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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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Corona anbot.
    »Herzlichen Dank«, sagte Lord Peter, »aber Sie dürfen mich nicht in Versuchung führen, hier den ganzen Nachmittag herumzuschwatzen. Beim Zeus, Mr. Milligan, wenn Sie Ihren Besuchern so bequeme Sessel und solche Zigarren anbieten, wundere ich mich, daß sie nicht herkommen und gleich in Ihrem Büro wohnen.« Und im Geiste fügte er hinzu: »Wollte Gott, ich könnte dir mal diese langen, spitzen Schuhe ausziehen. Wie soll man da die Größe deiner Füße abschätzen? Und ein Kopf wie eine Kartoffel. Da soll der Mensch nicht fluchen.«
    »Nun sagen Sie mir, Lord Peter«, sagte Mr. Milligan, »was ich für Sie tun kann.«
    »Also, wissen Sie«, begann Lord Peter, »das frage ich mich gerade selbst. Es ist geradezu unverschämt von mir, Sie darum zu bitten, aber eigentlich ist es ja meine Mutter. Eine wundervolle Frau, aber sie begreift nicht ganz, was es heißt, einem vielbeschäftigten Mann wie Ihnen Zeit zu nehmen. Wir haben es hier drüben nämlich nicht so eilig, Mr. Milligan.«
    »Aber ich bitte Sie«, antwortete Mr. Milligan; »ich würde mit Freuden alles tun, um der Herzogin gefällig zu sein.«
    Einen Augenblick war er sich nicht sicher, ob die Mutter eines Herzogs auch wirklich eine Herzogin war, doch atmete er auf, als Lord Peter fortfuhr: »Vielen Dank - das ist ungeheuer liebenswürdig von Ihnen. Also, die Sache ist die: Meine Mutter - die eine sehr energische, aufopferungsvolle Frau ist, nicht wahr? - möchte diesen Winter in Denver so eine Art Wohltätigkeitsbasar organisieren, um Geld für die Reparatur des Kirchendachs zusammenzubekommen, verstehen Sie? Ein trauriger Fall, Mr. Milligan - so eine schöne, alte, antike Kirche - frühenglische Fenster und wunderhübsches Engeldach und so weiter - und das alles verfällt - es regnet hinein - beim Frühgottesdienst holt der Vikar sich jedesmal einen Schnupfen wegen der Zugluft über dem Altar - Sie kennen das ja. Man hat schon jemanden für diese Arbeit gewonnen - einen kleinen Architekten namens Thipps - lebt mit seiner betagten Mutter in Battersea - ziemlich gewöhnlicher Mensch - aber wie man hört, versteht er sich recht gut auf Engeldächer und dergleichen.«
    Bei diesen Worten behielt Lord Peter seinen Gesprächspartner scharf im Auge, aber als seine lange Rede offenbar nur höfliches Interesse hervorrief, verbunden mit einem Hauch von Ratlosigkeit, gab er diese Taktik auf und fuhr fort: »Wissen Sie, ich muß mich wirklich bei Ihnen entschuldigen - leider rede ich wieder mal viel zu lange um die Sache herum. Nun, meine Mutter will also diesen Basar aufziehen und findet, ein paar Vorträge im Rahmenprogramm - kleine Plaudereien sozusagen - von herausragenden Geschäftsleuten aus aller Welt wären bei dieser Gelegenheit recht interessant. >Wie ich es geschafft habe<, etwas in dieser Art. >Ein Tropfen Öl für einen Benzinkönig< - >Geld, Gewissen und Kakao< und dergleichen. Das würde die Leute dort ungeheuer interessieren. Sehen Sie, alle Bekannten meiner Mutter würden dasein, und wir haben ja alle kein Geld - nicht was Sie unter Geld verstehen würden, meine ich – unsere Einkünfte zusammen dürften kaum für Ihre Telefonrechnung reichen, wie? - aber wir hören furchtbar gern Geschichten von Leuten, die wissen, wie man zu Geld kommt. Irgendwie gibt uns das so ein erhebendes Gefühl. Also, ich will sagen, meine Mutter wäre Ihnen jedenfalls über die Maßen dankbar, Mr. Milligan, wenn Sie zu uns kommen und als Vertreter Amerikas ein paar Worte an uns richten könnten. Es brauchen natürlich nicht mehr als zehn Minuten zu sein, denn die Leute dort kennen sowieso nicht viel außer Schießen und Jagen, und gerade die Freunde meiner Mutter können sich nie länger als zehn Minuten an einem Stück auf etwas konzentrieren, aber wir würden es bestimmt sehr begrüßen, wenn Sie zu uns kämen und ein, zwei Tage blieben, um uns ein paar passende Worte über den allmächtigen Dollar zu sagen.«
    »Hm, ja«, sagte Mr. Milligan, »das tue ich gern, Lord Peter. Sehr freundlich von der Herzogin, so etwas anzuregen. Es ist so schade, wenn solche schönen alten Antiquitäten vor die Hunde gehen. Ich werde mit dem größten Vergnügen kommen. Und vielleicht wären Sie so freundlich, eine kleine Spende für den Restaurierungsfonds entgegenzunehmen.«
    Diese unerwartete Entwicklung riß Lord Peter fast aus dem Gleichgewicht. So einen gastfreundlichen Herrn unter einem raffinierten Vorwand auszuhorchen, weil man ihn eines besonders heimtückischen

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