Ein Todsicherer Job
spucken sie Feuer.«
»Fickpuppen«, sagte Ray aus heiterem Himmel.
Er war auf dem Stepper neben Charlie, und beide schwitzten und starrten sechs wohlgeformte Frauenhintern auf den Geräten gegenüber an.
»Wie bitte?«, sagte Charlie.
»Fickpuppen«, sagte Ray. »Nicht mehr und nicht weniger.«
Ray hatte Charlie überredet, ihn in seinen Fitnessclub zu begleiten, unter dem Vorwand, ihn ans Single-Dasein zu gewöhnen. Als Excop beobachtete Ray die Menschen eingehender, als gut für ihn war. Er hatte zu viel Freizeit und kam nicht oft vor die Tür, und so nahm er Charlie in Wahrheit mit zum Sport, um ihn außerhalb des Ladens besser kennen zu lernen. Ihm war aufgefallen, dass sich seltsame Dinge ereigneten, seit Rachel tot war, dass Gegenstände auftauchten, kurz nachdem Leute gestorben waren, und da Charlie nichts dazu sagte und ein Geheimnis darum machte, was er so trieb, wenn er nicht im Laden war – ganz zu schweigen von den vielen kleinen Tieren, die in Charlies Wohnung zu Tode kamen –, hegte Ray den Verdacht, er könne ein Serienkiller sein.
»Nicht so laut, Ray«, sagte Charlie. »Meine Güte...« Da Ray seinen Kopf nicht drehen konnte, sprach er die Frauen direkt an.
»Die können mich nicht hören. Sie haben alle Headsets auf.« Er hatte Recht. Alle telefonierten mit ihren Handys. »Für die sind wir doch sowieso unsichtbar.«
Da er tatsächlich schon unsichtbar gewesen war, zumindest mehr oder weniger, musste Charlie zweimal hinsehen. Es war Vormittag, und im Fitnessclub drängten sich magere Mittzwanzigerinnen in Aerobicanzügen, allesamt mit überproportional großen Brüsten, makelloser Haut und kostspieligen Frisuren. Sie schienen ihn überhaupt nicht zu sehen, genau wie die Leute, bei denen er Seelenschiffchen abholte. Als Charlie in den Fitnessclub gekommen war, hatte er sich allen Ernstes erst mal umgesehen, ob er etwas Rotleuchtendes fand, denn er dachte, er hätte vielleicht am Morgen einen Namen im Kalender übersehen.
»Nach meiner Verwundung war ich eine Weile mit einer Physiotherapeutin zusammen, die hier gearbeitet hat«, sagte Ray. »Die hat sie immer so genannt. Deren Wohnungen werden allesamt von irgendwelchen älteren Vorstandsmitgliedern bezahlt – genauso wie die Mitgliedschaft im Fitnessclub und die falschen Titten. Ihre Tage verbringen sie mit Gesichtsmasken und Maniküren und ihre Nächte mit Geschäftsleuten auf Abwegen.«
Charlie fühlte sich bei Rays Erläuterungen ausgesprochen unwohl, zumal er über Frauen sprach, die kaum einen Meter entfernt waren. Wie alle Betamännchen fühlte er sich in Gegenwart so vieler schöner Frauen ohnehin unwohl, doch das machte alles nur noch schlimmer.
»Also sind sie wie Vorzeigefrauen?«, sagte Charlie.
»Hm-hm, eher Möchtegern-Vorzeigefrauen. Sie kriegen weder den Mann, noch das Haus oder sonst was. Sie existieren nur, um ihm ein hübscher Arsch zu sein.«
»Fickpuppen?«, sagte Charlie.
»Fickpuppen«, sagte Ray. »Vergiss es. Ihretwegen sind wir nicht hier.«
Da hatte Ray natürlich Recht. Ihretwegen war Charlie nicht dort. Seit Rachels Tod waren fünf Jahre vergangen, und alle hatten ihm gesagt, er müsse sich wieder ins Leben stürzen, aber deshalb hatte er sich nicht darauf eingelassen, mit dem Excop in einen Fitnessclub zu gehen. Da Charlie zu viel Zeit allein verbrachte, besonders seit Sophie zur Schule ging, und da er eine geheime Identität zu verbergen hatte, verdächtigte er jedermann, ebenfalls eine zu haben. Und da Ray für sich blieb, viel über Leute redete, die im Viertel gestorben waren, und da er – abgesehen von den Filipinas, mit denen er online verkehrte – kein Privatleben zu haben schien, verdächtigte er Ray, ein Serienkiller zu sein. Charlie dachte, er sollte sich Ray mal näher ansehen. Vielleicht konnte er was rausfinden.
»Also sind sie Mätressen?«, sagte Charlie. »Wie in Europa?«
»Könnte sein«, sagte Ray. »Aber hattest du je den Eindruck, dass Mätressen so hart daran arbeiten, gut auszusehen? Ich finde ›Fickpuppen‹ zutreffender, denn wenn sie so alt werden, dass ihr Geliebter sie verschmäht, läuft für sie nichts mehr. Sie sind am Ende wie Marionetten, mit denen keiner spielt.«
»Meine Güte, Ray... das ist bitter.« Vielleicht stellt Ray einer dieser Frauen nach, dachte Charlie.
Ray zuckte mit den Schultern.
Charlie sah sich die Reihe adretter Hinterteile an, dann spürte er die Last seiner einsamen Jahre in Gesellschaft eines Kindes und zweier Riesenhunde,
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