Ein Traum in roter Seide
Menschen."
„Und Cleo?"
„Sie bessert sich ..."
„Ich glaube, sie fängt an, dich zu mögen", sagte er. Aber Michelle blickte ihn skeptisch an. „Nein, ich meine es ernst. Ich habe es gespürt, denn ich kenne Cleo in - und auswendig."
„Ist das überhaupt wichtig?" Sie ging hinter ihm her ins Haus und konnte ihren Arger über die sinnlose Unterhaltung kaum verbergen.
Plötzlich blieb sie stehen. „Du liebe Zeit! Hier hat sich ja alles verändert!" rief sie aus.
Das Bootshaus war früher der Inbegriff einer Junggesellenbe hausung gewesen mit einer Jukebox, einem Billardtisch und einer riesigen Bar.
Natürlich hatten auch exotische Tierfelle vor dem Kamin nicht gefehlt.
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„Gefällt es dir besser?" fragte er.
„Ja, viel besser." Es war jetzt eine ausgesprochen gemütliche Wohnung, in der man sich wohl fühlen konnte, und diente nicht mehr nur dem Zweck, Partys darin zu feiern. „Wann hast du dich neu eingerichtet?"
„Anfang des Jahres. Cleo hat mir dabei geholfen."
„Das hat sie wirklich gut hingekriegt. Hat sich oben auch alles verändert?"
Unter dem Dach hatte Tyler sein Schlafzimmer, in dem früher ein breites Wasserbett mit schwarz lackiertem Kopfende gestanden hatte.
„Ja. Cleo hat das ganze Zeug verschenkt."
„Das muss ich sehen."
„Ich zeige es dir gern." Tyler nahm sie bei der Hand und führte sie die Holztreppe hinauf.
Michelle blieb oben am Treppenabsatz stehen und schüttelte den Kopf. Das Schlafzimmer war jetzt mit massiven Holzmöbeln im Landhausstil eingerichtet. Nur der herrliche Ausblick auf den Hafen war immer noch derselbe.
Die Wand gegenüber des Fußendes des Betts war von oben bis unten aus Glas. Michelle hatte sich einmal vorgestellt, wie aufregend es wäre, sich auf diesem Bett vor dieser Kulisse zu lieben.
„Kannst du von hier aus das ganze Licht im Haus ausmachen?" fragte sie unvermittelt.
Tyler runzelte die Stirn. „Ja. Warum?"
„Dann mach es bitte."
Er tat es, und Michelle seufzte auf. Ja, das war genau die richtige Szenerie für romantische Träume - und für unauslöschliche Erinnerungen.
Aber solche romantischen Träume konnten auch in einer Katastrophe enden. Tyler konnte seinen Wagen und seine Möbel wechseln, so oft er wollte, er selbst konnte sich jedoch nicht ändern. Er war und blieb derselbe. Deshalb wäre es dumm und naiv, sich irgendwelche Hoffnungen zu machen.
Darüber wollte Michelle jedoch lieber nicht nachdenken. Sie wollte nur das tun, was sie sich vorgenommen hatte: Es sollte eine Nacht werden, die sie nie vergessen würde.
Mit Herzklopfen ging sie auf Tyler zu. Dann streifte sie ihm langsam 99
das Jackett über die Schultern und warf es achtlos in den Sessel neben ihnen.
Als Tyler etwas sagen wollte, legte sie ihm die Finger auf die Lippen.
„Nein, sei still. Auf diesen Moment habe ich mich den ganzen Abend gefreut", flüsterte sie. „Ich kann nicht mehr länger warten."
13. KAPITEL
Als Michelle wach wurde, spürte sie instinktiv, dass Tyler nicht mehr neben ihr im Bett lag. Sie hatte sich in eine Wolldecke ge hüllt, die sie offenbar irgendwann in der Nacht über sich gezogen hatte. Aber vielleicht hatte auch Tyler die Wolldecke über sie ausgebreitet.
Sie blickte sich in dem Raum um, doch er schien leer zu sein. Sie hätte nie gemerkt, dass Tyler in dem Schaukelstuhl saß, wenn er nicht in dem Moment den Kaffeebecher auf den Boden gestellt hätte. Michelle konnte nur seine rechte Hand sehen, sonst nichts.
Mit einem Blick auf den Radiowecker auf dem Nachttisch stellte sie fest, dass es fünf nach fünf war. Am Horizont über dem Wasser wurde der Himmel langsam heller, die Morgendämmerung fing an, die Dunkelheit der Nacht zu vertreiben.
„Tyler?" fragte Michelle sanft. „Weshalb bist du so früh aufge standen? Kannst du nicht schlafen?"
„Ich kann oft nicht schlafen."
Michelle war verblüfft, wie freudlos seine Stimme klang. „Ist ... etwas nicht in Ordnung?"
„Nicht in Ordnung?" wiederholte er. „Was sollte nicht in Ordnung sein?"
„Das weiß ich nicht. Aber irgendetwas stimmt nicht. Warum kommst du nicht wieder ins Bett und erzählst es mir?"
„Schlaf weiter, Michelle."
„Aber..."
„Verdammt, schlaf doch weiter!" fuhr er sie an.
Natürlich konnte Michelle nicht mehr schlafen, dazu war sie viel zu bestürzt und verletzt. Sie stand auf und wickelte sich die Wolldecke um den Körper. Dann durchquerte sie den Raum und kniete sich neben den Sessel.
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Dass Tyler völlig nackt im Schaukelstuhl saß,
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