Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Teelöffel Land und Meer

Ein Teelöffel Land und Meer

Titel: Ein Teelöffel Land und Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dina Nayeri
Vom Netzwerk:
jetzt mit einem alten Mann verheiratet, aber meine Schwester hat Nein gesagt.
Nein. Ich will dich nicht.
Ganz klar und endgültig.
Nein.
Ein Wort, das keiner infrage stellt. Mahtab darf weitersuchen. Sie ist frei und hat gerade erst begonnen, die Scharen von blassen Zeitschriftencover-Prinzen zu erobern, die von ihren Privatklubs aus über uns alle herrschen.
    Gut gemacht, Mahtab-dschun. Du bist eine bessere Frau als ich.

Teil  2 Joghurtgeld
    Some people got hopes and dreams,
    Some people got ways and means.
    Bob Marley

Für dich brennen
    Khanom Basir
    O b Saba mir leidtut? Ja, ich bin sehr traurig. Aber soll ich Asche auf mein Haupt streuen? Sie ist mit einem reichen Mann verheiratet. Ja, da ist diese Geschichte mit Mahtab, aber das ist kein Grund für Mitleid. Das tut sie sich selbst an, dieses Durchkauen und Immer-wieder-Durchkauen. Wissen Sie, neulich sagte Khanom Mansuri, dass es in Sabas Geschichten so gut wie nie darum geht, dass Mahtab sich nach Saba sehnt. Seltsam, dachte ich zuerst. Aber dann, nachdem ich etwas nachgedacht hatte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen, wie man so sagt, und ich verstand. Mahtab ist frei, und Saba weiß es. Mahtab begehrt nichts. Saba kann sich die Wahrheit über die Erlösung ihrer Schwester nicht eingestehen, deshalb erfindet sie Geschichten, die irgendwie drum herumkreisen. Wenn Sie mich als erfahrene Geschichtenerzählerin fragen, würde ich sagen, Freiheit ist etwas so Mächtiges, dass man sie verleugnen kann, so viel man will, ihr Geruch lässt sich nicht überdecken, und deshalb ist sie in den Geschichten spürbar, in denen Mahtab dieses tut und Mahtab jenes tut. Diese ganzen Abenteuer, ihr Studium, ihr Alltag.
    Es ist so typisch für Saba, dass sie sich nach jemandem verzehrt, der nie an sie denkt.
    Sie verzehrt sich auch nach meinem Sohn. Sie sollte es besser wissen, schließlich hat sie gesehen, wie wahre Liebe aussieht. In den Wintern besuchten die alten Khanom und Agha Mansuri oft die Hafezis und breiteten eine
korsi
-Decke über einen Tisch und einen Ofen. Dann saßen wir zusammen, unsere nackten Füße unter der Decke, tranken Tee und lauschten der gurgelnden Wasserpfeife und Khanom Mansuri, die mit süßer, mädchenhafter Stimme, wie eine ausgeleierte
setar
-Saite, alte Lieder sang. Dann kam ihr Mann angeschlurft und brachte ihr eine Schale mit leicht zu kauendem Essen, das sie miteinander teilten – Apfel- oder Gurkenmus oder Granatapfelsamen mit Salz oder Orangenscheiben, die mit Bärenklaupulver bestreut waren. »Khanom«, sagte er dann, »ich hab einen ganzen Granatapfel für dich entkernt.«
    Ich stupste Saba an und flüsterte ihr ein altes Sprichwort zu. Stirb nur für jemanden, der wirklich für dich brennt. Sie tat stets so, als würde sie es nicht verstehen, aber sie verstand. Sie versteht es noch immer. Wenn sie doch jetzt nur einsehen würde, dass es einen Unterschied gibt zwischen dem bloßen Feuer der Jugend und dem Feuer der Liebe.

Kapitel Acht
    Spätes Frühjahr 1990
    S echs Monate nach ihrer Heirat mit Abbas hat Saba eine gewisse innere Ruhe gefunden – ein stabiles Nicht-Unglücklichsein, das sie angenehm begleitet. Sie ist kein Mädchen mehr, das verheiratet werden kann, und somit ist sie in vielerlei Hinsicht frei. Dennoch langweilt sie sich oft, wenn sie Schlange steht beim Einkaufen, in illegalen Schönheitssalons, wenn sie Abbas zuhört. Hätte sie zur Universität gehen sollen? Nein, so beruhigt sie sich und kauft noch mehr Bücher. Was hat es für einen Sinn, westliche Literatur im Iran zu studieren, wo die Hälfte der Bücher verboten ist und die Zulassung zum Studium von Islamkenntnissen abhängt? Vorläufig hat sie den Teheraner, der sie mit den besten Lehrmitteln versorgt. Später wird sie ihr erfülltes und anspruchsvolles Leben haben. Vielleicht wird sie sich verlieben. Vielleicht wird sie das Geheimnis um ihre Mutter aufklären, die sich trotz des Briefes sonst wo aufhalten könnte. Schließlich ist ihre Mutter, laut Auskunft jeder Behörde, die Saba angerufen hat, nicht mehr im Evin. Sie könnte durchaus an einem anderen Tag mit Mahtab geflohen sein. Also muss Mahtab noch ein Weilchen länger für sie beide ein prächtiges Leben führen, so lange, bis Saba ihren eigenen Weg nach draußen findet. Unterdessen hat Saba Dinge herausgefunden, die ihr Macht über ihre eingeschränkte Welt geben.
    Als verheiratete Frau kann sie ungehinderter kommen und gehen. Häufig begleitet sie Ponneh oder eine ihrer Dorfmütter über die

Weitere Kostenlose Bücher