Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Tag wie ein Leben

Ein Tag wie ein Leben

Titel: Ein Tag wie ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
Vom Netzwerk:
war eine hochbegabte
Malerin, aber speziell diese Gartengemälde besaßen bei aller Schönheit stets auch einen Hauch von Melancholie. Jetzt kümmert sich
niemand mehr um den Rosengarten, er ist verwildert, die Laube alt
und brüchig, aber ich bin trotzdem immer ergriffen, wenn ich hier
bin. Wie viel Mühe und Liebe hat Noah investiert, um etwas so Einmaliges zu schaffen! Oft berühre ich das Gitterwerk der Laube oder
atme den Duft der Rosen ein und wünsche mir dabei, dass auf diese
Weise vielleicht etwas von Noahs Talenten auf mich übergeht.
Ich komme hierher, weil dieser Ort für mich eine ganz besondere
Bedeutung hat. Hier ist mir zum ersten Mal bewusst geworden, dass
ich Jane liebe, Diese Liebe ist das Beste, was mir im Leben widerfahren ist, aber bis heute erscheint sie mir wie ein Wunder - vor allem, wenn ich daran denke, wie es dazu kam.
    Ich hatte nicht die geringste Absicht, mich in Jane zu verlieben, als
ich sie an jenem verregneten Vormittag mit meinem Schirm zum
Auto begleitete. Ich kannte sie ja kaum, aber während ich ihrem Wagen nachschaute, spürte ich, dass ich sie unbedingt wiedersehen
musste. Und noch Stunden später, als ich längst wieder für meine
Prüfungen lernte, hörte ich ihre Stimme:
    Keine Sorge, Wilson. Ich mag schüchterne Männer.
Weil ich mich beim besten Willen nicht konzentrieren konnte, legte
ich mein Buch weg und stand vom Schreibtisch auf. Ich hatte einfach
keine Zeit für eine Beziehung! Und eigentlich auch gar nicht den
Wunsch, eine einzugehen. Unruhig ging ich im Zimmer auf und ab,
dachte an meinen vollen Stundenplan und an meinen festen Entschluss, möglichst schnell finanziell unabhängig zu werden. Ich durfte nicht mehr in das Café gehen! Auf keinen Fall! Diese Entscheidung fiel mir unglaublich schwer, aber sie war notwendig und richtig, versuchte ich mir einzureden. Es gab keine Alternative - ich
musste Jane so schnell wie möglich vergessen.
In der folgenden Woche lernte ich in der Bibliothek, aber es wäre
gelogen, wenn ich behaupten würde, ich hätte Jane nicht gesehen.
Abend für Abend ging ich in Gedanken unsere kurze Begegnung
noch einmal durch. Janes Bild erschien vor meinem inneren Auge,
ich sah ihre langen dunklen Haare, ich hörte ihre melodiöse Stimme,
ich spürte den geduldigen Blick, mit dem sie mich ansah, als wir im
Regen standen. Je mehr ich mich zwang, nicht an sie zu denken, desto stärker wurden die Bilder. Da begriff ich, dass ich meinen Entschluss keine zweite Woche würde durchhalten können, und am
Samstagmorgen machte ich mich auf den Weg zu ihr.
Ich ging nicht in das Cafe, um sie zu fragen, ob sie mit mir ausgehen wolle. Im Gegenteil - ich wollte mir selbst beweisen, dass es sich
um eine vorübergehende Schwärmerei handelte. Jane war nur ein
ganz normales junges Mädchen, sagte ich mir. Ich musste sie lediglich noch einmal sehen, um mich endgültig von ihr loszusagen. Als
ich den Wagen parkte, war ich wild entschlossen.
Wie immer war das Cafe ziemlich voll. Ein Schwall junger Leute
kam mir entgegen, als ich eintrat - ich musste mich regelrecht zu
meinem üblichen Tisch durchkämpfen. Er war gerade abgewischt
worden, und ich rieb ihn mit einer Papierserviette trocken, ehe ich
mein Buch aufschlug.
Mit gesenktem Kopf suchte ich das Kapitel, mit dem ich mich gerade beschäftigte. Ich tat so, als würde ich Jane nicht bemerken, bis
sie direkt neben meinem Tisch stand, aber als ich hochblickte, sah
ich, dass es gar nicht Jane war. Nein, es war eine Frau zwischen vierzig und fünfzig. In ihrer Schürze steckte der Bestellblock, der Stift
hinterm Ohr.
»Hätten Sie gern eine Tasse Kaffee?«, fragte sie freundlich. Sie
klang, als arbeitete sie seit Jahren hier. Warum war sie mir bisher
nicht aufgefallen?
»Ja, bitte.«
»Bin gleich wieder da«, versprach sie, legte eine Speisekarte auf
den Tisch und verschwand. Ich schaute mich um und entdeckte Jane,
die gerade die Bestellungen zu einem Tisch am anderen Ende des
Restaurants brachte. Hatte sie mich hereinkommen sehen? Nein, sicher nicht, sie musste sich ja auf ihre Teller konzentrieren, und sie
schaute nicht in meine Richtung. Aus der Ferne lösten ihre Bewegungen nichts Besonderes in mir aus, und ich seufzte erleichtert auf.
Endlich hatte ich es geschafft, diese absurde Besessenheit, die mich
in den letzten Tagen so gequält hatte, erfolgreich abzuschütteln.
Mein Kaffee kam, ich bestellte ein Frühstück und vertiefte mich
wieder in mein Lehrbuch. Nach einer

Weitere Kostenlose Bücher