Ein Toter fuehrt Regie
krankhaft, dachte Mannhardt. Wahrscheinlich bin ich auch bekloppt… Seine Gedanken wanderten weiter:
Wenn Owi diese Gesellschaft haßte, dann mußte er die Polizisten doppelt hassen, die dieses System so wirksam stützten. Da wär’s nur logisch, daß sich seine Aggressionen auch gegen die Kriminalbeamten richteten, die zudem noch alles daransetzten, seine Pläne zu durchkreuzen… Mannhardt war plötzlich sicher, daß hier in diesem Haus noch irgendwo Sprengstoff verborgen war.
Koch kam von der Toilette zurück. Im gleichen Augenblick schrillte das Telefon.
«Ich nehm’s schon…» Koch riß den Hörer hoch. «Koch… Ja – Koch! Mensch, wie der Erfinder des gleichnamigen Topfes… Was gibt’s denn?» Er lauschte. «So… Na fein. Und vielen Dank auch.» Er legte auf und drehte sich zu Mannhardt um. «Einer vom Landeskriminalamt, Bodewig oder so: Auch im Gebäude der Sonderkommission ist kein Sprengstoff mehr gefunden worden.»
Mannhardt schüttelte den Kopf. «Da möcht ich mal wissen, wie der seine Drohungen wahr machen will…»
«Ich auch.»
«Sehen wir mal, ob hier was zu finden ist.»
Sie machten sich daran, Owis Schreibtisch Schublade für Schublade auszuräumen und jedes Stück Papier mit aller Sorgfalt unter die Lupe zu nehmen. Da gab es eine Unmenge Rechnungen, Quittungen, Postscheckabschnitte, Bankauszüge, alte Fahrkarten, wenige Briefe ausschließlich geschäftlichen Inhalts, Zeitungsausschnitte, Organisationspläne und Rundschreiben der E UROMAG , Versicherungspolicen, Einschreibzettel, Steuertabellen und Gleispläne aller möglichen Modellbahnhersteller – aber nirgendwo ein Tagebuch oder irgendwelche Aufzeichnungen, aus denen hervorging, warum Ossianowski so gehandelt hatte und, vor allem, wo etwaige weitere Sprengkörper von ihm versteckt worden waren.
«Wär auch zu schön gewesen, um wahr zu sein», knurrte Mannhardt.
«Ich glaube, der blufft nur», meinte Koch. «Der hat überhaupt nichts weiter getan, um die vier Kollegen ins Jenseits zu befördern; der will ihnen nur Angst einjagen.»
«Möglich, daß er sie nur psychisch fertigmachen will, ja…»
«Sonst müßte doch irgend etwas zu finden sein!»
«Mit den Chemikalien da unten im Keller hätte er ein Dutzend Bomben basteln können…» Mannhardt dachte nur laut.
«Das ist es ja!»
«Ob er nicht doch irgendwo…»
Das Telefon.
Mannhardt zuckte zusammen. Ein kurzer Blick auf die Uhr: Gleich halb sieben… «Wer ruft denn jetzt noch an – da ist doch überall Feierabend?» Er nahm den Hörer ab und meldete sich.
Dr. Weber höchstpersönlich. «Haben Sie was gefunden, Herr Krimmalobermeister Mannhardt?»
Mannhardt schwitzte. «Nein, Herr Doktor, aber…»
«Suchen Sie trotzdem weiter, ich sag nämlich immer: Gelobt sei, was Mannhardt macht! Ach, übrigens: vor etwa zwanzig Minuten ist Zumpes schönes Motorboot, die Snark… Wissen Sie übrigens, woher der Name kommt?»
«Das war doch Jack Londons Schiff…»
«Bravo! Ich werde Sie höherenorts lobend zu erwähnen wissen – das heißt, beim Oberhaupt –, wenn’s um die Frage geht: Ober- oder Haupt-…»
Mannhardt glühte, als er der versteckten Andeutung entnahm, daß der Hauptkommissar nun doch bald fällig war. Und das, obwohl er sich haßte, weil er genauso wie die anderen nach dieser lumpigen Beförderung gierte.
«… zurück zur Snark, zu Zumpes Flaggschiff. Sie ist vor zwanzig Minuten an einem Steg in Picheiswerder in die Luft geflogen.»
Also doch! «Und Zumpe? Ist er… tot?»
«Nein. Das war auch schlecht möglich, weil er gerade zu Hause auf dem Sofa gelegen hat. Ich wollt’s Ihnen auch nur sagen, damit Sie auf dem laufenden bleiben… Bleiben Sie auch ein heiler Mensch!»
Aufgelegt.
Mannhardt ließ den schwarzen Hörer von Ossianowskis altertümlichem Apparat langsam auf die Gabel gleiten. Er brauchte ein paar Sekunden, um sich zu sammeln und Koch zu informieren.
«Mein Gott!» rief der. «Wer weiß, wo dieser Blödmann noch was versteckt hat. Offensichtlich arbeitete er ja mit Säurezündern, und die brauchen ihre Zeit…»
Mannhardt wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er sah Koch an.
Der erriet seine Gedanken. «Sollen wir nicht lieber abhauen, ehe hier…»
Mannhardt kämpfte mit sich. «Noch ein paar Minuten, dann haben wir wenigstens den Schreibtisch durch. Das andere kommt morgen dran.»
«Okay!»
Fieberhaft durchwühlten sie den letzten Berg, der auf dem Schreibtisch lag.
Sie waren fast fertig, da stieß Mannhardt auf Owis
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