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Ein Toter fuehrt Regie

Ein Toter fuehrt Regie

Titel: Ein Toter fuehrt Regie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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die Vergänglichkeit alles Irdischen in Erinnerung zu rufen, wobei er damit rechnen konnte, daß seine Worte auf fruchtbaren Boden fielen, denn die getragene Eingangsmusik hatte die Anwesenden in die richtige Stimmung versetzt. Ergriffen lauschten sie nun.
    «… und wir wissen nicht, durch welche Macht er in so tragischer Weise mitten aus dem Leben gerissen wurde. Ein Mann, in der Blüte seiner Jahre, der zu so vielen schönen Hoffnungen berechtigte, der von seinen Kollegen und Vorgesetzten geschätzt und geachtet war und der sein Leben dem Dienst an der Allgemeinheit gewidmet hatte. Fassungslos sind wir an seinem Sarge versammelt. Wie konnte es geschehen, warum konnte es geschehen? Die feige Tat eines verabscheuungswürdigen Menschen hat ihm das Leben genommen; zwei Kinder haben ihren Vater verloren – wir alle wissen es, wir alle fragen uns: Warum gerade er? Nun, wir alle leben Tag für Tag mit dem Bewußtsein unserer Vergänglichkeit…»
    Mannhardt schaltete ab und dachte: Geschwätz! Er hatte Steinert nie gemocht. Die Stühle waren hart, und der Allerwerteste tat ihm weh. Daß auch noch diese Trauerfeier dazwischenkommen mußte – er hatte weiß Gott genug zu tun!
    «… er, der nicht nur Dutzende von Verbrechen aufgeklärt, sondern auch unzählige verhindert hat, ist nun selber Opfer eines Verbrechens und eines Verbrechers geworden – er starb in treuer Pflichterfüllung, als er einen vielfach vorbestraften und in aller Welt gesuchten Gangster in Haft nehmen wollte. Unerschrocken und…»
    … dußlig, dachte Mannhardt. Es war Steinerts eigene Schuld, daß es so gekommen war. Läßt den Mann aus den Augen, bevor er ihn nach Waffen abgetastet hat! Nun hatten sie einen Kriminalobermeister weniger und eine Beförderungsstelle mehr.
    «… aber das Leben geht weiter, und…»
    Mannhardt dachte nun doch das, was er die ganze Zeit über krampfhaft unterdrückt hatte: Eines Tages liegst du auch da vorn, und die Kollegen sitzen hier rum und hören nicht zu und dösen… Mannhardt verdrängte den Gedanken und rutschte unruhig hin und her. Der Armleuchter da vorn seichte und seichte, und er mußte dringend nach Kladow. Dieser Ossianowski. Zu dessen Beisetzung mußte er auch noch, um mal zu sehen, wer sich da alles ein Stelldichein gab.
    Wenn wirklich Sprengstoff in dem Päckchen gewesen wäre… Er hatte es unter ein Auto geschoben, und dann waren sie alle auseinandergespritzt, um in sicherer Deckung auf die Explosion zu warten… Nichts. Spezialisten vom Landeskriminalamt hatten das Päckchen dann mit langen Stangen unter dem Wagen hervorgeangelt und unter Beachtung aller Sicherheitsmaßnahmen geöffnet.
    Inhalt: ein Stück Eisen und ein kleines Schreiben.
     
    Liebe Kollegen! Ich grüße Euch sehr herzlich aus dem Jenseits. Es gefällt mir hier ausnehmend gut, und ich bedaure zutiefst, daß Ihr noch nicht hier seid. Aber das kann sich ja von Stunde zu Stunde ändern. Bald sind wir alle hier vereint, und ich rufe Euch schon jetzt ein freudiges Willkommen zu. Bis dann. Auf Wiedersehen! Euer Owi.
     
    Der Redner war am Ende, die Musik setzte wieder ein, und unter dem Aufschluchzen von Witwe und Schwester glitt der Sarg in die Tiefe.
    Jetzt schluckte auch Mannhardt, denn er stellte sich vor, wie der Sarg nun in den Verbrennungsofen geschoben wurde und… Steinert hatte so strahlend blaue Augen gehabt… Ekel und Schwindel packten Mannhardt, er konnte nur mit Mühe den Brechreiz unterdrücken. Ohne es recht wahrzunehmen, kondolierte er Frau Steinert und vier, fünf nahen Anverwandten, trug sich in die bereitliegende Liste ein, stieß mit Dr. Weber zusammen und stand plötzlich wieder auf dem sonnenüberfluteten Platz vor dem Krematorium.
    Euphorie brach wie eine Sturzflut über ihn herein. Er lebte noch, er konnte die Sonne sehen, die Häuser, die Bäume, den Himmel! In diesem Augenblick liebte er alles: Lilo, die Kinder, seinen Beruf, die Stadt.
    Aber bald war der Rausch verflogen. Als er mit Koch nach Kladow hinausfuhr, um nun wirklich jede Schublade in Ossianowskis Haus zu durchstöbern, da war der Alltag, da war die Gewöhnlichkeit schon wieder übermächtig.
    Sie hatten am Vormittag kurz mit Kuhring, Zumpe, Dr. Brockmüller und der Lux gesprochen, das mußte nun aufgearbeitet werden.
    «Sie machen ja alle auf eitel Sonnenschein», sagte Koch. «Immer gut verstanden, nette Stunden miteinander verbracht, nie Krach gehabt – ich möchte direkt den Beruf wechseln.»
    «Tja, eine große Familie…» Mannhardt schaute

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