Ein Tag im Maerz
erbärmlichen Tanzschritte.
Was er alles tun würde …
Er dachte auch an Bryony Weaver und wie lange sie schon ohne Max Tooley leben musste. War sie bei Freunden und Familie, oder war sie allein, starrte aus dem Fenster und fragte sich, weshalb ihr es widerfahren war?
O Gott – er konnte nicht daran denken … es war eine unerträgliche Qual.
Plötzlich überfiel ihn auf dem steifen Bett die Panik. Die Panik prickelte durch ihn hindurch, vom Kopf bis zu den Zehen. Sie sammelte sich in seinen Fingerkuppen wie schmerzhafteste Zauberei. Er versuchte, sich auf etwas anderes zu konzentrieren.
Das Bett … es war hart. Unbequem. Er hatte gedacht, er würde sich daran gewöhnen, aber es ging nicht.
Keon hatte Eddies Vorschlag beherzigt, Briefe zu schreiben. Ein paar hatte er abgeschickt, an Bryony Weaver, aber sie hatte weder geantwortet noch ihn besucht. Ihre und Max Tooleys Adresse war vor Gericht mehrfach vorgelesen worden, und er war sich ziemlich sicher, dass er sie sich richtig gemerkt hatte.
Die ersten Briefe waren kurz gewesen, doch dann hatte sich Keon gefragt, ob sie vielleicht mehr über ihn erfahren musste, um ihn zu verstehen. Er setzte sich im Bett auf und lehnte sich an die kalten, weißgestrichenen Ziegel der Wand, die Beine im rechten Winkel, damit er die Oberschenkel als Schreibunterlage benutzen konnte. Keon hatte Gewicht verloren, seit er im Gefängnis saß, und spürte jede Unebenheit der harten Wand am Rücken. Es war unbequem, aber das spielte keine Rolle mehr. Sein Leben war jetzt unbequem.
Ein wenig später schrieb er Bryonys Adresse sauber und ordentlich auf den Umschlag, genau wie bei allen vorherigen Briefen.
Es war spät geworden, und er versuchte, mit Gott zu sprechen. Hallo, ich weiß, dass du lange nichts von mir gehört hast, dachte er. Jedenfalls nicht richtig. Für mich ist das alles neu. Ich hoffe, dich stört es nicht, wenn ich mich so spät noch melde. Ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt. Keon betete darum, dass Bryony seinen Brief öffnen würde. Er betete, dass sie ihn las und vor allem zuEnde las, bis zur letzten Zeile. Und er betete, dass es irgendwie helfen würde, und sei es nur eine Winzigkeit.
Keon wurde unterbrochen, als ein Schatten plötzlich auf die Gitterstäbe seiner Zelle fiel. Im Licht konnte er gerade den Umriss eines Mannes ausmachen, den ein Wächter begleitete. Der Mann stand nur da und wirkte traurig. Er sagte nichts, doch seine Körpersprache verriet vieles.
Er drehte den Kopf zur Seite, und Keon erkannte, dass es Eddie war.
»Versuch zu schlafen«, flüsterte Eddie mit der traurigsten Stimme, die Keon je gehört hatte.
Er schwieg, weil er nicht wusste, was er antworten sollte. »Ja, du auch, Mann. Was machst du da eigentlich?«, fragte Keon. Er streckte sich und fühlte sich etwas besser, nachdem er einen neuen Brief an Bryony geschrieben hatte.
Wieder herrschte Schweigen. Es hielt länger an als das erste.
»Ich bin total niedergeschlagen, Keon … Keon?«
Doch Keon hörte Eddies Antworten nicht mehr. Er war in tiefen Schlaf gefallen.
33
»Wie hast du das geschafft?«
Montag, 3. August 2009
Gemeindezentrum Drayton Road, Nord-London
10 Uhr 30
Die enge Freundschaft mit Adam erfüllte Bryony noch immer mit gemischten Gefühlen, und allzu oft fand sie sich inmitten eines hässlichen Konfliktes von Schuld und Sehnsucht wieder. Sie saßen an verregneten Sommernachmittagen in fast menschenleeren Kinos und sahen sich Liebesfilme an, während sie Brausepulver und Süßigkeiten aß und sich Tränen abwischte, die noch immer hinter ihrer Sonnenbrille verborgen blieben. Wenn die Sonne schien, gingen sie in einen Park und machten ein Picknick, umgeben von anderen karierten Decken, während die Welt sich langsam um sie drehte.
Adam wusste noch immer nicht, was ihr zugestoßen war, denn Bryony brauchte ihn nach wie vor als Zuflucht. Obwohl sie sich zu ihm hingezogen fühlte, war es ihr eigentlich egal, ob ihre Beziehung etwas Vorübergehendes war: eine Freundschaft mit begrenzter Haltbarkeitsdauer, die dennoch etwas Greifbares und Wundersames für beide war.
Und wundersam war es auf seine ganz eigene Weise. In Adams Wohnung falteten sie Origami-Tiere und hörten sich ihre Lieblingsbands an, sie tranken Whisky pur und rauchten Lucky Strikes. Er hatte nicht einmal versucht, ihr noch näherzukommen, aber das Gespräch, das sie in seiner Wohnung mit angehört hatte, ging ihr nicht aus dem Kopf.
Bryony entschied, dass sie sein Projekt
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