Ein toedlicher Verehrer
Laune überall niederlassen können. Wenn sie einen Monat lang auf Tahiti bleiben wollte, sprach nichts dagegen.
Es war ein einfaches Ziel - ein geschenktes Jahr als Belohnung für ein Leben voller Arbeit. Sie liebte ihren Beruf, sie wollte auch irgendwann heiraten und ein, zwei Kinder bekommen, aber erst wollte sie ein Jahr ganz für sich allein haben. Seit dem College hatte sie sich allen tiefer gehenden romantischen Beziehungen entzogen, weil sie stets im Hinterkopf hatte, dass es keinem Mann gefallen würde, wenn seine Freundin, Verlobte oder Frau abzog, um ein Jahr quer durch die Welt zu reisen -ohne ihn.
Ihr Vater verstand sie nicht. Ihre Brüder verstanden sie ganz bestimmt nicht, weil sie ständig in die unterschiedlichsten Weltgegenden verlegt wurden. Ihre Schwester hielt sie für verrückt, weil Sarah nicht heiraten wollte, solange sie noch jung war und gut aussah. Nur ihre Mutter, ahnte sie, konnte die Wanderlust ihres jüngsten Kindes nachfühlen.
Aber wann sie ihren Plan in die Tat umsetzen würde, hing allein von Richter Roberts ab, denn solange er lebte, würde sie sich um ihn kümmern.
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Nachdem ihre fünfzehn Minuten Ruhm verstrichen, alle Aussagen gemacht und alle Papiere unterschrieben waren, kehrte Sarah aufatmend zu ihrer alltäglichen Routine zurück. Sie genoss die tägliche Herausforderung, einen großen Haushalt zu führen. Zwar hatte sie keinen umfangreichen Stab an Hausangestellten zu leiten, aber das Haus selbst war wie ein riesiger Tanker, der ständige Pflege und Wartung brauchte, und sie musste allzeit auf der Hut sein, um auch die kleinsten Problemstellen zu entdecken, bevor sie sich zu großen entwickeln konnten.
Bis zur Wochenmitte war der Ansturm der Telefonate mit Nachbarn, Freunden und Verwandten wieder abgeflaut, was nur gut war, weil sie am Mittwoch ihren freien Tag hatte. Mittwoch war normalerweise der ruhigste Tag der Woche, der Tag, an dem kaum etwas anlag; am Montag und Dienstag erledigte sie jene Dinge, die während des Wochenendes aufgelaufen waren, und am Donnerstag und Freitag bereitete sie alles für das nächste Wochenende vor. Zusätzlich zum Mittwoch hatte sie entweder samstags oder sonntags einen halben Tag frei, je nachdem, was der Richter vorhatte. Sie passte sich seinen Bedürfnissen möglichst flexibel an, und er nahm im Gegenzug stets Rücksicht auf ihre freien Tage.
In ihrer Freizeit traf sie sich gelegentlich mit Männern - sehr gelegentlich, weil sie nicht an einer tiefer gehenden Beziehung interessiert war -, sie machte einen Einkaufsbummel oder »Mäd-chensachen«, wie ihre Brüder es immer genannt hatten, und sie ging zum Training.
Im Keller des Hauses hatte sie einen Satz Gewichte montiert und einen Sandsack aufgehängt, an denen sie jeden Tag mindestens eine halbe Stunde trainierte, und zwar zusätzlich zu ihrem halbstündigen Dauerlauf. An manchen Tagen schaffte sie ihr Pensum nur mit Mühe, doch wenn sie dafür früher aufstehen musste, dann tat sie es. In Form zu bleiben gehörte für sie zu ihrem Job, außerdem genoss sie das durchtrainierte, elastische und energiegeladene Körpergefühl danach.
Zusätzlich zu Karate und Kickboxen übte sie Judo und Bogenschießen, außerdem verbrachte sie jede Woche eine Stunde auf einer Schießanlage in der Nähe. Sie war gut, wollte aber besser werden, selbst wenn sie nur sich selbst Konkurrenz machte. Na gut, sie wollte auch besser sein als ihre Brüder. Daniel und Noel waren beide Experten im Zielschießen, genau wie ihr Vater früher; wenn sie also wirklich mit einer Waffe umgehen wollte, dann war es Ehrensache, dass sie die Familienfahne hoch hielt. Wann immer die Familie zusammenkam, gewöhnlich einmal im Jahr - nämlich an Weihnachten -, gingen sie, ihr Vater und ihre Brüder auf einen Schießstand, um sich im Zielschießen zu messen. Der Gewinner durfte die Dollarmünze mit dem Abbild von Susan B. Anthony und dem Durchschussloch in der Mitte mit nach Hause nehmen. Noel hatte ein Goldkettchen durch das Loch gezogen, und wenn er oder Daniel das alljährliche Wettschießen gewannen, waren sie sich wahrhaftig nicht zu blöde, die Münze in ihrer Freizeit umzuhängen und sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit vorzuzeigen. Wie Sarah ihnen einmal hoheitsvoll mitgeteilt hatte, bewiesen sie und ihr Vater da entschieden mehr Klasse.
Sie trug sie nicht, aber sie bewahrte sie auf. Münze und Kette lagen in ihrer Schmuckschatulle. Zur großen Bestürzung ihrer Brüder hatte sie das Wettschießen zum zweiten
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