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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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Stellung halten?«
    »Anderson ist nicht Levy. Er hat die nötigen Drachmen nicht. Außerdem ist er allein. Levy hat eine beherrschende Stellung - er könnte Milligans vermaledeite Eisenbahn boykottieren, wenn er wollte, sitzt also am längeren Hebel, verstehst du?«
    »Ich glaube, ich habe diesen Milligan mal irgendwo kennengelernt«, sagte Lord Peter bedächtig. »Ist das nicht so ein ungeschlachter Mensch mit schwarzen Haaren und Bart?«
    »Du mußt jemand andern im Kopf haben«, entgegnete der Ehrenwerte Freddy. »Milligan ist nicht größer als ich - oder nennst du einsachtundsiebzig schon ungeschlacht? - und kahl ist er auch.«
    Lord Peter ließ sich das beim Gorgonzola durch den Kopf gehen. Schließlich meinte er: »Ich wußte gar nicht, daß Levy so ein reizendes Töchterchen hat.«
    »O doch«, sagte der Ehrenwerte Freddy mit allzu deutlichem Desinteresse. »Hab sie und ihre Mama letztes Jahr im Ausland kennengelernt. So bin ich ja auch an den Alten gekommen. Er war sehr nett. Hat mich schön in dieses Argentiniengeschäft einsteigen lassen.«
    »Na ja«, meinte Lord Peter, »du könntest schlechter fahren. Geld ist Geld, nicht? Und Lady Levy ist ein mildernder Umstand. Zumindest kannte meine Mutter ihre Familie.«
    »O ja,  sie  ist völlig in Ordnung«, erklärte der Ehrenwerte Freddy, »und für den alten Herrn braucht man sich heutzutage auch nicht mehr zu schämen. Schön, er ist ein Emporkömmling, aber er versucht auch gar nichts anderes zu sein. Gibt kein bißchen an. Fährt jeden Morgen mit dem 5er Bus ins Geschäft. >Ich kann mich nicht für Taxis erwärmen, mein Junge<, sagt er. >Als junger Mann mußte ich jeden halben Penny zweimal umdrehen, und das kann ich mir jetzt nicht mehr abgewöhnen.< »Wenn er allerdings seine Kamille ausführt, ist ihm nichts zu gut und zu teuer. Rachel - das ist die Tochter - lacht immer über die kleinen Knausereien des Alten.«
    »Man hat doch sicher nach Lady Levy geschickt«, meinte Lord Peter.
    »Das denke ich auch«, pflichtete der andere bei. »Ich müßte wohl mal hin und meine Anteilnahme zeigen oder so, was meinst du? Würde sonst einen schlechten Eindruck machen, wie? Aber ziemlich peinlich ist es schon, was soll ich nur sagen?«
    »Ich glaube, darauf kommt es nicht so sehr an«, antwortete Lord Peter hilfsbereit. »Ich würde fragen, ob ich was tun könnte.«
    »Danke«, sagte der Verliebte. »Das mache ich. Tatkräftiger junger Mann. Können sich ganz auf mich verlassen. Immer zu Ihren Diensten. Rufen Sie mich zu jeder Tages- und Nachtzeit an. Das dürfte der richtige Ton sein, wie?«
    »So ist es«, sagte Lord Peter.
    *
    Mr. John P. Milligan, der Londoner Repräsentant der großen Milligan Eisenbahn- und Transportgesellschaft, diktierte seinem Sekretär gerade in einem Büro in der Lombard Street ein paar verschlüsselte Telegramme, als ihm eine Visitenkarte gebracht wurde, auf der nur stand:
    LORD PETER WIMSEY  Marlborough Club
    Mr. Milligan ärgerte sich über die Störung, aber wie viele seiner Landsleute hatte er eine Schwäche für den britischen Adel. Er verschob die Tilgung einer Farm von der Landkarte um ein paar Minuten und befahl, seinen Besucher hereinzuführen.
    »Guten Tag«, sagte der Edelmann, indem er leutselig hereinspaziert kam, »es ist ungemein liebenswürdig von Ihnen, mich zu empfangen und sich von mir die Zeit stehlen zu lassen. Ich will versuchen, Sie nicht zu lange aufzuhalten, obwohl es mir immer schwerfällt, bei der Sache zu bleiben. Mein Bruder hat mich nie für die Grafschaft kandidieren lassen - er sagt, ich rede so weitschweifig, daß niemand mitkriegt, was ich überhaupt sagen will.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen, Lord Wimsey«, sagte Mr. Milligan. »Bitte, nehmen Sie doch Platz.«
    »Danke«, sagte Lord Peter, »aber ich bin kein Peer, müssen Sie wissen - das ist mein Bruder Denver. Mein Name ist Peter. Ein alberner Name, finde ich, so altmodisch und brav und so weiter, aber dafür sind wohl offiziell meine Taufpaten verantwortlich - was ein bißchen ungerecht gegen sie ist, denn sie haben den Namen ja nicht eigentlich ausgesucht. Wir haben schon immer einen Peter in der Familie, seit dem dritten Herzog, der im Krieg der Rosen fünf Könige hereingelegt hat, was allerdings bei näherer Betrachtung auch wieder kein Grund zum Stolz ist. Aber man muß das beste daraus machen.«
    Mr. Milligan, durch seine Unwissenheit in Nachteil gebracht, versuchte verlorenen Boden zurückzugewinnen, indem er seinem Gast eine Corona

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