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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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mehr zu der Annahme, daß er Battersea überhaupt je verlassen hat.«
    »Richtig. Aber es gibt in Battersea nicht nur Thipps' Badezimmer. Überhaupt ist das bei Licht betrachtet der einzige Ort, an dem er nach unserem sicheren Wissen  nicht  gewesen ist. Was hat also Thipps' Badezimmer noch damit zu tun?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Lord Peter. »Na ja, vielleicht bekommen wir heute ein paar bessere Anhaltspunkte in die Hand.«
    Er lehnte sich in seinen Sessel zurück und blätterte eine Weile rauchend in den Zeitungen, die Bunter schon für ihn angezeichnet hatte. »Dich haben sie schön ins Rampenlicht gestellt«, sagte er. »Gott sei Dank haßt Sugg mich zu sehr, um auch noch Reklame für mich zu machen. Was ist das für eine ausnehmend langweilige Kleinanzeigenspalte! >Liebste Pipsey, komm bald zurück zu deinem verzweifelten Popsey< - und der übliche junge Mann in Geldnöten sowie der übliche Aufruf >Gedenke deines Schöpfers in den Tagen deiner Jugend.< Hallo! Da hat's geläutet. Aha, die Antwort von Scotland Yard.«
    Der Bericht von Scotland Yard enthielt eine Spezifikation der Brillengläser, die mit der von Mr. Crimplesham übersandten identisch war, zudem die Anmerkung, daß es eine ungewöhnliche Brille sei, erstens wegen der besonderen Stärke der Gläser und zweitens wegen der Unterschiedlichkeit auf beiden Augen.
    »Das dürfte genügen«, sagte Parker.
    »Ja«, sagte Wimsey. »Damit schließt Möglichkeit Nummer drei also aus. Bleiben die Möglichkeiten Nummer eins: Zufall oder Mißverständnis, und Nummer zwei: ein besonders bösartiges Verbrechen, das Kühnheit und Raffinesse verrät - zwei Eigenschaften übrigens, die für den oder die Urheber unserer beiden Probleme charakteristisch sind. Nach der Methode, die man uns an der Universität, wo zu studieren ich die Ehre hatte, eingeimpft hat, werden wir also nun die verschiedenen aus Möglichkeit Nummer zwei sich ergebenden Überlegungen getrennt voneinander betrachten. Diese Möglichkeit kann man wiederum in zwei oder mehr Hypothesen unterteilen. Nach Hypothese eins (die mein distinguierter Kollege Professor Snupshed bevorzugt) ist der Verbrecher, den wir als X bezeichnen wollen, nicht mit Chrimplesham identisch, sondern hat dessen Namen als Aushänge- oder Schutzschild benutzt. Diese Hypothese kann man weiterhin unterteilen in zwei Alternativen. Alternative A: Crimplesham ist ein unschuldiger und unwissender Komplize, und X steht in seinen Diensten. X schreibt in Crimpleshams Namen und auf Crimpleshams Geschäftspapier und erreicht, daß der fragliche Gegenstand, d.h. die Brille, an Crimpleshams Adresse geschickt wird. Er ist in einer Position, die es ihm erlaubt, das Päckchen abzufangen, bevor es Crimplesham erreicht. Die Voraussetzung dafür ist, daß es sich bei X um Crimpleshams Putzfrau, Büroboten, Schreiber, Sekretär oder Diener handelt. Das eröffnet den Ermittlungen ein weites Feld. Die Ermittlungsmethode wird darin bestehen, mit Crimplesham zu sprechen und herauszubekommen, ob er diesen Brief geschrieben hat oder, wenn nicht, wer Zugang zu seiner Korrespondenz hat. Alternative B: Crimplesham steht unter dem Einfluß von X und wurde zur Abfassung dieses Briefes durch a) Bestechung, b) falsche Vorspiegelungen oder c) Drohungen genötigt. X könnte in diesem Falle ein redegewandter Freund oder Angehöriger sein oder ein Gläubiger, Erpresser oder Mörder; Crimplesham auf der anderen Seite ist dann entweder käuflich oder dumm. Als Ermittlungsmethode schlage ich in diesem Falle wiederum zögernd eine Unterredung mit Crimplesham vor, bei der ihm die Fakten glasklar unterbreitet werden und ihm in den beeindruckendsten Worten klargemacht wird, daß ihn als Mitwisser in einem Mordfall eine längere Freiheitsstrafe erwartet - ähäm! Im Vertrauen darauf, meine Herren, daß Sie mir bis hierher gefolgt sind, werden wir uns nun der Hypothese Nummer zwei zuwenden, zu der ich persönlich neige und wonach X mit Crimplesham identisch ist.
    In diesem Falle wird Crimplesham, der, um es mit den Worten eines englischen Klassikers zu sagen, ein Mann von unerschöpflichem Einfallsreichtum und Mut ist, sich völlig zu recht gesagt haben, daß wir eine Reaktion auf unser Inserat zuallerletzt vom Verbrecher selbst erwarten würden. Also versucht er kühn zu bluffen. Er denkt sich eine Gelegenheit aus, bei der ihm der Kneifer sehr leicht abhanden gekommen sein könnte, und erhebt Anspruch darauf. Mit der Wahrheit konfrontiert, wird niemand erstaunter sein

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