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Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Titel: Ein Totenhemd fur einen Erzbischof Kostenlos Bücher Online Lesen
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stehen. «Ich habe Befehl, Euch zu berichten, daß Bruder Osimo Lando nicht an seiner Arbeitsstätte weilt. Er scheint sich zur Zeit überhaupt nicht im Palast aufzuhalten.»
    «Könnt Ihr jemanden zu seiner Unterkunft schicken, um festzustellen, warum er nicht zur Arbeit erschienen ist?»
    Der junge Mann antwortete so zackig, daß Fidelma erschrak. «Zu Befehl!» rief er laut, knallte die Hacken zusammen, drehte sich um und marschierte hinaus.
    Besorgt sah Eadulf ihm nach. «Irgendwie scheint alles schiefzugehen.»
    «Aber es muß doch in diesem Palast irgend jemanden geben, der die Sprache der Araber beherrscht.»
    Eadulf stand auf und schritt zur Tür. «Das werde ich bald herausgefunden haben. Und Ihr …», er drehte sich noch einmal um und sah sie eindringlich an, «… solltet Euch in der Zwischenzeit ein wenig ausruhen und von den Strapazen erholen.»
    Fidelma winkte ab. Ihre Kopfschmerzen waren fast vergangen, nur die Schläfe selbst pochte noch. Allerdings gingen ihr zahllose Fragen und Gedanken im Kopf herum. Nachdem Bruder Eadulf fort war, machte sie es sich auf ihrem Stuhl bequem, faltete die Hände im Schoß und senkte den Blick, atmete tief und regelmäßig und entspannte nacheinander jeden Muskel.
    Als junges Mädchen hatte sie im Noviziat die Kunst der dercad oder Meditation erlernt, durch die endlose Generationen irischer Mystiker den Zustand des sitcháin oder inneren Friedens erreicht hatten. Seither hatte sie diese Kunst in Zeiten der Belastung immer wieder angewandt und als sehr nützlich empfunden. Sie stammte noch aus der Zeit, ehe der christliche Glauben die Küsten Irlands erreicht hatte, und hatte bei den heidnischen Druiden eine große Rolle gespielt. Bis heute waren die druidischen Mystiker aus ihrem Heimatland nicht völlig verschwunden. Man fand sie noch als einsiedlerische Asketen in abgelegenen Bergfesten und Einöden. Aber sie gehörten zu einer aussterbenden Art.
    Ab einem gewissen Alter war Fidelma regelmäßig ins tigh n’alluis , das Schwitzhaus, gegangen, ein fester Bestandteil der dercad -Zeremonie. In einem kleinen Steinhaus wurde ein großes Feuer entfacht, bis das Gebäude glühte wie ein Ofen. Dann gingen alle, die den Zustand des sitcháin anstrebten, nackt hinein, und die Tür wurde verschlossen. Sie hockten auf Bänken und schwitzten, bis zu einer vorher verabredeten Zeit die Tür wieder geöffnet wurde, sie sich an der frischen Luft abkühlten und ins eisige Wasser sprangen, um durch diese innere und äußere Reinigung auf der Stufenleiter der dercad einen wichtigen Schritt voranzukommen. Viele asketisch lebende Gläubige folgten noch immer diesen alten Gebräuchen der Druiden, obgleich viele jüngere Geistliche sie ablehnten, und zwar meist nur deshalb, weil sie von den heidnischen Druiden stammten.
    Auch der heilige Patrick, ein Brite, der bei der Einführung des Glaubens in Irland eine herausragende Rolle gespielt hatte, hatte die aus heidnischer Zeit überlieferten, teinm laegda und imbas forosnai genannten meditativen Wege zur Erleuchtung ausdrücklich mißbilligt. Fidelma war traurig darüber, daß die uralten Rituale auf dem Weg zu Selbsterkenntnis oft nur deshalb verworfen wurden, weil sie so alt waren und schon angewendet wurden, ehe der christliche Glaube nach Irland kam.
    Doch die Kunst der dercad war bisher noch nicht verboten, was sich die irischen Geistlichen, wie Fidelma glaubte, auch nicht widerspruchslos gefallen lassen würden. Sie war ein hervorragendes Mittel zur Entspannung und Beruhigung des aufgewühlten Geistes.
    «Schwester!»
    Fidelma blinzelte. Sie hatte das Gefühl, aus einem tiefen, erholsamen Schlaf aufzuwachen.
    Vor ihr stand tesserarius Furius Licinius und betrachtete sie besorgt.
    «Schwester Fidelma? Geht es Euch gut?»
    Fidelma lächelte ihn an. «Ja, Licinius, sehr gut sogar.»
    «Ihr habt mich offenbar nicht kommen hören. Erst dachte ich, Ihr würdet schlafen, aber Ihr hattet die Augen auf.»
    «Ich habe meditiert, Licinius.» Fidelma stand auf und streckte sich. Sie hatte keine große Lust, es ihm näher zu erklären. «Was bringt Ihr für Neuigkeiten?»
    Furius Licinius machte ein betretenes Gesicht. «Wir haben Bruder Ronan Ragallachs Leiche aus den Katakomben geborgen und in Cornelius’ mortuarium gebracht. Sonst haben wir allerdings nicht viel gefunden, schon gar kein Stück Papyrus und auch keinen Silberkelch.»
    Fidelma seufzte. «Genau, wie ich es mir gedacht hatte. Wer auch immer hinter der ganzen Sache steckt, ist

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