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Ein Toter fuehrt Regie

Ein Toter fuehrt Regie

Titel: Ein Toter fuehrt Regie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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zum Funkturm hinauf. «Fragt sich bloß, warum der Ossianowski dann so zuschlägt.»
    «Ich habe mit Kuhring darüber gesprochen und mit Zumpe auch. Die behaupten, der Mann hätte’s gar nicht besser haben können; prima Betriebsklima und so… Und sie schimpfen gewaltig über seine Undankbarkeit.»
    «Dieser Doktor Dings – na… Brockmüller hat sicher recht: Da muß irgendein psychischer Defekt vorgelegen haben », meinte Mannhardt.
    «Trotzdem – auch wenn er ‘ne Macke hatte…» Koch hatte Mühe, den Theodor-Heuss-Platz zu umrunden und rechts in die Heerstraße einzubiegen. «Da ist doch was faul an der Sache: Warum bringt er sie um, wenn er sich in ihrer Mitte so sauwohl gefühlt hat, wie sie’s behaupten?»
    «Eben!» Mannhardt starrte hinter einem verlockenden Minirock her. Ein Fall im Mädchenwohnheim oder im Nuttenmilieu wäre ihm lieber gewesen. Statt dessen ein toter Euromagger und vier auf der Warteliste…
    «Man müßte mal hinter die Kulissen sehen», sagte Koch.
    «Ich hoffe ja, daß wir bei Ossianowski was finden – ein Tagebuch oder so. Etwas, wo was über das Geschehen in der Sondergruppe drinsteht. Irgendwo muß er doch seinen Seelenmüll abgeladen haben.»
    Koch nickte. «Ich glaub auch, dieser Brockmüller könnte uns was erzählen, wenn er nur wollte…»
    Mannhardt spielte mit seinem Taschenkamm. Koch war gar nicht so dumm, wie er aussah. Sicherlich war Brockmüller der einzige, der über ein gewisses Reflexionsvermögen verfügte; die anderen beiden Männer waren hochbezahlte Fachidioten, die sich durch ihre Loyalität zur E UROMAG und Beziehungen zur Clique Donnersmarck & Co. hochgearbeitet hatten – in diesem Punkt hatte sich Zumpe ungewollt ein wenig verplappert… Kanalarbeiter aller Organisationen, vereinigt euch! Sondergruppe für Systemplanung – hochtrabender ging’s ja kaum noch. Die hätten sich man selber wegplanen sollen. Aber das wollte ja nun der Kollege Otto-Wilhelm Ossianowski auf recht unkonventionelle Art und Weise besorgen… Wenn das der alte Max Weber noch erlebt hätte, der größte Analytiker jedweder Bürokratie!
    «Du schmunzelst ja so», sagte Koch. «Steinerts Tod ist dir wohl schnurzpiepegal…»
    «Hm… Wir müssen sehen, daß der Brockmüller den Mund aufmacht. Die anderen begreifen wahrscheinlich gar nicht, was da geschehen ist.» Er holte das tragbare Tonbandgerät vom Rücksitz und spielte sich noch einmal die wichtigsten Passagen aus den Gesprächen mit Kuhring, Zumpe, Dr. Brockmüller und der Lux ab.
    «… er hat nie Streit mit einem von uns gehabt.»
    «… es gab viel Spaß bei uns – und Owi hat immer mitgemacht; der war kein Kind von Traurigkeiten.»
    «… ich versteh das nicht! Er muß plötzlich einen Schub gekriegt haben, eine krankhafte Veränderung im Gehirn – ein Tumor vielleicht? Also, wenn’s nicht so was ist, dann ist er ein Schwein! Ein Lump… Dieser Idiot, dieser verdammt – uns alle ins Unglück stürzen…»
    Jetzt kam Brockmüller: «Er war unser Clown, ja, zugegeben; aber er war’s freiwillig. Nicht daß wir ihn zu unserem Fußabtreter gemacht hätten: er hat sich freiwillig angeboten, bei uns den Hofnarren zu spielen. Als Bote hat er angefangen, ganz unten, und jetzt war er nach K 5 besoldet – ein unheimlicher Sprung nach oben. Und warum? Doch nicht etwa, weil er ein Genie gewesen wäre oder ungeheuren Fleiß an den Tag gelegt hätte – nee, gewiß nicht! Der hat das genau durchschaut und begriffen, daß man wunderschön aufsteigen kann, wenn man sich zum Narren der Erfolgreichen macht. Dumm war er nicht, im Gegenteil: hoher Intelligenzquotient und ein ganz schönes Maß an Bauernschläue. Der hat sich gesagt: Tanze ruhig, wenn Kuhring pfeift und Zumpe in die Hände klatscht, da bist du in fünf Jahren totsicher AT – außertariflicher Angestellter. Der Spitzname Owi, ein bißchen Frotzelei – das war der Preis, den er gern gezahlt hat. Wenn er sich jetzt deswegen an uns rächen will, dann ist das einfach absurd!»
    Mannhardt drückte die Aus-Taste. Das klang überzeugend, was Brockmüller da sagte, das hatte er vorhin im Trubel auf der Straße gar nicht so recht mitbekommen. Ein guter Mann, dieser Brockmüller; wie der wohl zu diesem Sauhaufen gestoßen war? Mannhardt hatte sich von Zumpe und der Lux einiges von der Tätigkeit der Sondergruppe erzählen lassen und ahnte, daß sie ein totgeborenes Kind war. Er verstand nicht viel von diesen Dingen, aber von Menschen verstand er eine ganze Menge.
    Es ging schon

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