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Ein Tag im Maerz

Ein Tag im Maerz

Titel: Ein Tag im Maerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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August 2009
    Soho, Zentral-London
    9 Uhr
    »Ich glaube, ich bin nicht mehr sehr komisch«, sagte Richard. Er lag in Fötushaltung auf dem Doppelbett.
    Sein Bettdeckenbezug und die Kissenbezüge mit Superman-Motiv rochen frisch und luftig, und das hatte Rachel an Richard schon beim ersten Mal gefallen, als sie nach einem Abend voller Cocktails und Lachen mit ihm unter die Laken geschlüpft war. Er war ungepflegt und desorganisiert, aber seine Bettwäsche war immer gewaschen und gebügelt; hier erfüllte er beinahe militärische Standards.
    Doch während seine Bettwäsche noch immer die gleiche war, lagen die Dinge mittlerweile anders.
    Sein weißes T-Shirt und die Pyjamahose von Calvin Klein waren nach einer vom Herumwälzen erfüllten unruhigen Nacht zerknittert; die dickrandige Brille drückte ihm gegen die Nase, die aufs Kissen gequetscht war. Er riss sie herunter und schleuderte sie durch den Raum.
    Die Brille schepperte gegen die Heizung und landete auf einem Zeitschriftenstapel.
    »Ach, lass das doch sein, Richard«, sagte Rachel und bewegte die langen, kräftigen Beine unter der Bettdecke. Ihre Sicht warvor lauter Schläfrigkeit noch ganz verhangen. »Wahrscheinlich hast du sie jetzt kaputt gemacht.«
    »Ist mir egal.«
    Heute Morgen musste sie sich einmal ausruhen; sie hatte so viele Auftritte, Übungen, PR -Pflichten und schnieke Cocktailpartys in ihrem Terminkalender unterzubringen. In letzter Zeit war ihr Leben nur noch ein anstrengender verschwommener Nebel. Sie brauchte einen langen, tiefen Schlaf, in dem sie nicht nur ihren Geist regenerieren konnte, sondern auch ihre Muskeln. Wenn die ganzen überarbeiteten, gerissenen Fasern in ihrem Leib nur ein paar Stunden Ruhe bekämen   …
    »Und nein, Rachey, es ist nicht bloß ein Seufzen   … Es läuft einfach nichts mehr besonders gut. Nach dem Skandal, als ich betrunken auf der Bühne stand, dachte ich noch, meine Karriere wäre zu retten.« Richard krümmte sich noch fester zu einem Ball zusammen und schob die Unterlippe vor wie ein Kind, dem die Mutter im Supermarkt etwas nicht kaufen will.
    Rachel blickte auf ihre rechte Hand; sie trug einen wunderschönen Ring, den Lisa ihr geschenkt hatte. Er wirkte so extravagant, bedachte man, wie knapp bei ihrer Mutter das Geld war. Sie hatte Rachel versichert, es sei ein Familienerbstück, und sie wolle es ihr schenken, um zu feiern, dass sie beide wieder eine Rolle im Leben des anderen spielten.
    Der Ring war atemberaubend, und Rachel konnte sich daran nicht sattsehen.
    »Ich dachte, dein letzter Gig lief gut? Vorbereitet hast du dich wenigstens genug.« Rachel ließ die Hoffnung auf Schlaf fahren und setzte sich auf. Sie strich die Bettdecke ringsum glatt und beobachtete den weltbesten Superhelden in Aktion. Supermans kantiges Gesicht zeigte einen Ausdruck der Entschlossenheit   – der Entschlossenheit, die Richard in den letzten Wochen vollkommen verloren hatte.
    »Na ja, nein, eigentlich nicht   – die Kartenverkäufe sind in den Keller gefallen, und die Zeitungen haben mich wieder verrissen.« Richard seufzte. »Ich habe auch weniger PR -Anfragen bekommen, und mein Agent macht sich Sorgen.« Er schwang das rechte Bein unter der Bettdecke hervor an die frische Luft, wackelte mit den Zehen und beobachtete sie. Sein Haar war zerzaust. »Wir hatten gehofft, ich würde einen Gastauftritt in dieser Sache im Hammersmith Apollo bekommen, erinnerst du dich? Ich hätte dort mit einer eigenen Show auftreten sollen, vor dem großen Zwischenfall, aber danach   …«
    »Ja, sicher.«
    »Na, und gestern habe ich erfahren, dass ich nicht ausgesucht worden bin. Ich bin ganz schön enttäuscht. Es wäre die perfekte Gelegenheit gewesen, wieder richtig loszulegen.«
    »Und warum hast du mir das nicht gestern Abend gesagt, bevor wir ins Bett gegangen sind? Hast du dich die ganze Nacht lang davon zerfressen lassen?« Rachel nahm ein Buch von Nachttisch und blätterte darin, ohne hineinzusehen, als könnte vielleicht irgendwo zwischen den Seiten von David Nicholls’ Zwei an einem Tag die Lösung ihrer Probleme zu finden sein.
    Die Situation war immer ein wenig schwierig gewesen, seit Rachels Karriere immer neue Höhen erreichte, während Richard stets auf Neue scheiterte; seit seinem öffentlichen Patzer hatte dieser Trend sich verstärkt. Rachels Karriere war zu einer großen hellen Sonnenblume erblüht, während Richards Laufbahn an einen schlaffen, durstigen Löwenzahn erinnerte, der in ihrem Schatten sein Dasein

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