wache halten, bewaffnet und alarmbereit. Während Hassan nach unten ging, um zu schlafen, begab sich Rafe auf die andere Seite des Schiffes und blickte auf den Fluss und zu den Wäldern, die sich erstreckten, so weit sein Auge reichte.
Er blickte gen Westen in Richtung England.
Er hatte einen Auftrag zu erledigen. Dem galt sein Hauptaugenmerk. Loretta Michelmarsh zu erobern war wesentlich weniger dringlich.
Die Männer zu sehen, die geschickt worden waren, um ihre Gruppe zu beobachten, bestärkte ihn nur darin.
Sie hatten ihn an seine Aufgabe erinnert.
Trotz des langsamen Vorankommens hatte er keine Zeit, seiner Faszination von einer jungen Dame nachzugeben, die, so schien es, nicht wirklich zu wollen schien, dass er an ihr interessiert war.
Loretta entging die Veränderung nicht. Als sie endlich wieder allein in ihrer Kabine und es um sie herum still war, ging sie auf und ab und überlegte dabei.
Während des Dinners und danach im Salon war klar zu erkennen gewesen, dass Rafes Aufmerksamkeit etwas anderem galt als dem, was in seinem direkten Umfeld geschah.
Sie galt etwas draußen. Außerhalb des Schiffes.
Seine Geistesabwesenheit war ganz ähnlich wie in Buda, als er und Hassan mit einem Angriff der Sektenanhänger gerechnet hatten, aber die Intensität war gesteigert, schärfer und kontrollierter, irgendwie absolut.
Dazu kam noch, dass Hassan beim Dinner gefehlt hatte. Als sie eine Bemerkung dazu gemacht hatte, hatte Rafe bloß geantwortet, dass Hassan schon vorher gegessen habe.
Esme hatte ebenfalls die veränderten Unterströmungen wahrgenommen. Als sie gefragt hatte, ob irgendetwas nicht in Ordnung sei, hatte Rafe das verneint, seine erhöhte Wachsamkeit als bloßes Auf-der-Hut-Sein abgetan.
»Pff.« Loretta wirbelte herum. »Irgendetwas muss geschehen sein. Aber was nur?«
Sie hatte nichts gesehen, und Rose und Gibson hatten ebenfalls nichts bemerkt. Für Esme galt das gleichermaßen, davon war sie überzeugt. Also was war für die Veränderung verantwortlich?
»Ich sollte froh sein. Wenigstens beobachtet er mich nicht länger.« Sie trat ihre Röcke aus dem Weg. »Und es ist beruhigend zu wissen, dass seine Aufmerksamkeit seiner Mission gilt und den damit einhergehenden Gefahren, ganz so, wie es sein sollte.«
Sie wusste, so müsste sie denken, aber …
»Verflixt! Was für ein Zeitpunkt, wieder nur wachsam zu werden.«
Nach dem Ausflug am Nachmittag hatte sie da weitermachen wollen, wo sie neulich aufgehört hatten. Wollte mehr erfahren. Nicht nur über diesen erstaunlichen Kuss und das, was er bedeuten konnte, sondern mehr über ihn, den Mann, der gut genug verstand, was sie meinte, um es als Schatten des Schicksals zu bezeichnen.
Stattdessen hatte er sich zurückgezogen, auf etwas anderes konzentriert, und wenn sie ehrlich sein wollte, vermisste sie seine Aufmerksamkeit. Die Wärme seines Blickes, wenn er auf ihr ruhte, vermisste es, aufzuschauen und zu sehen, wie er sie beobachtete, als wolle er all ihre Geheimnisse aufdecken.
Sie vermisste die neckenden Wortwechsel. Auch wenn sie seinerzeit wenig begeistert davon gewesen war, waren sie doch auf intellektuelle Weise anregend gewesen.
Sie vermisste es, hochzusehen und seinen Blick aufzufangen, Wärme und Lachen in dem sanften Blau seiner Augen zu erkennen.
Sie blieb jäh stehen und betrachtete stirnrunzelnd die Wand. Ja, sie hatte ihn heute Morgen wirklich nicht ermutigt – eher restlos entmutigt. Es war sein gutes Recht, sich von ihr zurückzuziehen.
In solche Geschichten hatte sie sich vorher nie verwickeln lassen, aber sie vermutete, dass es nun wohl an ihr war, den nächsten Schritt zu unternehmen. Schließlich wollte sie seine Aufmerksamkeit zurückhaben, wenigstens so lange, dass sie herausfinden konnte, was die unerwartete Verbindung zwischen ihnen bedeutete – eine Verbindung, die sie nach diesem sengenden, sinnverwirrenden Kuss schwerlich leugnen konnte.
Woraus auch immer die bestehen mochte.
Sie kam sich ein
Weitere Kostenlose Bücher