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Ein Toter fuehrt Regie

Ein Toter fuehrt Regie

Titel: Ein Toter fuehrt Regie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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das Programm seines Wesens verrät: das Viehische. Nur vordergründig ist er Schönling, ist er Playboy. Ist diese Maske fortgerissen, erscheint der wahre Kuhring: grobschlächtig und dröhnend, saufend und hurend. Sehen Sie doch, wie seine Züge den Landsknecht offenbaren, den ewigen Landsknecht, der auf der Bühne des Jahres 1972 mit Schlips und Kragen als Führungskraft erscheint und doch derselbe ist, der dreihundert Jahre früher in Wallensteins Lager die Szenerie beherrschte. Als Beute nicht mehr die Schätze geplünderter Häuser, sondern den Rang des Hauptabteilungsleiters. Jedem Feinen, jedem Intellektuellen zutiefst abhold, besitzt er neben einem hohen Intelligenzquotienten die beneidenswerte Gabe, Kumpane zu finden, was ihn indessen nicht davor bewahrt, stets von Feinden umzingelt zu sein, da andere Landsknechte mit ihm wetteifern, die wiederum ihre Kumpane haben, aber auch ehrenwerte Männer, die ihn voller Abscheu treffen. So hat er in einem unserer jetzigen Aufsichtsratsmitglieder einen sehr intimen Feind, der seinem und meinem Chef nahegelegt hat, Kuhrings unaufhaltsamen Aufstieg vorerst zu stoppen, und Donnersmarck trotz aller Verbundenheit nicht anders konnte, als ihn aufs Abstellgleis zu schieben. So wurde die Sondergruppe für Systemplanung gegründet, um Kuhring, wie man sich bei uns allgemein auszudrücken pflegt, «aus dem Verkehr zu ziehen». Weder ein Sitz im Vorstand noch der begehrte Posten in New York, weder ein Platz im Aufsichtsrat einer unserer vielen Töchter noch eine Kandidatur für den Bonner Bundestag sind ihm zuteil geworden, sondern man hat ihm lediglich die Leitung einer Arbeitsgruppe übertragen, die, wie alle wissen, lediglich für den Papierkorb produziert. Mit ihr allerdings mußte er abgefunden werden, weil im anderen Falle ein Amoklauf seinerseits zu befürchten gewesen wäre, woran seinen Freunden bei der Fülle ihrer Skandale wenig gelegen sein konnte. So ist Kuhring, mag er noch so sehr als Mensch erscheinen, der vor Fröhlichkeit schier birst, mag er bei den Frauen noch so viele Erfolge feiern, zutiefst verbittert. Nimmt man seine hochgesteckten Ziele als Maßstab, so ist er gescheitert. Weshalb und warum man an der Spitze seiner Clique wohl beschlossen hat, Kuhring von den industriellen wie von den parlamentarischen Fleischtöpfen fernzuhalten, ist mir als Außenstehendem natürlich weithin verborgen geblieben; es gibt Gerüchte, denen zufolge er unserem jetzigen Aufsichtsrat ehemals bei der langangelegten Aufnahme von Kontakten zum Osten politisch in den Rücken gefallen ist – sieht er doch in jedem, der auch nur mit Sozialisten spricht, den ärgsten Staatsfeind. Ich vermute jedoch eher, daß man im Spitzenclan Kuhring als Führungskraft nicht akzeptieren will, da sein erstarrtes Denken dort ebenso bekannt sein dürfte wie seine Anfälligkeit für Bestechungen. Jedenfalls ist Kuhring in seiner Clique – wie man in Berlin heute sagt – völlig unten durch. Unübertroffener Meister des betrieblichen Dschungelkampfes ist er wohl, nur – man hat ihn höherenorts langfristig an die Kette gelegt.
    Anders dagegen erklären sich die Frustrationen des Kollegen Ulrich Zumpe, die nur zum Teil, wie man heute zu sagen pflegt, strukturbedingt sind, zum anderen aber im persönlichen wurzeln. Mit Sicherheit werden Sie, sehr verehrter Herr Kommissar, inzwischen auch schon in Erfahrung gebracht haben, daß Zumpe als einziger von uns wirklich Beachtliches für die E UROMAG geleistet hat. So ist das Entstehen unseres Werkes in Santander, Spanien, einzig und allein seiner Tatkraft zuzuschreiben, ebenso wie die Tatsache, daß man heute in Dublin unter unserem Firmennamen Druckmaschinen baut. Doch besondere Vorteile sind ihm aus seiner großartigen Leistung bislang nicht erwachsen, und es schmerzt ihn sehr, nur graduierter Ingenieur zu sein, ohne Abiturium und Universitätsbesuch, ohne Protektion und Sinn für Eigenwerbung. So beruht seine psychosomatische Erkrankung nicht zuletzt darauf, daß er ständig Kollegen mit geringerem Leistungsstandard an sich vorbeiziehen sieht und von ihnen auch noch mit spöttischen Bemerkungen bedacht wird, weil es allenthalben zu Verärgerungen kommt, wenn er seinen größeren Praxisbezug und seine Erfahrungen in den Vordergrund stellt und den anderen gegenüber so auftritt, als sei er der Magister und sie die Schüler, die sich seiner Durchlaucht voller Demut zu nähern hätten.
    Doch dies allein hätte ihn niemals so gallig werden lassen, wie Sie ihn

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