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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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das Licht erst hinterher ausgemacht.«
    »Ganz recht - diese Handlungsweise drängte sich Ihnen ganz natürlich auf. War Ihnen warm?«
    »Ich glaube, das Feuer war heruntergebrannt. Mein Diener sagt, ich hätte mit den Zähnen geklappert, als ich zu ihm kam.«
    »So. Sie wohnen am Piccadilly?«
    »Ja.«
    »Dort geht wohl in der Nacht auch einiger Schwerverkehr durch?«
    »O ja, oft.«
    »Hm. Nun zu dieser Entscheidung, von der Sie sprachen - Sie hatten diese Entscheidung schon getroffen?«
    »Ja.«
    »Sie waren sich also schon klargeworden?«
    »Ja.«
    »Sie hatten beschlossen, das, worum es auch immer ging, zu tun?«
    »Ja.«
    »Vielleicht beinhaltete das eine Phase der Untätigkeit?«
    »Vergleichsweiser Untätigkeit, ja.«
    »Und Spannung - kann man das sagen?«
    »O ja - Spannung gewiß.«
    »Möglicherweise auch eine gewisse Gefahr?«
    »Ich glaube nicht, daß ich zu der Zeit bewußt daran gedacht habe.«
    »Nein, es handelte sich um einen Fall, in dem Sie nicht gut an sich selbst denken konnten.«
    »Wenn Sie es so ausdrücken.«
    »Aha. So. 1918 hatten Sie diese Anfälle häufig?«
    »Ja - ich war ein paar Monate sehr krank.«
    »Eben. Seitdem sind sie seltener wiedergekehrt?«
    »Sehr viel seltener.«
    »Aha. Wann hatten Sie den letzten?«
    »Vor etwa neun Monaten.«
    »Unter was für Umständen?«
    »Ich war beunruhigt wegen bestimmter Familienangelegenheiten. Es ging um irgendwelche Investitionen, und ich trug weitgehend die Verantwortung.«
    »Aha. Sie waren, soviel ich weiß, letztes Jahr an irgendeinem Kriminalfall beteiligt?«
    »Ja - an der Wiederauffindung von Lord Attenburys Smaragdhalsband.«
    »Erforderte das starke geistige Anstrengungen?«
    »Vermutlich ja. Aber es hat mir großen Spaß gemacht.«
    »Gut. Hatten die Anstrengungen bei der Lösung dieses Falles irgendwelche unerfreulichen physischen Folgen?«
    »Keineswegs.«
    »So. Der Fall hat Sie also interessiert, aber nicht mitgenommen?«
    »So ist es.«
    »Aha. Sie waren dann auch noch an anderen Ermittlungen dieser Art beteiligt?«
    »Ja. An ein paar kleinen.«
    »Mit nachteiligen Folgen für Ihre Gesundheit?«
    »Nicht im mindesten. Im Gegenteil. Diese Fälle waren für mich mehr eine Art Ablenkung. Ich hatte gleich nach dem Krieg etwas ziemlich Böses erlebt, was es mir sozusagen nicht gerade leichter gemacht hat.«
    »Oh! Sie sind nicht verheiratet?«
    »Nein.«
    »Na schön. Gestatten Sie, daß ich Sie kurz untersuche? Kommen Sie mal ein bißchen näher ans Licht. Ich möchte Ihre Augen sehen. Von wem haben Sie sich bisher beraten lassen?«
    »Von Sir James Hodges.«
    »Ah, ja - ein trauriger Verlust für die Medizin. Ein wirklich großer Mann - ein echter Wissenschaftler. Ja. Danke. Jetzt möchte ich einmal gern diese kleine Erfindung hier an Ihnen ausprobieren.«
    »Wozu ist sie gut?«
    »Nun - sie sagt mir einiges über die Reaktionen Ihrer Nerven. Setzen Sie sich hierher.«
    Die nun folgende Untersuchung war rein medizinischer Art. Als sie beendet war, sagte Sir Julian: »Also, Lord Peter, nun will ich Ihnen mit ganz unwissenschaftlichen Worten -«
    »Danke«, sagte Peter, »das ist sehr nett von Ihnen. Ich stelle mich bei langen Wörtern immer furchtbar dumm an.«
    »So, so. Haben Sie etwas fürs Theaterspielen übrig, Lord Peter?«
    »Nicht viel«, antwortete Peter ehrlich überrascht. »Ich finde es meist schrecklich langweilig. Warum?«
    »Ich dachte es nur«, sagte der Facharzt trocken. »Also gut. Sie wissen recht genau, daß diese Beanspruchungen, die Sie Ihren Nerven im Krieg zugemutet haben, ihre Spuren an Ihnen hinterlassen haben. Sie haben sozusagen kleine Wunden in Ihrem Gehirn hinterlassen. Empfindungen, die Ihre Nervenenden empfingen, schickten Botschaften an Ihr Gehirn und erzeugten dort winzige physische Veränderungen - Veränderungen, die wir erst jetzt allmählich zu entdecken beginnen können, selbst mit den empfindlichsten Instrumenten. Diese Veränderungen lösten ihrerseits wieder Empfindungen aus; oder ich sollte der Genauigkeit halber lieber sagen, daß Empfindungen nur die Namen sind, die wir diesen Gewebeveränderungen geben, wenn wir sie wahrnehmen. Wir nennen sie Schrecken, Angst, Verantwortungsgefühl und so weiter.«
    »Ich kann Ihnen folgen.«
    »Sehr schön. Wenn Sie jetzt diese beschädigten Stellen in Ihrem Gehirn stimulieren, laufen Sie Gefahr, die alten Wunden wieder aufzureißen. Ich meine, wenn Ihre Nerven Empfindungen empfangen, die solche Reaktionen hervorrufen, die wir Schrecken, Angst

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