Ein Traum in roter Seide
war sie genauso an der Sache beteiligt gewesen wie er.
„Bist du sicher, dass du unter dem Bootshaus keinen Sarg versteckt hast?" entgegnete sie leise in Anspielung auf seine letzte Bemerkung.
Tyler lachte. „Schade, du hast es erraten. Aber geh jetzt mit Cleo, während ich den armen Hugh aus seiner misslichen Lage befreie."
„Wer ist denn dieser arme Hugh?" fragte Michelle, als sie mit Cleo ins Haus und die Treppe hinaufging.
„Er ist der Mann, den ich eigentlich heiraten wollte. Doch nach der irgendwie pathetischen Vorstellung, die er heute Abend gegeben hat, bin ich mir nicht mehr sicher", erklärte Cleo gereizt. „Ich finde es einfach abstoßend, wenn meine Freunde sich meinem Vater gegenüber nicht behaupten können. So, wir sind da." Sie öffnete die Tür zu ihrem Zimmer und dirigierte Michelle hinein.
Es war weder so streng noch so kühl, wie Michelle es sich vorgestellt hatte. Das breite weiße Bett mit der pinkfarbenen Tagesdecke und den vielen weichen Kissen mit den pinkfarbenen Spit zenbezügen verliehen dem Raum eine weibliche Atmosphäre. Fo tos in silbernen Rahmen schmückten die Wände.
„Ich weiß", sagte Cleo spöttisch, als sie Michelles überraschte Miene bemerkte, „es ist schrecklich, stimmt's? Meine Mutter hat es mir zum zehnten Geburtstag so eingerichtet. Schon damals habe ich es gehasst, 90
aber ich habe es nicht übers Herz gebracht, sie zu enttäuschen. Sie meinte, schon als kleines Mädchen hätte sie sich so ein Schlafzimmer gewünscht. Deshalb habe ich sie umarmt und behauptet, es würde mir gut gefallen. Niemals würde ich etwas darin verändern. Es erinnert mich an meine Kindheit, die sehr glücklich war und eine Welt für sich, ehe die Probleme, die das Erwachsensein mit sich bringt, die Sicht der Dinge völlig verändert haben."
Michelle war verblüfft, wie empfindsam Cleo war. Ein sanftes Leuchten lag in ihren Augen, als sie ihre Mutter und ihre Kindheit erwähnte. Wer hätte vermutet, dass sich unter der kühlen und snobistisch wirkenden Oberfläche eine empfindsame Seele verbarg?
Plötzlich wurden Cleos Züge wieder hart. „Da wir endlich ein mal allein sind, möchte ich dir etwas sagen."
„So? Was denn?" Michelle versteifte sich. Ihr war klar, dass es nichts Angenehmes sein konnte.
„Tyler hat mir unmissverständlich klargemacht, dass ich mich in eure Angelegenheiten nicht einmischen soll. Aber ich möchte dich warnen.
Wenn du meinen Bruder verletzt, werde ich ..."
„Ich soll Tyler verletzen?" unterbrach Michelle sie erstaunt und ärgerlich. „Wie sollte ich das denn machen? Ich glaube, um gekehrt wird ein Schuh draus. Tyler ist doch dafür bekannt, dass er es nie lange bei einer Frau aushält und ständig seine Freundinnen wechselt.
Deshalb bin ich davon überzeugt, dass er unsere Beziehung früher oder später beenden wird, aber nicht ich."
„Das bezweifle ich sehr", antwortete Cleo kühl.
„Und was heißt das?"
„Nichts." Cleo drehte sich um und durchwühlte die Schubladen der Frisierkommode. „Ich habe schon zu viel gesagt."
„Ja, das finde ich auch. Was dein Bruder und ich miteinander haben, geht dich nichts an. Aber ich möchte zu gern wissen, warum du mich nicht magst. Du hast mich schon nicht gemocht, als ich noch Kevins Freundin war."
Cleo wirbelte herum. „Willst du es wirklich wissen?"
„Ja."
„Okay. Es hat mich gestört, dass du nie passend gekleidet warst, wenn du auf Tylers Partys erschienen bist. Doch neuerdings kann man das nicht mehr behaupten. Ein Orsini-Modell erkenne ich auf den ersten 91
Blick. Mit der neuen Frisur und dem Make-up wirkst du plötzlich ziemlich glamourös. Und das kann nur bedeuten, dass du deine Taktik geändert hast."
„Meine Taktik?"
„Oh, spiel doch nicht die Unschuldige. Du bist sehr geschickt und clever und weißt genau, was ich meine. Du hast dich entschlossen, dir Tyler zu angeln. Es ist mir jedoch noch nicht klar, ob du meinen Bruder aus purer Berechnung und Ehrgeiz heiraten willst oder aus irgendwelchen Rachegefühlen, nachdem dein heiß geliebter Kevin dich wegen Danni hat sitzen lassen."
Sekundenlang war Michelle sprachlos. „Du liebe Zeit, was fällt dir ein, mich so zu beleidigen?" stieß sie schließlich hervor. „Damit du es weißt: Wenn ich jemals heirate, da nn nur, weil ich meinen zukünftigen Mann liebe. Niemals würde ich jemanden wegen seines Gelds oder aus Rache heiraten. Vielleicht heiraten Frauen wie du sowieso nur aus allen möglichen anderen Gründen und nicht aus
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