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Ein Tag im Maerz

Ein Tag im Maerz

Titel: Ein Tag im Maerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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die Korridore des Erdgeschosses wehten, zusammen mit weggeworfenen Zigarettenpäckchen und Reue. Dass sie dort nicht hingehörte, wusste sie mit Sicherheit.
    Nirgendwo hinzugehören, stellte sie fest, war ein beeindruckend leerer Gemütszustand.
    Tränen brannten ihr in den Augen. Tränen der Wut. »Was meinst du mit ›vor meiner eigenen Tür kehren‹?«, schrie sie, setzte sich kerzengerade hin und fuhr sich mit der Hand durchs Haar, das es geschafft hatte, Knäuel zu bilden, nachdem sie sich die ganze Nacht gewälzt hatte.
    Richard blieb im sicheren Schutz seines Kissens. »Na, du weißt schon   … Dass du hier einziehst, sollte eine sehr vorübergehende Sache sein, Rachey. Ich bin froh, dass du hier bist, ehrlich, aber wir waren eigentlich noch nicht so weit, dass wir zusammenziehen sollten, oder? Und jetzt   … Also, jetzt sieht es ganz so aus, als wäre es uns   … aufgezwungen worden.« Der normalerweise gleichmäßige und sichere Rhythmus seiner wohlklingenden Stimme wankte ein wenig unter der Last dessen, was er sagte, als stolperten die Wörter auf ihrem Weg aus seinem Mund über seine Zunge.
    Rachel erwiderte nichts. Sie riss wütend die Bettdecke beiseite, damit kalte Luft in die warme Höhle drang, die sie geteilt hatten. Die kalte Luft gehorchte wunschgemäß, und die Härchen an Richards Beinen gingen in Habtachtstellung. Sie zog sich die Klamotten an, die zerknüllt neben dem Bett auf dem Boden lagen, stieß wütend Gliedmaßen in Hosenbeine, trieb ihre Fäuste in ein ausgebleichtes T-Shirt. »Du verdammter Scheißkerl!«, brüllte sie ihn an und begann, ihre Sachen in wieder eine andere Reisetasche zu stopfen.
    »Ach, komm schon, Baby, ich meinte doch nicht, dass du jetzt gleich verschwinden sollst, verdammt noch mal.« Richard war aus seinem Kissenbunker gekrochen und setzte sich auf, das Gesicht vom Schlaf aufgedunsen, die Augen klein und schweinsmäßig.
    »Nein, nur keine Sorge, bleib du einfach hier und jammere und stöhne, und ich gehe.« Sie riss fast das Kabel ihres Handyladegeräts ab, als sie es aus der Steckdose zerrte. »Du deprimierst mich sowieso nur«, fügte sie mit einem wütenden Nicken in seine Richtung hinzu.
    »Wo willst du denn hin?«, fragte er und fuhr sich verwirrt durchs Haar, blinzelte, um die Szene und die Situation genauer zu erfassen.
    Das war eine gute Frage. Eine Frage, bei der sie fröstelte. Zu ihren Eltern konnte sie nicht zurück; ihr Stolz verbot es ihr ohnehin. Sie hatten ihr unrecht getan, und in Rachels Augen war die Beziehung beendet. Sie wartete auf eine ernst gemeinte Entschuldigung von beiden, und bis dieser Tag kam, würde sie keinen Kontakt zu ihnen suchen, das hatte sie sich geschworen.
    Aber ganz bestimmt konnte sie nicht in diesem Apartment der gescheiterten Träume und des prätentiösen Mobiliars bleiben.
    »Zu einer Freundin oder so«, sagte sie und begriff, dass sie sich in letzter Zeit sehr mit sich selbst beschäftigt hatte. Siehatte sich abgekapselt und ihre Freundinnen seit Monaten nicht mehr gesehen. Jetzt öffneten sie ihr wahrscheinlich die Tür, begrüßten sie mit einem verlegenen Lächeln und versprachen ihr einen Platz auf dem Sofa. Dann würden sie irgendetwas an der Art, wie sie lebte, zutiefst irritierend finden und ihr bald mit einem matten, verlegenen Lächeln auf dem gleichen harten Sofa mitteilen, dass sie »demnächst« wieder gehen müsse   – denn sie wäre ihnen von Anfang an nicht willkommen.
    Das malte sich Rachel aus, während sie ihre letzten Kleidungsstücke in die große Reisetasche von Mulberry stopfte. Sie war immer unter dem Dach von jemand anderem gewesen, es hatte sich immer jemand um sie gekümmert, und jetzt, in einem Moment größter Klarheit, begriff sie, weshalb ihre Eltern sie derart verwöhnt hatten: Sie hatten versucht, sie dafür zu entschädigen, dass sie weggegeben worden war. Rachel hatte es immer auf die Ansprüche ihrer Karriere geschoben, wie ihre Mutter sich um alles kümmerte, sobald Rachel müde oder gestresst war   … Erst in letzter Zeit und vielleicht ein wenig zu spät hatte sie begriffen, dass alle ihre Freundinnen selbst abwuschen und putzten. Für irgendwelche Veranstaltung holte sie kein Fahrer ab, und sie hatten auch keine eigenen Stylisten für Partys mit Geschäftsfreunden   …
    Trotzdem musste sie vorübergehend irgendwo wohnen, und es schien nur eine Möglichkeit zu geben.
    Rachel verließ Richards Apartment mit dem für sie so typischen Türenknallen.
    Bis an ihr Ziel

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