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Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

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Ihr?»
    Fidelma hörte ihm gar nicht zu. Tief in Gedanken versunken, stand sie in der Mitte des Zimmers.
    Eadulf seufzte laut auf. «Vielleicht sollte ich jetzt lieber zu Furius Licinius gehen und ihm sagen, was sich hier zugetragen hat?» schlug er vor.
    Fidelma nickte geistesabwesend.
    «Kommt Ihr allein zurecht?» fragte Eadulf besorgt. «Ich hoffe, ich werde nicht allzu lange fortbleiben.»
    «Ja, ja», antwortete sie, ohne aufzuschauen, und begann, Puttocs Leichnam zu untersuchen.
    Eadulf zögerte, dann zuckte er die Achseln und machte sich auf den Weg. Unten aus dem Innenhof waren bereits aufgeregte Schreie zu hören. Eine kleine Menschenmenge hatte sich um Eanreds Leichnam versammelt.
    Fidelma ließ sich nicht ablenken, sondern betrachtete den toten Abt aufmerksam. Gleich beim ersten Blick auf die Leiche war ihr etwas aufgefallen, das wegen der Aufregung um Eanreds Fluchtversuch in den Hintergrund getreten war.
    Fidelma schloß die Augen, um sich das Bild ins Gedächtnis zu rufen. Eanred hatte sich über den toten Abt gebeugt und versucht, seinen Händen etwas zu entwinden. Ja, das war es! Sie öffnete die Augen wieder und sah sich die Hände des Abts genauer an. Tatsächlich, er hielt ein Stück zerrissenen Stoff umklammert. Und da war noch etwas. An dem Stoff steckte ein Stück Kupfer. Es hatte einmal zu einer Brosche gehört, Kupfer mit einem Stück rotem Glas.
    Mit etwas Mühe gelang es Fidelma, dem Toten das Schmuckstück zu entwinden. Wo hatte sie diese Brosche schon einmal gesehen? Ja, jetzt erinnerte sie sich! Ein zufriedenes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Endlich ergab alles einen Sinn.
    Kurz darauf kehrte Eadulf mit Furius Licinius zurück.
    «So», stellte Licinius fröhlich fest, «wir haben also endlich die Lösung des Rätsels gefunden.»
    «Ja, da habt Ihr recht», stimmte Fidelma zu. «Sitzt Cornelius von Alexandria schon hinter Schloß und Riegel?»
    Der tesserarius bestätigte das mit einem Nicken.
    «Ich muß ihn noch einmal kurz sprechen. In der Zwischenzeit, Furius Licinius, könnt Ihr superista Marinus bitten, Bischof Gelasius, Äbtissin Wulfrun, Schwester Eafa und die Brüder Sebbi und Ine in sein officium zu rufen. Falls die Äbtissin Einspruch erheben sollte, sagt dem Superista bitte, daß die Anwesenheit aller genannten Personen zwingend erforderlich ist.»
    «Sehr wohl», bestätigte der junge Offizier.
    «Ausgezeichnet. Ihr begleitet ihn, Eadulf. Ich werde mit Cornelius sprechen und gleich darauf zu Euch kommen. Wenn wir dann alle versammelt sind, werde ich das Geheimnis lüften. Es ist eine Geschichte, in der das Böse und die Rachlust eine erschreckende Rolle spielen, mein Freund.»
    Mit diesen Worten ging sie hinaus und ließ Eadulf und Licinius verwirrt im Zimmer des toten Abts von Stanggrund zurück.
     

XVII
     
    Wie von Schwester Fidelma angefordert hatten sie sich alle in dem Zimmer eingefunden, das superista Marinus als officium diente. Bischof Gelasius thronte auf einem Stuhl vor dem reichverzierten Kamin. Er hatte die Ellenbogen auf die Armlehnen gestützt, die Hände wie in Gebetshaltung an den Fingerspitzen zusammengelegt und das Kinn darauf gesenkt. Sein finsteres Gesicht erinnerte an einen Raubvogel, der mit wachen, schwarzen Augen seine Beute belauert. Auf der anderen Seite des Kamins hatte Marinus Platz genommen. Er wirkte ausgesprochen ungeduldig und gereizt. Marinus war eindeutig ein Mann der Tat – müßig herumzusitzen war nicht seine Art. Schräg hinter ihm stand tesserarius Furius Licinius mit verschränkten Armen und undurchdringlichem Blick.
    Für Äbtissin Wulfrun, Schwester Eafa und die Brüder Sebbi und Ine hatte man Stühle bereitgestellt. Die Äbtissin wirkte unruhig. Sie tat so, als langweile sie sich, und zupfte ständig an ihrem Schal. Neben ihr saß Schwester Eafa und sah sich blinzelnd um, als wüßte sie nicht, warum sie zu dieser Versammlung gerufen worden war.
    Bruder Ine machte einen noch stilleren und gedrückteren Eindruck als sonst und hielt den Blick fest auf den Boden gerichtet, während Bruder Sebbi neben ihm die übliche Selbstgefälligkeit ausstrahlte. Ein spöttisches Lächeln umspielte seine Lippen. Fidelma erinnerte er an eine satte, schnurrende Katze. Zweifellos glaubte Sebbi, der Erfüllung seiner ehrgeizigen Pläne nahe zu sein, denn er hielt sich offenbar für den einzigen geeigneten Nachfolger des verstorbenen, aber nicht sonderlich betrauerten Abts von Stanggrund.
    Eadulf, der mit Fidelma ins Zimmer getreten war, bezog

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