Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
Vom Netzwerk:
geschlossen zu haben? Hm, nein, das könne sie nicht beschwören, nicht mit Sicherheit, aber als Mr. Thipps sie am Morgen ins Badezimmer gerufen habe, sei es auf jeden Fall offen gewesen. Sie sei nicht im Badezimmer gewesen, bevor Mr. Thipps hineinging. Doch, ja, es sei schon vorgekommen, daß sie das Fenster offen gelassen habe, wenn jemand abends ein Bad genommen und die Jalousie untengelassen habe. Mrs. Thipps habe am Montagabend ein Bad genommen, denn der Montag sei einer ihrer regelmäßigen Badeabende. Sie müsse sehr befürchten, daß sie das Fenster am Montagabend nicht geschlossen habe, obwohl sie sich lieber den Kopf abschlagen lassen wolle, als so vergeßlich zu sein.
    Hier brach die Zeugin in Tränen aus, und man gab ihr etwas Wasser zu trinken, während der Untersuchungsrichter sich mit einem dritten Hustenbonbon erfrischte.
    Nachdem die Zeugin wieder zu sich gekommen war, sagte sie, sie habe ganz bestimmt in alle Zimmer gesehen, bevor sie zu Bett gegangen sei. Nein, es sei ganz und gar unmöglich, daß in der Wohnung eine Leiche hätte versteckt liegen können, ohne daß sie etwas davon gemerkt hätte. Sie sei den ganzen Abend in der Küche gewesen, und es sei kaum Platz genug da, um das beste Eßservice irgendwo unterzubringen, geschweige eine Leiche. Die alte Mrs. Thipps habe im Wohnzimmer gesessen. Ja, sie sei sicher, daß sie auch ins Eßzimmer geschaut habe. Warum? Weil sie die Milch und Sandwichs für Mr. Thipps hingestellt habe. Dort sei nichts gewesen, das könne sie beschwören. Auch nicht in ihrem eigenen Schlafzimmer, und auch nicht in der Diele. Ob sie den Schlafzimmerschrank und den Speicher durchsucht habe? Hm, nein, durchsucht nicht, das könne man nicht sagen. Sie sei es nicht gewöhnt, ein Haus jeden Abend nach Leichen zu durchsuchen. Demnach hätte sich also ein Mensch auf dem Speicher oder in einem Schrank versteckt halten können? Das sei wohl möglich.
    Auf die Frage einer Geschworenen - nun ja, sie habe einen Freund. Williams heiße er, Bill Williams - ja, William Williams, wenn man es genau nehme. Er sei Glaser von Beruf. Ja, schon, er sei manchmal auch in der Wohnung gewesen. Ja, man könne vielleicht auch sagen, daß er mit der Wohnung vertraut sei. Ob sie je - nein, das habe sie nicht, und wenn sie gewußt hätte, daß man einem anständigen jungen Mädchen so eine Frage stellen würde, hätte sie sich nie zur Aussage bereit gefunden. Der Pfarrer von St. Mary könne ihr und Mr. Williams ein Charakterzeugnis ausstellen. Das letztemal sei Mr. Williams vor vierzehn Tagen in der Wohnung gewesen.
    Nein, es sei nicht gerade das letztemal gewesen, daß sie Mr. Williams gesehen habe. Ja, gewiß, das letztemal sei Montag gewesen - ja doch, Montag abend. Nun ja, wenn sie die Wahrheit sagen müsse, dann müsse sie eben. Ja, der Polizeibeamte habe sie belehrt, doch das sei ganz harmlos gewesen, und sie verliere immer noch besser ihre Stelle, als gehängt zu werden, aber es sei schon eine schändliche Grausamkeit, wenn ein Mädchen nicht einmal ein bißchen Spaß haben könne, ohne daß gleich eine gräßliche Leiche durchs Fenster hereinkomme und sie in Schwierigkeiten bringe. Nachdem sie Mrs. Thipps zu Bett gebracht habe, sei sie davongeschlichen und auf den Ball der Glaser und Klempner im »Schwarzen Hammel« gegangen. Mr. Williams habe sie abgeholt und wieder zurückgebracht. Er könne bezeugen, wo sie gewesen sei und daß daran nichts Schlimmes gewesen sei. Sie sei vor Ende des Balls wieder weggegangen. Es sei vielleicht zwei Uhr morgens gewesen, als sie nach Hause gekommen sei. Sie habe sich den Schlüssel zur Wohnung aus Mrs. Thipps' Schublade genommen, als diese gerade nicht hingeschaut habe. Sie habe darum gebeten, den Abend frei zu bekommen, aber sie habe nicht frei bekommen, weil Mr. Thipps diesen Abend nicht zu Hause gewesen sei. Es tue ihr furchtbar leid, daß sie sich so benommen habe, und sie sei ja gewiß auch dafür bestraft worden. Sie habe beim Nachhausekommen nichts Verdächtiges gehört. Sie sei geradewegs zu Bett gegangen, ohne zuerst noch die Wohnung zu kontrollieren. Sie möchte am liebsten tot sein.
    Nein, Mr. und Mrs. Thipps hätten sehr selten Besuch. Sie lebten ganz für sich und sehr zurückgezogen. Sie habe die Haustür am Morgen wie üblich verriegelt gefunden. Von Mr. Thipps würde sie nie etwas Böses denken.
    Danke, Miss Horrocks. Rufen Sie Georgiana Thipps auf, und der Herr Untersuchungsrichter meint, wir sollten besser die Gaslampen anzünden.
    Mrs.

Weitere Kostenlose Bücher