Ein Tag ohne Zufall
Wir vier sind zusammen, wir haben Lucky gefunden, Aidan hat mit dem Präsidenten gesprochen, wir haben tolle Klamotten, haben Hotdogs gegessen … jetzt brauchen wir nur noch Schuhe.«
»Sie sind leicht zufriedenzustellen, Ma’am«, sagt Aidan in zerknatschtem Cowboytonfall.
Da kommt wie gerufen ein Schild in Sicht:
Ruperts
1
A Schuhe
.
Ich bin nicht besonders modebewusst. Alle Schulen, auf denen ich war, hatten während der Unterrichtszeit Uniformpflicht, und auch für die Freizeit gab es strenge Kleidungsvorschriften. Mir war das ganz recht so. Dunkelblau, Braun, Weiß … das vereinfacht das Leben beträchtlich, fand ich. Aber seit ich den schwarzen Zipfelrock entdeckt habe, kann ich es kaum erwarten, meine plumpen braunen Halbschuhe loszuwerden und sie gegen irgendwas Schwarzes, Sommerliches einzutauschen.
Seth und ich greifen gleichzeitig nach dem Türknauf, unsere Hände berühren sich. Sofort ziehe ich meine Hand weg.
»Nach dir«, sagt Seth.
Der Laden ist voll. Die anderen Kunden schieben sich an den Regalen entlang oder probieren Schuhe an. Drei geschäftige Verkäufer verschwinden andauernd im Lager und kommen mit stapelweise Kartons wieder zum Vorschein. Mira und ich schauen uns auf der einen Seite um, Aidan und Seth auf der anderen bei den Herrenschuhen.
»Das reinste Paradies!«, ruft Mira begeistert. Stimmt, die Auswahl ist wirklich riesig.
Wir schlendern die Gänge zwischen den Regalen entlang, nehmen Stiefel, Sandalen und alles dazwischen heraus und schauen unter den Sohlen nach den Preisen.
»Ist der zu teuer?«, fragt Mira.
»Nimm einfach, was dir gefällt.« Als wäre es mein Geld und ich müsste es mir tatsächlich überlegen. Klar, irgendwann kriege ich die Quittung, aber das ist kein Problem. Ich trete vor ein Regal mit Spangenschuhen: kleiner Blockabsatz, vorne rund, Riemchen über dem Spann. Ich nehme zwei Modelle mit und zeige sie dem Verkäufer. Ich sitze noch nicht richtig, da ziehe ich schon die Schnürsenkel meiner Halbschuhe auf und schüttle sie von den Füßen. Meine Zehen freuen sich wackelnd über die ungewohnte Freiheit. Das eine Modell, das ich ausgesucht habe, ist aus schwarzem Wildleder, die Schnalle ist mit einer kleinen Blume aus dem gleichen Material verziert. Die Größe ist nicht zu entdecken, ich schlüpfe einfach hinein. Der Schuh passt wie angegossen. Ich humple zum Spiegel und bewundere meinen Fuß von allen Seiten. Schön. Als ich hochschaue, stelle ich fest, dass Seth mich beobachtet. Ich drehe mich weg und humple zu meinem Stuhl, um auf den Verkäufer zu warten. Als ich wieder hochschaue, beobachtet mich Seth immer noch. Er grinst mir zu, dann wird er zum Glück von einem Verkäufer angesprochen. Ich betrachte noch einmal den Schuh an meinem Fuß. Der wäre schon mal was.
Ein spitzer Aufschrei gellt durch den Laden, und ich drehe mich um. Was ist da los? Mira drückt einen Schuh an die Brust und strahlt wie eine Weihnachtsreklame. Sie kommt angelaufen und lässt sich auf den Stuhl neben mir plumpsen. Doch bevor sie mir ihren kostbaren Fund zeigt, begutachtet sie meine Wahl.
»Der passt total gut zu dir!«, meint sie.
Ach ja? Ich drehe den Fuß hin und her. Kann schon sein. Wenn es im Lager kein Paar in meiner Größe gibt, nehme ich das aus dem Regal. »Und was hast du entdeckt, Mira?«
Sie hält mir den Schuh am ausgestreckten Arm hin. Ein zehenloser roter Plateaupumps mit Stickerei und einer Seidenschleife an der Zehenöffnung. Sehr rot. Sehr glänzend. Sehr ausgefallen. Soll ich jetzt auch sagen:
Der passt total gut zu dir
? Lieber nicht. Und sollte Mira wirklich Absätze tragen? Aber irgendwas muss ich dazu sagen.
»Die Farbe passt gut zu deinem Pulli.«
»Genau! Und zu meinem Pudelrock!«
»Ja. Zu dem auch.«
»Außerdem sind die Schuhe runtergesetzt! Sie sind praktisch geschenkt. Da kommt ja der Verkäufer. Hoffentlich sind die Schuhe in meiner Größe da.« Mira zieht ihre Halbschuhe aus und die Söckchen gleich mit. Die Socken stopft sie sich kurzerhand in den BH . »Dann verlier ich sie nicht«, erklärt sie.
Mir war noch gar nicht aufgefallen, was sie für Riesenfüße hat.
Als der Verkäufer vor uns stehen bleibt, ziehe ich meinen Schuh aus und sage: »Die Größe stimmt schon mal. Haben Sie noch ein anderes Paar im Lager?«
Der Mann erwidert belustigt: »Bestimmt.« Er mustert Mira mit hochgezogenen Augenbrauen. »Und was kann ich für Sie tun, meine Dame?«
Mira springt auf und hält ihm den Lackschuh hin. »Ich nehme die da! In
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