Ein Traum in roter Seide
höchste Zeit, dass er heiratet?"
Michelle zögerte sekundenlang mit der Antwort und versuchte, sich zu beruhigen. „Ich glaube, Mr. Garrison", erwiderte sie und hoffte, ihre Stimme würde ruhig und kühl klingen, „dass Tyler sich dann dazu entschließt, eine Familie zu gründen, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Er weiß sehr genau, was er will, und er bekommt es auch immer. Sobald er bereit ist zu heiraten, wird er bestimmt irgendeine schöne junge Frau davon überzeugen können, dass es ihr sehnlichster Wunsch ist, seine Frau und die Mutter seiner Kinder zu werden."
„Das hast du gut ausgedrückt", antwortete Mr. Garrison. „Du hast natürlich Recht, ich sollte Vertrauen zu meinem Jungen haben."
„Dieser Junge, wie du mich nennst, sitzt hier am Tisch und kann für sich selbst sprechen", erklärte Tyler.
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„Dann tu es doch", forderte sein Vater ihn auf. „Sag uns, was du davon hältst."
Tyler stand auf und hob sein Glas Wein. „Ich möchte einen Toast auf meine wunderbaren Eltern ausbringen, die heute fünfunddreißig Jahre verheiratet sind. Ihr seid für mich das beste Beispiel dafür, wie eine Ehe sein sollte. Sie sollte eine echte Partnerschaft sein, die auf gegenseitiger Liebe, Respekt und gemeinsamen Zielen beruht. Erst wenn ich eine Frau gefunden habe, mit der ich eine solche Partnerschaft aufbauen kann, werde ich es wagen, eine so schwierige und anspruchsvolle Verbindung einzugehen. Ich bewundere den Mann, der das Glück gehabt hat, eine Frau zu heiraten, die ihm so seelenverwandt ist, und der klug genug ist, ihr jeden Tag seines Lebens seine Zuneigung zu beweisen. Auf meinen Vater Richard und meine wunderbare Mutter Marion!"
Gerührt und irritiert blickte Michelle ihn an. Wie konnte jemand so tief empfinden und zugleich so ein oberflächliches Leben führen?
Irgendetwas stimmte da nicht.
Sie versuchte, eine Erklärung zu finden. Vielleicht hatte er noch nie eine Frau kennen gelernt, die auch nur annähernd seinen Vorstellungen von einer Partnerin entsprach.
Aber er hat sich selbst ja auch kaum eine Chance gegeben, überlegte sie irritiert. Man brauchte mehr als einige Wochen, um jemanden besser kennen zu lernen.
Michelle schüttelte den Kopf und wandte sich ab. Irgendwie ärgerte sie sich über diesen Mann. Wusste er nicht, wie glücklich er sich schätzen konnte, in so einer liebevollen Familie aufge wachsen zu sein? Er müsste eigentlich zu mehr emotionaler Tiefe fähig sein.
Ständig wechselnde Freundschaften der sexuellen Abwechslung wegen waren nur etwas für Kriecher und Schmarotzer.
Aber Tyler gehörte nicht zu dieser Kategorie von Menschen.
Vielleicht hatte er sich da, ohne nachzudenken, etwas angewöhnt, weil er reich und attraktiv war und weil es die Frauen ihm so leicht machten. Genau wie ich, fügte sie insgeheim spöttisch hin zu.
Sie bemühte sich, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren und nicht an die Entscheidung zu denken, die sie am nächsten Morgen treffen müsste.
„Und jetzt möchte ich noch einen Toast ausbringen auf Hugh", fuhr 97
Tyler fort und zwinkerte Cleo zu. „Trotz des Drucks, dem er heute Abend ausgesetzt war, hat er sich bewährt und seine Sache gut gemacht."
Alle hoben lachend die Gläser und prosteten erst Hugh, dann Cleo zu.
Danach wurde noch auf Tylers Magazin angestoßen. Und schließlich merkte Michelle, dass er offenbar etwas zu viel ge trunken hatte.
Seine Mutter war wohl zu demselben Schluss gekommen, denn sie erklärte: „Ich lasse am besten jetzt den Kaffee servieren."
Nach dem Kaffee war die Dinnerparty dann zu Ende. Tylers Eltern zogen sich zurück, und Hugh und Cleo fuhren noch in einen Club.
Wenig später holten Michelle und Tyler ihre Sachen aus dem Auto und wanderten hinunter zum Bootshaus.
Die Nachtluft war kühl und frisch und der dunkle Himmel voller Sterne. Tyler legte ihr den Arm um die Schultern, zog Michelle an sich und küsste sie leicht.
Tiefes Entsetzen drohte sie bei seinen Zärtlichkeiten zu überwältigen, denn sie wusste, dass sie nichts mit Liebe, sondern nur etwas mit Lust zu tun hatten. Sie wollte sich jedoch davon nicht beeinflussen lassen.
Diese Nacht würde die letzte mit Tyler sein, und sie sollte unvergesslich werden. Michelle wollte ihn nicht nur körperlich lieben, auch ihre Gefühle und ihr Herz sollten beteiligt sein.
„Was hältst du jetzt von meiner Familie?" fragte er, als er die Tür zum Bootshaus aufschloss und das Licht anknipste.
„Deine Eltern sind wunderbare
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