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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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kopfscheu gemacht?«
    »Eine Kette unvorhergesehener Zufälle. Levy war erkannt worden - meiner Mutter Sohn hatte unvorsichtigerweise in der  Times  annonciert, daß er mit dem geheimnisvollen Fall von Battersea zu tun hatte - ein Inspektor Parker (dessen Konterfei in letzter Zeit ein bißchen häufig in der illustrierten Presse erscheint) wurde bei der Untersuchungsverhandlung gleich neben der Herzogin von Denver sitzend gesehen. Frekes ganzes Bestreben war es, zu verhindern, daß die beiden Enden des Falles irgendwie miteinander in Verbindung kamen. Und da saßen nun zwei der Bindeglieder buchstäblich Seite an Seite. So mancher Verbrecher liefert sich durch übergroße Vorsicht ans Messer.«
    Parker schwieg.

11. Kapitel
    »Mein Gott, ist das eine Erbsensuppe!« sagte Lord Peter.
    Parker knurrte etwas und kämpfte sich gereizt in seinen Mantel.
    »Es erfüllt mich, wenn ich so sagen darf, mit der größten Befriedigung«, fuhr der edle Lord fort, »daß in einer Zusammenarbeit wie der unsern alle uninteressanten und unangenehmen Routinearbeiten von dir erledigt werden.«
    Parker knurrte wieder.
    »Rechnest du mit Schwierigkeiten wegen des Haftbefehls?« fragte Lord Peter.
    Parker knurrte zum drittenmal.
    »Ich nehme an, du hast dafür gesorgt, daß die ganze Geschichte still über die Bühne geht?«
    »Natürlich.«
    »Du hast die Leute vom Armenhaus zum Schweigen verpflichtet?«
    »Natürlich.«
    »Und die Polizei?«
    »Ja.«
    »Wenn nicht, dürfte es nämlich niemanden mehr zu verhaften geben.«
    »Mein lieber Wimsey, hältst du mich für dumm?«
    »Dergleichen Hoffnungen hatte ich nicht.«
    Parker knurrte ein letztesmal und verabschiedete sich.
    Lord Peter setzte sich hin, um in seinem Dante zu blättern, aber er fand keinen Trost darin. Das größte Hindernis für Lord Peters Karriere als Privatdetektiv war seine Privatschulerziehung. Trotz Parkers ständiger Ermahnungen konnte er sie doch nicht immer abstreifen. Sein Weltbild war in seiner Jugend durch »Raffles« und »Sherlock Holmes« beziehungsweise die Gesinnungen, für die sie stehen, verzerrt worden. Er entstammte einer Familie, die nie einen Fuchs mit dem Gewehr zur Strecke gebracht hatte. »Ich bin ein Amateur«, sagte Lord Peter.
    Dennoch traf er, während er sich mit Dante auseinandersetzte, seine Entscheidung.
    Am Nachmittag fand er sich in der Harley Street ein. Sir Julian Freke hielt in seiner Nervenpraxis jeweils dienstags und freitags von zwei bis vier Sprechstunde. Lord Peter läutete.
    »Sind Sie angemeldet, Sir?« fragte der Diener, der ihm öffnete.
    »Nein«, antwortete Lord Peter, »aber könnten Sie Sir Julian bitte meine Karte geben? Ich halte es für möglich, daß er mich auch ohne Anmeldung empfängt.«
    Er nahm in dem schönen Zimmer Platz, in dem Sir Julians Patienten auf seinen heilenden Rat warteten. Es war voll. Zwei oder drei modisch gekleidete Damen unterhielten sich über Läden und Dienstboten und spielten mit einem Schoßhündchen. Ein großer, besorgt dreinblickender Mann, der für sich allein in einer Ecke saß, schaute zwanzigmal in der Minute auf die Uhr. Wimsey kannte ihn vom Sehen. Es war Wintrington, ein Millionär, der sich vor ein paar Monaten das Leben zu nehmen versucht hatte. Er kontrollierte die Finanzen von fünf Ländern, aber seine eigenen Nerven hatte er nicht unter Kontrolle. Die Finanzen von fünf Ländern lagen jetzt in Sir Julian Frekes tüchtigen Händen. Beim Kamin saß ein soldatisch aussehender junger Mann, etwa in Lord Peters Alter. Sein Gesicht war vorzeitig zerfurcht und abgehärmt; er saß kerzengerade, und seine ruhelosen Augen huschten, jedem Geräusch folgend, hierhin und dorthin. Auf dem Sofa saß eine ältere Frau von bescheidenem Äußeren mit einem jungen Mädchen. Das Mädchen wirkte lustlos und unglücklich; der Blick der Frau verriet tiefe Zuneigung und Besorgnis, gemildert durch zaghafte Hoffnung. Gleich neben Lord Peter saß noch eine jüngere Frau mit einem kleinen Mädchen, und Lord Peter fielen an beiden die vorstehenden Wangenknochen und die schönen, grauen, etwas schräggestellten Augen der slawischen Rasse auf. Das Kind zappelte unruhig herum und trat Lord Peter auf die Lackschuhe, und die Mutter schalt es auf Französisch, bevor sie sich an Lord Peter wandte und sich entschuldigte.
    » Mais je vous en prie, Madame «, sagte der junge Mann. »Das macht doch nichts.«
    »Sie ist so nervös,  pauvre petite «, sagte die junge Frau.
    »Sind Sie ihretwegen hier?«
    »Ja. Er

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