Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Titel: Ein Totenhemd fur einen Erzbischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
erzählt?»
    Cornelius schüttelte den Kopf. «Nein. Ronan erzählte es Osimo unter dem Siegel der Verschwiegenheit, und Osimo berichtete mir aus den bereits genannten Gründen davon.»
    Dann huschte ein neuer Ausdruck über sein Gesicht. Anscheinend erinnerte er sich an etwas.
    «Aber Ihr habt Euer Wissen weitergegeben?» hakte Fidelma sofort nach.
    Cornelius sah verlegen zu Boden. «Ich hielt es für eine so gottlose Tat, ein so abscheuliches Verbrechen, daß ich mehrere Tage lang nicht mehr zur Ruhe kam. Ein Mann, der in Kürze von Seiner Heiligkeit zum Erzbischof geweiht werden sollte, war von einem Sterbenden in seiner letzten Beichte als Mörder seiner Frau und seiner eigenen Kinder bezichtigt worden! Ich konnte es nicht für mich behalten, auch wenn ich damit das Vertrauen meines Freundes Osimo brach. Also wandte ich mich an einen Kirchenmann von Rang und Ehren.»
    Fidelma überlief es heiß und kalt. «Ihr konntet also nicht schweigen. Das ist verständlich», stimmte sie ungeduldig zu. «Wem habt Ihr Euch anvertraut?»
    «Ich hielt es für ratsam, mich an jemanden aus Wighards Gefolge zu wenden, um herauszufinden, ob andere etwas davon wußten und welche Möglichkeiten es gab, die Sache weiter zu verfolgen … Außerdem brauchte ich den Rat eines Mannes, der genügend Einfluß besaß, um die Angelegenheit möglichst noch vor der Weihe des zukünftigen Bischofs Seiner Heiligkeit zu Gehör zu bringen. Deshalb beschloß ich am Tag vor Wighards Tod, einen sächsischen Prälaten einzuweihen.»
    Fidelma schloß die Augen und versuchte, ihre Unrast zu bezähmen. Eadulf, dem das Gewicht dieser Aussage nur allzu bewußt war, wartete mit bleichem, angespanntem Gesicht.
    «Wem habt Ihr es erzählt?» fragte Fidelma noch einmal in scharfem Ton.
    «Nun, dem sächsischen Abt natürlich. Abt Puttoc.»
     

XVI
     
    «Puttoc», murmelte Bruder Eadulf, als sie über das Gelände des Lateranpalastes zu Abt Puttocs Zimmer im domus hospitale eilten. «Dann war es dieser verlogene, lüsterne Hurenbock also doch.»
    Fidelma strafte ihn mit einem mißbilligenden Seitenblick.
    «Eure Sprache ziemt sich nicht, Eadulf», tadelte sie ihn sanft.
    «Es tut mir leid. Aber wenn ich an diesen ruchlosen Priester denke, der anderen Moral predigt und sich selbst vorbehaltlos dem Laster hingibt, koche ich vor Wut. Er muß der Mörder sein! Ja, rückblickend betrachtet, erscheint mir alles ganz logisch.»
    «Tatsächlich?» fragte sie.
    «Natürlich erst im nachhinein», sagte Eadulf, beunruhigt über den leicht belustigten Ton in ihrer Stimme. Verspottete sie ihn jetzt, da sie die Antwort kannten, wegen seiner Begriffsstutzigkeit? Schließlich hatte er zu Beginn ihrer Ermittlungen nicht an Ronan Ragallachs Schuld gezweifelt und sich deshalb nicht die Mühe gemacht, sich näher mit dem Fall zu befassen. «Ganz bestimmt war es Puttoc. Nachdem er von Wighards dunklem Geheimnis erfahren hatte, beschloß er, Wighard zu töten und das Amt des Erzbischofs für sich zu beanspruchen. Ehrgeiz, nackter Ehrgeiz ist der Schlüssel zu dem ganzen Geheimnis.»
    Fidelma seufzte. Eadulf besaß einen scharfen Verstand, machte aber immer wieder den Fehler, stets nur einen Pfad zu verfolgen und dabei zu vergessen, daß die vielen kleineren Umwege ebenfalls Beachtung verdienten.
    Fidelma stellte fest, daß sie sich in Gedanken immer wieder mit Eadulf beschäftigte. Seit ihrer ersten Begegnung in Witebia spürte sie, daß er mehr für sie war als nur ein Glaubensbruder. Sie war gerne in seiner Nähe, genoß den Gedankenaustausch und die halbernsten Streitgespräche. Mehr noch, sie war nicht unempfänglich für Eadulfs Männlichkeit.
    Mit achtundzwanzig Jahren hielt Fidelma sich für zu alt, um eine Ehe einzugehen, denn schließlich war es Sitte, mit sechzehn oder zwanzig Jahren zu heiraten. Es war keine bewußte Entscheidung gewesen, auf einen Gatten zu verzichten oder sich von der Welt abzuwenden, sondern hatte sich einfach so ergeben – was jedoch nicht bedeutete, daß sie ganz ohne Erfahrung war.
    Im zweiten Jahr ihres Studiums an der Schule von Morann hatte sie einen jungen Mann kennengelernt, Cian, den Häuptling der Fianna, der Leibwache des Hochkönigs. Im nachhinein war die gegenseitige Anziehung jedoch eher körperlicher Natur gewesen. Ihre von heftiger Leidenschaft geprägte Liebesgeschichte endete abrupt, als Cian mit einem anderen jungen Mädchen durchbrannte, das sich ein trautes Heim wünschte und keine allzu große geistige Herausforderung

Weitere Kostenlose Bücher