Ein Todsicherer Job
dich eingelassen, und das wird nicht leicht für sie gewesen sein, denn sie wusste ja, dass sie es besser hätte treffen können.«
»Sie hatte Mitleid mit mir?«
»Sag ich doch. Sie war ein Schatz, und du bist jetzt um einiges jämmerlicher als damals. Du hattest mehr Haare, du hattest kein Kind und keine zwei Volvo-großen Hunde. Gott im Himmel, wahrscheinlich gibt es irgendwo ein Kloster mit Nonnen, die es dir machen würden – als Akt der Gnade. Oder der Buße.«
»Hör auf damit, Jane.«
»Die Schwestern vom Immerwährenden Pimperlosen Leiden.«
»So schlimm bin ich nicht«, sagte Charlie.
»Der Orden vom Heiligen Ständer, dem Schutzheiligen der unverbesserlichen Onanisten. «
»Okay, Jane. Es tut mir leid, dass ich gesagt habe, du würdest deine Freundinnen zu oft wechseln. Das war anmaßend.«
Jane lehnte sich auf ihrem Barhocker zurück und verschränkte die Arme, schien zufrieden, aber skeptisch. »Es ändert nichts an dem Problem.«
»Mir geht es gut. Ich habe Sophie und den Laden. Ich brauche keine Freundin.«
»Eine Freundin? Eine Freundin ist ein zu ehrgeiziges Ziel für dich. Du brauchst nur jemanden, mit dem du Sex haben kannst.« »Tu ich nicht.«
»Tust du wohl.«
»Tu ich wohl«, sagte Charlie und gab sich geschlagen. »Aber ich muss los. Ist es okay, wenn du auf Sophie aufpasst?«
»Klar, ich nehm sie mit zu mir. Da gibt es einen ekelhaften Nachbarn oben an der Straße, dem ich gern mal die beiden Welpen vorstellen möchte. Scheißen die eigentlich auch auf Kommando ?«
»Wenn Sophie es ihnen sagt...«
»Perfekt. Wir sehen uns heute Abend. Versprich mir, dass du eine ansprichst und fragst, ob sie mit dir ausgeht, oder dass du dich zumindest nach einer umsiehst, die du fragen könntest, ob sie mit dir ausgehen würde.«
»Versprochen.«
»Gut, hast du diesen neuen Nadelstreifenanzug schon ändern lassen?«
»Finger weg von meinem Schrank.«
»Musst du nicht los?«
Ray vermutete, dass es mit dem Mord an den Kleintieren losgegangen war, die Charlie seiner Tochter mitgebracht hatte. Vielleicht waren die großen, schwarzen Hunde nur ein Hilfeschrei – Tiere, bei denen man es wirklich merken würde, wenn sie nicht mehr da wären. Nach den Kinofilmen zu urteilen, fingen sie alle so an – mit kleinen Tieren, bis sie sich bald zu Tramperinnen und Prostituierten hochgearbeitet hatten, und über kurz oder lang mumifizierten sie eine ganze Mannschaft von Betreuern in einem abgelegenen Sommercamp und setzten die luftgetrockneten Überreste in einer Berghöhle um einen Spieltisch. Die Berghöhle passte nicht zu Charlies Profil, weil er Allergiker war, aber vielleicht deutete es auch nur auf sein diabolisches Genie hin. (Ray war Streifenpolizist gewesen und nicht für Täterprofile ausgebildet, so dass seine Theorien meist etwas zu farbenfroh gerieten, ein Nebeneffekt der Betamännchenphantasie und seiner umfangreichen DVD-Sammlung.)
Allerdings hatte Charlie Ray ein halbes Dutzend Mal gebeten, seine Kontakte bei Polizei und Verkehrsbehörde zu nutzen, um Leute aufzutreiben, die dann eine Woche später tot aufgefunden wurden. Nur handelte es sich nicht um Morde. In den letzten Jahren waren im Laden oft genug Dinge aufgetaucht, die kürzlich Verstorbenen gehört hatten, von denen jedoch niemand ermordet worden war (ein gutes Dutzend dieser Gegenstände besaß eingeätzte Registriernummern, und Ray hatte sie an einen Freund bei der Polizei weitergegeben). Es gab ein paar Unfälle, vor allem aber natürliche Todesursachen. Entweder war Charlie außergewöhnlich durchtrieben, oder Ray hatte den Verstand verloren, eine Möglichkeit, die nicht gänzlich auszuschließen war, und sei es nur, weil er drei Exfrauen hatte, die das sicher bestätigt hätten. Deshalb hatte er sich die List mit dem Training ausgedacht, um Charlie aus der Reserve zu locken. Andererseits hatte Charlie ihn immer gut behandelt, und falls es keine Berghöhle voller Betreuer gab, sollte Ray sich schämen, dass er ihn hintergangen hatte.
Was wäre, wenn mit Charlie alles in Ordnung war und er nur mal wieder einen wegstecken musste?
Ray chattete gerade mit Eduardo, seiner neuen Freundin bei Desperate Filipinas Dot Com , als Charlie die Hintertreppe herunterkam.
»Ray, du musst jemanden für mich suchen.«
»Moment mal eben. Ich muss mich kurz verabschieden. Guck mal, Charlie: meine neue Flamme.« Ray klickte das Foto einer heftig geschminkten, aber attraktiven Asiatin auf den Bildschirm.
»Sie ist hübsch, Ray. Leider
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