Ein Todsicherer Job
aufzuwärmen. Er wandte sich ab und schlug mit der Stirn mehrmals auf den Tisch, während er spürte, wie seine Erektion unter ihm ins Freie drängte.
»Meine Schwester hat mich hergeschickt«, sagte er. »Ich wollte überhaupt nicht.«
»Okay«, sagte sie.
Sie verrieb Öl auf seinen Schultern. Es roch nach Mandel und Sandelholz. Es schien Menthol oder Lavendel oder so etwas darin zu sein, denn er spürte, wie es auf der Haut prickelte. Überall, wo sie ihn berührte, tat es ihm weh. Als hätte er gestern einen Kanal nach Ecuador gegraben oder eigenhändig einen Frachtkahn am Seil über die Bay geschleppt. Sie schien besondere sensorische Kräfte zu besitzen, denn sie fand genau die Stellen, wo seine Schmerzen saßen, berührte und löste sie. Er stöhnte leise auf.
»Sehl velspannt«, sagte sie und arbeitete sich mit den Fingern an seiner Wirbelsäule hinauf.
»Hab in den letzten zwei Wochen nicht gut geschlafen«, sagte er.
»Schön.« Sie beugte sich vor, um seine Schultern zu bearbeiten, und er fühlte, wie sich ihre kleinen Brüste an seinen Rücken schmiegten. Einen Moment hielt er die Luft an, und sie kicherte.
»Sehl velspannt«, sagte sie.
»Mir ist bei der Arbeit was passiert. Also, nicht bei der Arbeit eigentlich, aber ich fürchte, ich hab was getan, das alle, die ich kenne, in Gefahr bringen könnte, und ich kann mich nicht dazu bewegen, zu tun, was getan werden müsste, um es zu verhindern. Vielleicht muss jemand sterben.«
»Ist schön«, sagte Lotosblüte und knetete seinen Bizeps. »Du sprichst kein Englisch, oder?«
»Oh, bisschen. Kein Sorge. Du wollen Happy End?«
Charlie lächelte. »Könntest du einfach weiterkneten?«
»Kein Happy End? Okay. Viertelstunde zwanzig Dollar.«
Also bezahlte Charlie sie und sprach mit ihr, und sie knetete ihm den Rücken, und er bezahlte sie noch mal und erzählte ihr alles, was er keinem anderen anvertrauen konnte: alle Sorgen, alle Nöte, alles, was ihm leid tat. Er erzählte ihr, wie sehr ihm Rachel fehlte und dass er dennoch manchmal fast vergaß, wie sie aussah und dann mitten in der Nacht zu seiner Kommode lief, um sich ihr Foto anzusehen. Er bezahlte sie für zwei Stunden im Voraus und döste ein, spürte ihre Hände auf seiner Haut und träumte von Rachel und Sex, und als er aufwachte, massierte Lotosblüte seine Schläfen, und Tränen liefen ihm in die Ohren. Er erklärte ihr, es liege am Menthol im Öl, doch es war die Einsamkeit, die in ihm aufstieg wie der Schmerz im Rücken, von dem er gar nichts gewusst hatte, bis sie ihn berührt hatte.
Sie massierte seine Brust, beugte sich über seinen Kopf hinweg und hielt ihm dabei ihre Brüste vors Gesicht, und als er sich wieder unter seinem Handtuch regte, fragte sie: »Jetzt du wollen Happy End?«
»Nein, nein«, sagte er. »Happy Ends sind mir zu Hollywood.« Dann nahm er ihre Handgelenke, küsste ihre Hände und bedankte sich. Er gab ihr hundert Dollar Trinkgeld. Sie lächelte, zog ihren Kimono über und ging hinaus.
Charlie zog sich an und verließ den Happy Relax Good Time Massagesalon , an dem er in seinem Leben schon tausendmal vorbeigekommen war und sich gefragt hatte, was wohl hinter der roten Tür mit dem Packpapier an der Scheibe vor sich gehen mochte. Jetzt wusste er es: das jämmerliche Häufchen frustrierter Einsamkeit, das Charlie Asher hieß und für das es kein Happy End geben würde.
Er machte sich auf den Weg zum Broadway und stapfte den Hügel nach North Beach hinauf. Er hatte nur noch ein paar Blocks bis nach Hause, als er spürte, dass jemand hinter ihm lief. Er drehte sich um, entdeckte aber nur einen Mann, der zwei Blocks weiter eine Zeitung aus dem Kasten nahm. Er ging noch einen halben Block weiter und sah die belebte Straße: Touristen beim Schlendern, beim Warten auf Tische in italienischen Restaurants, Animateure versuchten, Touristen in Stripläden zu locken, Matrosen taumelten von einer Bar zur nächsten, Hipster rauchten draußen vor dem City-Lights -Buchladen, sahen cool und literarisch aus, kurz vor dem nächsten Poetry-Slam in der Bar gegenüber.
»Hey, Soldat«, sagte eine Stimme neben ihm. Die Stimme einer Frau, sanft und sexy. Charlie drehte sich um und warf einen Blick in die kleine Gasse, an der er gerade vorüberkam. Er konnte eine Frau erkennen, die dort im Schatten stand und sich an die Mauer lehnte. Sie trug einen schillernden Body oder so was in der Art, und quecksilbriges Licht am anderen Ende der Gasse ließ ihre Silhouette flimmern. Die
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