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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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Fenster ihm mit großer Wucht in den Nacken gefallen wäre?«
    »Nein, in diesem Falle hätte man Würgemale und Verletzungen auch an der Kehle gefunden.«
    »Aber der Mann könnte durch einen schweren Gegenstand umgekommen sein, der unvorhergesehen auf ihn fiel?«
    »Das wäre denkbar.«
    »Ist Ihrer Ansicht nach der Tod sofort eingetreten?«
    »Das ist schwer zu sagen. Ein solcher Schlag könnte durchaus den sofortigen Tod herbeiführen, der Verletzte könnte aber auch in einem teilgelähmten Zustand noch eine Zeitlang weiterleben. Im vorliegenden Falle neige ich zu der Ansicht, daß er noch ein paar Stunden gelebt hat. Ich begründe diese Annahme mit dem Zustand des Gehirns, wie es sich uns bei der Obduktion präsentierte. Ich darf jedoch hinzufügen, daß Dr. Grimbold und ich uns in diesem Punkt nicht ganz einig sind.«
    »Wie ich gehört habe, wurde hinsichtlich der Identität des Toten eine Vermutung geäußert.  Sie  sind nicht zufällig in der Lage, ihn zu identifizieren?«
    »Keinesfalls. Ich habe ihn nie zuvor gesehen. Die Vermutung, auf die Sie sich beziehen, ist einfach lächerlich und hätte nie geäußert werden dürfen; hätte ich schon früher davon gehört, so hätte ich entsprechend darauf zu antworten gewußt, und ich möchte meine schärfste Mißbilligung darüber zum Ausdruck bringen, daß eine Dame, mit der ich die Ehre habe, bekannt zu sein, einem solch unnötigen Schock und Kummer ausgesetzt wurde.«
    Untersuchungsrichter:  »Das war nicht meine Schuld, Sir Julian; ich hatte nichts damit zu tun; ich bin mit Ihnen der Meinung, daß es ein bedauerlicher Fehler war, Sie nicht zu Rate zu ziehen.«
    Die Reporter schrieben eifrig mit, und im Gerichtssaal fragte man sich, wovon die Rede war, während die Geschworenen so zu tun versuchten, als ob sie es wüßten.
    »Nun zu der Brille, die bei der Leiche gefunden wurde, Sir Julian: Sagt diese einem Arzt etwas?«
    »Die Gläser sind reichlich ungewöhnlich; ein Augenarzt könnte Ihnen dazu Genaueres sagen, aber ich kann von mir aus feststellen, daß ich sie eher bei einem älteren Menschen vermutet hätte, als der Tote einer war.«
    »Konnten Sie als Arzt, der gewiß schon viele Menschen-Körper zu sehen Gelegenheit hatte, aus dem Erscheinungsbild des Toten auf seine Lebensgewohnheiten schließen?«
    »Ich würde sagen, daß es sich um einen Mann in guten Verhältnissen handelte, der allerdings erst kürzlich zu Geld gekommen war. Seine Zähne waren in einem schlechten Zustand, und seine Hände verrieten, daß er vor nicht langer Zeit noch körperlicher Arbeit nachgegangen sein muß.«
    »Möglicherweise etwa ein australischer Kolonist, der zu Geld gekommen war?«
    »In dieser Art, ja. Das kann ich natürlich nicht mit Bestimmtheit sagen.«
    »Selbstverständlich nicht. Vielen Dank Sir Julian.«
    Dr. Grimbold wurde aufgerufen und bestätigte die Aussagen seines berühmten Kollegen in allen Einzelheiten, mit der einzigen Ausnahme, daß seiner Ansicht nach der Tod erst mehrere Tage nach dem Schlag eingetreten sei. Er wagte es nur mit dem größten Zögern, Sir Julian Freke zu widersprechen, und betonte, daß er sich natürlich irren könne. Es sei in jedem Falle schwer zu sagen, und als er den Leichnam gesehen habe, sei dieser schon mindestens vierundzwanzig Stunden tot gewesen - nach seiner Ansicht.
    Inspektor Sugg wurde von neuem aufgerufen. Ob er den Geschworenen sagen könne, welche Schritte er zur Identifizierung des Toten unternommen habe?
    Eine Beschreibung sei an alle Polizeidienststellen geschickt und in allen Zeitungen veröffentlicht worden. Im Hinblick auf die von Sir Julian Freke geäußerte Vermutung: Ob auch in allen Häfen nachgefragt worden sei? Ja. Und ohne Ergebnis? Ohne jedes Ergebnis. Es habe sich niemand gemeldet, um den Toten zu identifizieren? Viele Leute hätten sich gemeldet, aber keiner habe den Toten identifizieren können. Habe man etwas unternommen, um den durch die Brille gegebenen Anhaltspunkten nachzugehen? Inspektor Sugg bat im Interesse der Aufklärung des Falles, diese Frage nicht beantworten zu müssen. Ob die Geschworenen die Brille sehen könnten? Die Brille wurde den Geschworenen übergeben.
    William Watts wurde aufgerufen und bestätigte die Aussage Sir Julian Frekes bezüglich der im Seziersaal vorhandenen Studienobjekte. Er erklärte, nach welchem System sie aufgenommen und registriert würden. Meist kämen sie aus den Armenhäusern und freien Hospitälern. Sie befänden sich unter seiner alleinigen Aufsicht.

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