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Ein Todsicherer Job

Ein Todsicherer Job

Titel: Ein Todsicherer Job Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Golden Dragon geführt hatte, war das zehnjährige Betamännchen davon überzeugt gewesen, dass es gekidnappt und in die Reinigungssklaverei verkauft oder geschlachtet und zu Dim Sum verarbeitet werden sollte. Oder man wollte ihn zum Opiumrauchen zwingen und dann im Pyjama gegen fünfzig Kung-Fu-Kämpfer antreten lassen (Charlie hatte im Alter von zehn Jahren nur eine flüchtige Ahnung von der Kultur seiner Nachbarn). Trotz aller Furcht jedoch trieb ihn eine Leidenschaft, die seit Jahrmillionen in seinen Genen verwurzelt war: das Streben nach Feuer. Ja, es war ein umtriebiges Betamännchen, welches das Feuer entdeckt hatte, wenn auch stimmen mag, dass es ihm gleich darauf von einem Alphamännchen weggenommen wurde. (Den Alphas entging die Entdeckung des Feuers, doch da sie nicht begriffen, dass man vom heißen, roten Ende des Stocks lieber die Finger lassen sollte, muss man ihnen wohl die Erfindung der Verbrennungen Dritten Grades zugute halten.) Noch heute glüht der ursprüngliche Funke in den Adern eines jeden Betamännchens. Während Alpha-Jungen längst zu Mädchen und Sport übergegangen sind, sind Betas noch bis weit in die Pubertät und manchmal sogar darüber hinaus wie gebannt von der Pyrotechnik. Alphamännchen mögen die Armeen dieser Welt anführen, aber es sind die Betas, die den Laden in die Luft sprengen.
    Und was könnte besser von einem Feuerwerksliebhaber zeugen als das Fehlen der entscheidenden Finger? Als Drei-Finger-Hu seinen dreistöckigen Kasten über den Schreibtisch schob und seine Waren feilbot, schien es dem jungen Charlie, als wäre er durchs Fegefeuer gegangen und endlich im Paradies angekommen. Selig überreichte er ihm sein Bündel zerknitterter, verschwitzter Dollarscheine. Und während lange, silbrige Asche wie todbringender Schnee auf die Zündschnüre rieselte, suchte sich Charlie aus, was er haben wollte. Er war so aufgeregt, dass er sich fast in die Hosen machte.
    Dem Totenboten-Charlie, der an diesem Morgen aus der Reinigung Golden Dragon mit einem kleinen Päckchen unter dem Arm auf die Straße trat, war ganz ähnlich zumute, denn so sehr es seinem Wesen widersprechen mochte, stürzte er sich noch einmal in die Bresche. Er steuerte auf das Gullygitter zu, winkte mit dem leuchtenden Porzellanbären aus seiner Tasche und rief: »Hey, Tussis! Ich geh einen Block rüber und vier rauf. Kommt ihr mit?«
    »Der Weiße Teufel hat endgültig den Verstand verloren«, sagte Drei-Finger-Hus elfte Enkelin Cindy Lou Hu, die neben ihrem ehrwürdigen und unterfingerten Vorfahren am Tresen stand.
    »Sein Geld sein nicht verrückt«, sagte Drei.
     
    Charlie hatte die kleine Gasse bei einem seiner Spaziergänge ins Bankenviertel entdeckt. Sie lag zwischen Montgomery und Kearny Street und hatte alles, was eine gute Gasse haben sollte: Feuertreppen, Abfallcontainer, diverse Stahltüren voller Graffiti, eine Ratte, zwei Möwen, Müll, jemanden, der bewusstlos unter einem Stück Pappe lag, und ein halbes Dutzend Parkverbotsschilder, drei davon mit Einschusslöchern. Es war das platonische Ideal einer Gasse, doch was sie von anderen Gassen in der Gegend unterschied, waren die beiden Zugänge zum Abwassersystem, kaum fünfzig Meter auseinander, einer an der Straße und einer in der Mitte, versteckt zwischen zwei Müllcontainern. Nachdem er in jüngster Zeit einen Blick für Gullys entwickelt hatte, war dies Charlie unwillkürlich aufgefallen.
    Er wählte den Gully, der von der Straße aus nicht zu sehen war, ging etwa einen Meter davor in die Hocke und öffnete das Päckchen von Drei-Finger-Hu. Er nahm drei M-80er heraus und kappte die fünf Zentimeter langen, wasserabweisenden Lunten mit dem Nagelknipser an seinem Schlüsselring bis auf einen Zentimeter. (Ein M-80er ist ein sehr großer China-Böller, der angeblich die Sprengkraft einer Viertel Dynamitstange besitzt. Landkinder jagen damit Briefkästen oder Schultoiletten in die Luft, aber in der Großstadt wurden sie meist von der 9-mmGlock-Pistole verdrängt, die mittlerweile das bevorzugte Instrument boshaften Vergnügens darstellt.)
    »Mädels!«, rief Charlie in den Gully. »Könnt ihr mich hören? Tut mir leid, ich hab eure Namen nicht mitbekommen!« Charlie zog den Degen aus dem Stock und legte ihn neben sein Knie, dann holte er den Porzellanbären aus der Tasche und stellte ihn neben seinem anderen Knie ab. »Holt ihn euch!«, rief er.
    Ein böses Fauchen drang aus dem Gully, und obwohl es da unten schon absolut finster war, wurde es jetzt

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