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Ein Toter fuehrt Regie

Ein Toter fuehrt Regie

Titel: Ein Toter fuehrt Regie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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schien an Ähnliches zu denken. Die Hände unter dem Kopf verschränkt, mit ihrem dicken Bauch komisch anzusehen, sagte sie: «Hoffentlich ist Karl-Heinz besser über die Runden gekommen als wir.»
    Karl-Heinz! Dieses Arschloch! Wenn Owi den ins Jenseits beförderte, war’s wahrlich kein großer Verlust für die Menschheit.
    Brockmüller dachte an Zumpe. Wie’s dem wohl ging mit seiner Gallenkolik und seinem Magengeschwür und einer Frau, mit der es nichts anderes mehr gab als täglich Krieg… Er liebte sie und das Kind, sie aber ekelte sich vor ihm und wollte die Kleine für sich allein. Acht Jahre alt war Sigrid und überaus niedlich; ein Jahrzehnt lang waren sie verheiratet. Und nun das noch!
    Und die Lux? Die wirkte nur so dickfellig; tatsächlich war sie ziemlich sensibel. Sie lebte ganz allein und hatte niemanden, der sie trösten konnte.
    Aber ging’s ihm denn besser? Annelie regte das Ganze viel weniger auf als etwa ‘ne Mieterhöhung um 15 Prozent. Sie war so ruhig und gefaßt, daß er jedesmal vor Wut kochte, wenn er sie ansah. Mein Gott, hatte sie denn überhaupt keine Angst, daß er bei dieser Geschichte hier draufging? Owi war schließlich ein intelligenter Irrer, der nichts mehr zu verlieren hatte, weil er schon alles verloren hatte.
    «Ist dir eigentlich scheißegal, was mit mir passiert?» Brockmüllers Stimme klang gepreßt, ein bißchen weinerlich.
    «Begreif doch endlich, daß ich so tun muß, als sei nichts passiert. Ich hab ‘ne furchtbare Angst vor ‘ner Frühgeburt. Du weißt doch selber, daß sie Carsten nicht durchgekriegt haben – und da waren’s auch bloß fünf Wochen.»
    Carsten war der Sohn ihrer Schwester. Ja, aber das war eine Verkettung von unglücklichen Umständen, das wiederholte sich nicht.
    «Ich bin dafür, daß wir die Geburt einleiten lassen», sagte Brockmüller. «Die Angst jetzt ist doch viel schlimmer, das gibt womöglich bleibende Schäden, und…»
    «Ich hab keine Angst. Das ist doch alles Theater – da steckt doch nichts dahinter! Ihr laßt euch doch alle von diesem Blödmann ins Bockshorn jagen. Der Owi – daß ich nicht lache!»
    Brockmüller schwieg und starrte an die Decke. Seit das Kind unterwegs war, kümmerte sich Annelie herzlich wenig um ihn. Nur noch das Kind! Er hatte seine Schuldigkeit getan, er konnte gehen. Andere Frauen kamen um vor Angst, daß ihnen der Vater ihres Kindes starb,aber sie… Na ja, vielleicht hatte sie recht. Wenn sie wirklich so ‘ne neurotische Angst vor ‘ner Frühgeburt hatte… Bei schwangeren Frauen wußte man nie.
    Es klopfte. Olscha:
    «Ich darf mir doch mal ‘ne Tasse Kaffee kochen?»
    «Sie können mit uns zusammen frühstücken.»
    «Okay.»
    An diesem Morgen geriet seine altbewährte Ordnung völlig durcheinander. Erst blockierte Olscha die Toilette, dann Annelie. Das Brot lag im Kühlschrank und die Butter noch im Einkaufsnetz, seine Aktentasche stand umgekippt auf dem Korridor und seine Schuhe fand er in der Besenkammer; der Heißwasserbereiter platzte fast vor Dampf und abgewaschene Tassen gab es auch keine.
    Das hältst du nicht mehr lange aus!
    Brockmüller, seit Jahren auf Bewegungsrationalisierung und optimale Organisierung menschlichen Handelns ausgerichtet, litt unter diesem Tohuwabohu, als würde man ihn foltern.
    Endlich saßen sie am Frühstückstisch, alle drei übernächtigt, Annelie noch im Morgenmantel. Das Radio dröhnte. Es stank, weil Olschas Weißbrotscheibe im Toaster verbrannt war. Wenn er im Ernstfall genauso schnell reagierte, dann gute Nacht, Marie!
    Olscha konnte sich noch immer nicht darüber beruhigen, daß sie nicht Mannhardts Vorschlag gefolgt und allesamt mit Kind und Kegel für ein paar Tage oder Wochen möglichst weit weggefahren waren.
    «Ich kann mir nicht vorstellen, daß Ossianowski in Garmisch auch ‘ne Bombe versteckt hat.»
    «Aber wenn er sich wirklich ‘n Killer gemietet hat, der kommt auch nach Garmisch.»
    Doch das war nicht der eigentliche Grund, warum sie in Berlin geblieben waren, auch nicht Kuhrings Argument, man dürfe sich von Owi nicht einschüchtern und zum Narren machen lassen. Wir gehen morgen früh an unsere Arbeit und tun so, als wäre nichts geschehen. Morgen früh um halb acht sitzen wir alle in der Mansfelder Straße und arbeiten. Das stand sicher heute in der Morgenzeitung, schön markig.
    In Wahrheit entsprang ihr Mut der Angst, eine Menge zu verlieren, wenn sie die Flucht ergriffen. Kuhring hatte Feinde in der E UROMAG und fürchtete – wohl nicht

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