Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
Vom Netzwerk:
warten lassen muß - Vermittlung! Jawohl, Scotland Yard - hallo! Ist dort Scotland Yard? Ist Inspektor Parker da? - Kann ich ihn sprechen? - Ich bin gleich soweit, meine Herren. - Hallo! Sind Sie es, Mr. Parker? Lord Peter wäre Ihnen sehr verbunden, Sir, wenn es Ihnen genehm wäre, nach Salisbury zu kommen. O nein, Sir, er erfreut sich ausgezeichneter Gesundheit, Sir - er ist eben in die Vesper gegangen, Sir - o nein, ich glaube, morgen früh würde ausgezeichnet passen, Sir, danke, Sir.«

6. Kapitel
    Es war Inspektor Parker im Grunde gar nicht genehm, London verlassen zu sollen. Er hatte am Spätvormittag zu Lady Levy gehen müssen, und danach waren seine Pläne für den Tag des weiteren durcheinandergebracht und er in seiner Arbeit behindert worden, weil ausgerechnet an diesem Nachmittag die vertagte gerichtliche Voruntersuchung wegen Thipps' unbekanntem Besucher stattfinden sollte, denn Inspektor Suggs Ermittlungen förderten offenbar nichts Greifbares zutage. Also hatte man die Geschworenen und Zeugen für heute nachmittag drei Uhr einbestellt. Mr. Parker hätte das Ereignis womöglich sogar noch verpaßt, wenn er heute morgen im Yard nicht zufällig Sugg über den Weg gelaufen wäre und ihm diese Information herausgezogen hätte wie einen widerspenstigen Zahn. Inspektor Sugg fand Mr. Parkers Einmischung letzten Endes ziemlich aufdringlich; außerdem war der Mann dick Freund mit Lord Peter Wimsey, und für die Aufdringlichkeit eines Lord Peter hatte Inspektor Sugg schon gar keine Worte. Er konnte jedoch auf die direkte Frage nicht gut leugnen, daß heute nachmittag eine gerichtliche Untersuchung stattfinden sollte, und ebensowenig konnte er verhindern, daß Mr. Parker das unveräußerliche Recht eines jeden interessierten britischen Bürgers in Anspruch nahm, dabeizusein. Kurz vor drei Uhr saß Mr. Parker also auf seinem Platz und beobachtete amüsiert die Bemühungen jener, die erst kamen, nachdem der Saal schon überfüllt war, durch Schmeichelei, Bestechung oder Einschüchterung noch einen günstigen Platz zu ergattern. Der Untersuchungsrichter, ein Mediziner mit pedantischen Gewohnheiten und phantasieloser Lebensanschauung, kam pünktlich, blickte grämlich über die dichtgedrängte Versammlung und ließ als erstes alle Fenster öffnen, woraufhin ein Strom neblig-feuchter Luft die Köpfe jener Unglücklichen umwehte, die auf der Fensterseite saßen. Das löste einige Bewegung und den einen oder anderen Mißfallensruf aus, was der Untersuchungsrichter jedoch mit dem gestrengen Hinweis unterband, daß ein ungelüfteter Saal bei der zur Zeit wieder umgehenden Grippe eine Todesfalle sei; wer etwas gegen geöffnete Fenster habe, dem stehe es schließlich frei, den Saal zu verlassen, und wenn noch irgendwelche weiteren Störungen vorkämen, würde er ihn sowieso räumen lassen. Daraufhin schob er sich ein Hustenbonbon in den Mund und rief nach den üblichen Einleitungsfloskeln vierzehn brave, gesetzestreue Bürger auf und ließ sie schwören, alle Fakten in bezug auf den Tod des Herrn mit dem Kneifer gewissenhaft zu prüfen und ehrlich zu erwägen sowie auf der Grundlage der vorgetragenen Zeugnisse einen gerechten Spruch zu fällen, so wahr ihnen Gott helfe. Nachdem ein Protest von einer Geschworenen - einer älteren Dame mit Brille, die einen Süßwarenladen betrieb und sich offenbar wünschte, wieder dort zu sein - vom Untersuchungsrichter in Bausch und Bogen verworfen worden war, verließen die Geschworenen den Saal, um die Leiche zu besichtigen. Mr. Parker schaute sich erneut um und sah, wie der unglückliche Mr. Thipps und das Hausmädchen namens Gladys unter strenger Polizeibewachung in einen Nebenraum geführt wurden. Ihnen folgte bald eine hagere alte Dame in Häubchen und Umhang. Mit ihr kam in einem prächtigen Pelzmantel und einem Autohäubchen von faszinierendem Zuschnitt die Herzoginwitwe von Denver, deren flinke dunkle Augen über der Versammlung hin und her huschten. Einen Augenblick blieb ihr Blick auf Mr. Parker ruhen, der schon mehrmals bei ihr zu Besuch gewesen war, und sie nickte ihm zu und sprach mit einem Polizisten. Nicht lange, und wie von Zauberhand öffnete sich eine Gasse im Gedränge, und Mr. Parker sah sich mit einem Sitz in den vorderen Reihen beehrt, gleich hinter der Herzogin, die ihn liebenswürdig begrüßte und fragte: »Was ist nur aus unserm armen Peter geworden?« Parker begann zu erklären, und der Untersuchungsrichter warf ärgerliche Blicke in ihre Richtung. Jemand ging zu

Weitere Kostenlose Bücher