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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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an der Börse spielt. Was diesen Milligan angeht, der  scheint  soweit in Ordnung zu sein, aber ich halte ihn im Geschäftsleben für ziemlich skrupellos, und man kann nie wissen. Zudem hat er einen rothaarigen Sekretär - ein Rechengenie mit Fischgesicht, schweigt sich beharrlich aus - ich glaube, er hat irgendwo eine dunkle Haut im Stammbaum. Milligan hätte ein prächtiges Motiv, Levy wenigstens für ein paar Tage aus dem Verkehr zu ziehen. Und dann wäre da die neue Figur.«
    »Was für eine neue Figur?«
    »Der mit dem Brief, von dem ich gesprochen habe. Wo habe ich ihn nur hingetan? Ah, da ist er. Gutes Pergamentpapier, Briefkopf eines Anwaltbüros in Salisbury, entsprechender Poststempel. Fein säuberlich mit spitzer Feder von älterem Geschäftsmann mit altmodischen Gepflogenheiten geschrieben.«
    Parker nahm den Brief und las:

    CRIMPLESHAM & WICKS
Anwälte Milford Hill, Salisbury
17. November
Sir, bezugnehmend auf Ihr heutiges Inserat in den persönlichen Anzeigen der  Times  sehe ich mich zu der Annahme veranlaßt, daß es sich bei der genannten Brille mit Kette um diejenige handelt, die ich am vergangenen Montag während eines Londonaufenthalts in einem Zug der London-Brighton & Southcoast-Eisenbahngesellschaft verloren habe. Ich bin um 17.45 Uhr vom Victoria-Bahnhof abgefahren und habe den Verlust erst bei meiner Ankunft in Balham bemerkt. Diese Angabe sowie die beigefügte augenärztliche Spezifikation der Gläser dürften für die Identifizierung sowie als Beweis für meinen guten Glauben ausreichen. Sollte es sich bei der Brille tatsächlich um die meine handeln, wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn ich sie freundlicherweise per eingeschriebener Post zurückbekommen könnte, da die Kette ein Geschenk von meiner Tochter und somit eine der größten Kostbarkeiten ist, die ich besitze.
    Mit verbindlichem Dank im voraus für Ihre Freundlichkeit, sowie aufrichtigem Bedauern für die Umstände, die ich Ihnen verursache, bin ich Ihr sehr ergebener Thos. Crimplesham (Anlage)

    »Meine Güte«, sagte Parker, »so etwas nenne ich unerwartet.«
    »Entweder ist das Ganze ein krasses Mißverständnis«, meinte Lord Peter, »oder dieser Mr. Crimplesham ist ein ausgesprochen tollkühner und raffinierter Schurke. Oder es könnte natürlich auch die falsche Brille sein. Diesen Punkt können wir wohl auf der Stelle klären. Die Brille ist, wie ich annehme, bei Scotland Yard. Ruf doch bitte mal dort an und laß die Gläser sofort von einem Optiker vermessen - und frag bei der Gelegenheit, ob es alltägliche Gläser sind.«
    »Recht hast du«, sagte Parker und nahm den Hörer von der Gabel.
    »Und nun«, sagte sein Freund, nachdem die Anweisungen durchgegeben waren, »komm mal kurz mit in die Bibliothek.« Auf dem Bibliothekstisch hatte Lord Peter eine Serie von Photoabzügen ausgebreitet, manche schon trocken, manche noch feucht, manche sogar erst halb gewässert. »Diese kleinen hier sind die Originalabzüge von den Platten«, erklärte Lord Peter, »und das hier sind Vergrößerungen, alle im selben Maßstab angefertigt. Dieses eine hier stellt den Fußabdruck auf dem Linoleum dar; das legen wir fürs erste beiseite. Und nun können wir diese Fingerabdrücke in fünf Gruppen einteilen. Ich habe sie gleich auf den Bildern selbst numeriert - siehst du? - und eine Liste zusammengestellt:
    A. Die Fingerabdrücke von Levy selbst, gefunden an dem Buch auf seinem Nachttisch und der Haarbürste - der und der - die kleine Narbe am Daumen ist nicht zu verkennen.
    B. Die Kleckse von den behandschuhten Fingern des Mannes, der Montag nacht in Levys Zimmer geschlafen hat. Sie zeigen sich deutlich auf der Wasserflasche und den Schuhen - und sie überlagern die von Levy. Sehr deutlich zu erkennen sind sie an den Schuhen - erstaunlich deutlich für Handschuhe, woraus ich schließe, daß es Gummihandschuhe waren, die sich kurz zuvor noch in Wasser befunden hatten.
    Hier ist noch ein interessanter Punkt. Levy ist, wie wir wissen, Montag nacht im Regen herumgelaufen, und diese dunklen Flecken sind Dreckspritzer. Du siehst, daß sie in allen Fällen  über  Levys Fingerabdrücken liegen. Nun sieh her: Auf dem linken Schuh sind diese Schmutzspritzer auf dem Leder oberhalb des Absatzes von den Daumenabdrücken des Fremden überlagert. Das ist schon eine eigenartige Stelle für einen Daumenabdruck - das heißt, wenn Levy sich die Schuhe selbst ausgezogen hätte, nicht? Aber an dieser Stelle würde man Daumenabdrücke nur erwarten, wenn

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