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Ein Toter fuehrt Regie

Ein Toter fuehrt Regie

Titel: Ein Toter fuehrt Regie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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zu Unrecht –, daß man Owis Racheakte als willkommenen Anlaß benutzen könnte, seine ebenso überflüssige wie gefährliche Sondergruppe kurzerhand aufzulösen. Sicher, noch deckte sein Generaldirektor ihn, aber wie lange noch? –Auch Zumpe hatte vermutlich nicht das geringste Interesse daran, Berlin zu verlassen, denn das hätte den Anfang vom Ende seiner Ehe bedeuten können. Und Brockmüller selber? Er konnte doch Annelie in ihrem Zustand nicht allein lassen…
    Olscha quatschte was von seiner Zeit in Hiltrup, wo man ihm auf irgendeiner Schule das Schießen und ähnliches beigebracht hatte. Annelie hatte nichts anderes im Kopf als die Frage, ob wohl die dicke maisgelbe Wolle vom Versandhaus heute kommen würde oder nicht, damit sie die Decke für Anna-Lenas Wagen noch häkeln konnte.
    «… nach drei Jahren Streife hab ich mich bei der Kripo gemeldet und bin auch gleich genommen worden – alle Tests glänzend bestanden…»
    «… es ist mein erstes Kind, und ich bin schon bald zehn Jahre älter als Ihre Frau, Herr Olscha, da ist es gefährlicher…»
    «… Mannhardt meint, wenn ich mich weiter so entwickle, dann bin ich bald im gehobenen Dienst. Da gibt es nämlich Aufstiegslehrgänge, und ich…»
    «… ich will ihr auch noch was häkeln, ein paar Jäckchen hab ich ja schon, aber die schicken mir die Wolle nicht…»
    Wenn die doch bloß alle beide die Schnauze hielten!
    Brockmüller hatte das Gefühl, in einem Restaurant als ungebetener Gast bei einem fremden Ehepaar am Tisch zu sitzen. Mal hörte er hin, was die beiden sagten, wenn auch nur mit halbem Ohr, mal war er mit seinen Gedanken ganz woanders.
    Heute wirst du sterben.
    Da war’s wieder. Wie von einem Endlosband, einer Schlaufe, die ohne Unterlaß um beide Spulen lief. Und es gab nichts, was diese Stimme löschen konnte, weder der Schlaf noch der eigene Wille, noch Librium…
    «Dann wollen wir mal, was?» Olscha erhob sich.
    Brockmüller folgte ihm wie in Trance. Er küßte Annelie, ohne es Sekunden später zu wissen, er setzte sich in ihren 500er Fiat, ohne sich anschließend daran zu erinnern, wie er dort eigentlich hineingekommen war.
    «Der Wagen ist die ganze Nacht über in der Garage bewacht worden», sagte Olscha. «Sie brauchen nichts zu befürchten. Ich fahr mit dem Opel da immer ein paar Meter hinter Ihnen her. Bis dann!»
    Brockmüller fuhr los, und er kam sich vor wie ein bewegliches Ziel, das an einer Strippe an den wartenden Schützen vorbeigezogen wird. Der Killer… Gab’s so was überhaupt? Wie findet man eigentlich einen, der so was macht?
    Mensch, sie hatten doch alle schon ‘ne Macke!
    Er fuhr die breite Königsstraße hinunter; Olscha blieb hinter ihm. Alles in Brockmüller war angespannt, alles in ihm wartete auf einen Knall, der das Ende war. Das Warten auf den Urknall, dachte er, aber Ironie lag ihm heute offenbar nicht. Doch nichts geschah.
    Natürlich geschah nichts.
    Im vorigen Jahr zu dieser Zeit hatte er auf Ibiza am Strand gelegen, nichts geahnt von dem, was jetzt, 365 Tage später, hier in Berlin los war. Wenn man doch bloß alles wieder zurückdrehen könnte! Fast hätte er gebetet: H ERR , laß mich wieder an der Cala San Clemente in der Sonne liegen.
    Was wird in einer Stunde sein?
    Was wird morgen sein?
    Ob er noch einmal drüben im Wannsee baden konnte?
    Du bist ja verrückt!
    Allerdings.
    Zum erstenmal, seit er sie morgens mitnahm, freute er sich, als nun am Bahnhof Wannsee die Lux in seinen Wagen stieg.
    «Mensch, ist das ein kleines Ding», schimpfte sie, «richtiges Schlaglochsuchgerät!»
    «Der Rolls-Royce wird erst morgen geliefert.»
    «Läßt sich denn an Ihrem anderen Wagen noch was machen?»
    «Mal sehen.»
    Damit waren sie schon beim Thema.
    «Mir hat Mannhardt eine Beamtin von der weiblichen Kriminalpolizei geschickt», sagte die Lux. «Aus moralischen Gründen wohl. Eine Frau Specht. Wir haben die halbe Nacht Scrabble gespielt.» Sie hatte dicke Ringe unter den Augen und sah auch sonst ziemlich mitgenommen aus.
    Sie kamen, was wohl unvermeidlich war, auf Owi zu sprechen.
    «Wie kann man nur auf solche Ideen kommen!» sagte die Lux.
    «Man kann schon…» brummte Brockmüller.
    «Also, wenn Sie meine Meinung wissen wollen…» Sie holte tief Luft, und der aufgestaute Haß brach aus ihr heraus: «Den hätten schon die Nazis umbringen sollen, dann hätten sie wenigstens ein gutes Werk getan.»
    Brockmüller war allergisch gegen faschistische Sprüche, wußte jedoch aus Erfahrung, daß es keinen

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