Ein Todsicherer Job
öffentliche Aufmerksamkeit zu schätzen. Was Charlie auch tat, bis zu jenem Tag, an dem er mit Sophie in einer Seitenstraße auf dem Russian Hill von einem bärtigen Mann mit langem Wollkaftan und Strickmütze angehalten wurde. Sophie war inzwischen alt genug, dass sie auch schon allein laufen konnte, obwohl Charlie eine HuckepackTrageschlinge bei sich hatte, damit er sie auf den Rücken nehmen konnte, wenn sie müde wurde (meistens aber half er ihr nur, das Gleichgewicht zu halten, während sie auf dem Rücken von Alvin oder Mohammed ritt).
Der bärtige Mann kam Sophie etwas zu nah, woraufhin Mohammed knurrte und sich zwischen dem Mann und dem Kind aufbaute.
»Bei Fuß, Mohammed!«, sagte Charlie. Es hatte sich herausgestellt, dass Höllenhunde tatsächlich abzurichten waren, vor allem, wenn man ihnen etwas auftrug, was sie sowieso vorhatten. (»Friss, Alvin. Braver Hund. Mach dein Geschäft! Ausgezeichnet.«)
»Warum nennen Sie Ihren Hund Mohammed?«, fragte der Bärtige.
»Weil er so heißt.«
»Sie hätten Ihrem Hund nicht den Namen Mohammed geben sollen.«
»Ich habe dem Hund nicht den Namen Mohammed gegeben«, sagte Charlie. »Er hieß schon Mohammed, als ich ihn bekommen habe.«
»Es ist Gotteslästerung, einen Hund Mohammed zu nennen.«
»Ich habe versucht, ihm einen anderen Namen zu geben, aber er hört nicht. Hier: Steve, beiß dem Mann ins Bein! Sehen Sie? Nichts. Spot, reiss dem Mann das Bein aus! Nichts. Ich könnte ebenso gut Altpersisch sprechen. Sehen Sie, wie weit ich damit komme?«
»Nun, ich habe meinen Hund ›Jesus‹ genannt. Wie finden Sie das?«
»Oh, das tut mir aber leid. Ich wusste ja nicht, dass Ihnen der Hund weggelaufen ist.«
»Mein Hund ist nicht weggelaufen.«
»Aber überall in der Stadt hängen diese Zettel, auf denen steht Haben Sie Jesus gefunden? Dann muss es wohl ein anderer Hund sein, der Jesus heißt. Hatten Sie eine Belohnung ausgesetzt? Eine Belohnung hilft, wissen Sie?« Charlie fiel auf, dass er in letzter Zeit zunehmend schwerer dem Drang widerstehen konnte, Leute zu verarschen, besonders wenn sie darauf bestanden, sich wie Idioten zu benehmen.
»Ich besitze gar keinen Hund, der Jesus heißt, aber das ist Ihnen ohnehin egal, denn Sie sind ein gottloser Ungläubiger.«
»Nein, ehrlich, Sie dürfen Ihren Hund nicht nennen, wie Sie wollen. Aber es stimmt: Ich bin ein gottloser Ungläubiger. So habe ich jedenfalls bei der letzten Wahl gestimmt.« Charlie grinste ihn an.
»Tod den Ungläubigen! Tod den Ungläubigen!«, krähte der Bärtige als Reaktion auf Charlies unwiderstehlichen Charme. Er tanzte herum und schüttelte die Faust vor dem Gesicht des Totenboten, was Sophie solche Angst einjagte, dass sie sich die Augen zuhielt und weinte.
»Hören Sie auf damit! Sie machen meiner Tochter Angst.« »Tod den Ungläubigen! Tod den Ungläubigen!«
Mohammed und Alvin hatten bald genug von diesem Tanz, setzten sich hin und warteten darauf, dass ihnen jemand sagte, sie sollten den Burschen im Nachthemd fressen.
»Es ist mein Ernst«, sagte Charlie. »Hören Sie auf damit!« Er sah sich um, peinlich berührt, aber es war sonst niemand auf der Straße.
»Tod den Ungläubigen. Tod den Ungläubigen«, leierte der Bärtige.
»Haben Sie eigentlich gesehen, wie groß diese Hunde sind, Mohammed?«
»Tod den... Hey, woher wissen Sie, dass ich Mohammed heiße? Egal. Macht auch nichts. Tod den Ungläubigen, Tod den...«
»Wow, Sie sind wirklich mutig«, sagte Charlie. »Aber Sophie ist ein kleines Mädchen, und sie machen ihr Angst. Sie sollten damit sofort aufhören.«
»Tod den Ungläubigen! Tod den Ungläubigen!«
»Mietzi«, sagte Sophie, nahm die Hände von den Augen und zeigte auf den Mann.
»Ach, Süße«, sagte Charlie, »ich dachte, das wollten wir nicht mehr tun.«
Charlie hob Sophie auf seine Schultern und ging weiter, führte die Höllenhunde fort von dem toten Bärtigen, der friedlich auf dem Gehweg lag. Er hatte die kleine Strickmütze des Mannes eingesteckt. Sie leuchtete mattrot. Seltsamerweise tauchte der Name des Mannes am nächsten Morgen nicht in seinem Tagesplaner auf.
»Siehst du? Sinn für Humor ist wichtig«, sagte Charlie, schnitt eine Grimasse und drehte sich zu seiner Tochter um.
»Daddy spinnt«, sagte Sophie.
Später hatte Charlie ein schlechtes Gewissen, dass seine Tochter das »Mietzi«-Wort benutzte, und er bekam so ein Gefühl, als würde ein anständiger Vater diesem Erlebnis eine Art Bedeutung verleihen und ihr eine
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