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Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman

Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman

Titel: Ein Traum von einem Schiff. Eine Art Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Maria Herbst
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Shirt, das über ihr hängt, beinahe nicht aufgefallen wären. So bleibt mir also nur, blöde abzuwinken und noch blöder zu grinsen und beides in dem saublöden Satz gipfeln zu lassen:
     
    »Du siehst, ich hab mich nicht verändert!«
    »Aber ich oder wie?«
    »Ja … nee … äh … weiß nicht, also … Muaaa-ha-ha-ha … Pfffft!«
     
    Ihr Kopf begibt sich in eine so bedenkliche Schieflage, dass ich fürchten muss, sie kippt jeden Moment um, was sie aber nicht tut. Trutzig wie der Turm in Pisa steht sie genauso schweigend vor mir und weidet sich daran, dass ich aus der Nummer nicht rauskomme. Ich stehe da wie ein Vollpfosten. Soll ich sie fragen, als was sie hier engagiert ist? Welchen »Job« sie hier übernimmt? Für ein klitzekleines Sekündchen blitzt der Wunsch in mir auf, ein weiteres Beautycase möge auf mein Haupt knallen, denn dann hätte ich all das hier geträumt, aber Pustekuchen!
    Unmöglich kann ich ihr sagen, dass sie ganz die Alte ist, denn dann wächst meine Nase und neben Struwwelpeter steht Pinocchio und das kann keiner wollen; auf der anderen Seite kann ich sie aber auch nicht mit der augenscheinlichen Wahrheit konfrontieren, um die sie ja eh weiß, und wieder mal stelle ich fest, dass mich meine Eltern zwar gut, aber für Situationen, in denen ich ganze Zwickmühlsteine um den Hals hängen habe, nicht ausreichend gut erzogen haben.
    Der Gott der Peinlichkeit, der heilige Woody, hat ein Einsehen, öffnet die Schotten des Fliegers und die gesamte Meute drückt uns Richtung Ausgang, wo wir uns für einen Moment aus den Augen verlieren, für einen Moment, der aber lang genug war, dass man auf keinen Fall später hier mal wieder wird anknüpfen müssen.
    Vielleicht verlasse ich etwas zu schnell den Airbus, denn in Steinwurfweite sehe ich Mr. Hammerzeh stehen, der mich wieder kopfschüttelnd anschaut. Ich hoffe, dass er schielt
und
Parkinson hat, aber er guckt in der Tat
mich
an und kann die Kopfbewegung aktiv beenden, als er unsere gemeinsame Regieassistentin anlächelt und in den Arm nimmt. Die Vorstellung, dass sie jetzt bei
ihm
untenrum rummacht, lässt mich von einer Sekunde auf die andere den Glauben an die Menschheit verlieren, der aber sofort wiedergefunden ist, als ich die mittlerweile vertrauteste aller vertrauten Stimmen singen höre:
    »Die Kleene is’n Jeschoss, wa? Aba fääääätt is die jeworden und dit janze Blesch inne Fresse … Muaahahahah … Pfffffffft!«
     
    Einmal mehr bin ich ihm für seine so pointierte wie stimmige Einschätzung dankbar und zudem froh darüber, dass nur einer Rademann nachmachen kann: Rademann selber. Ich zwinkere ihm zu, soweit meine Feinmotorik diesen an Frühsport grenzenden Bewegungsablauf zulässt, und brauche jetzt einen dreifachen Kaffee.
    Noch drei Stunden später
    Mir ist kein Koffer auf den Kopf gefallen, und wir sind dennoch gelandet und das, und jetzt aber wirklich, in Panama.
    Unnötig zu erwähnen, dass der Kaffee in der guatemaltekischen Transitbar, die es ums Verrecken nicht schaffen wollte, einen Lounge-Charakter herzustellen, was sicher an den Unmengen von teilweise flackernden Neonröhren lag, die an der zu tief hängenden Decke ihren grellen Dienst versahen, hervorragend geschmeckt hätte – wenn denn welcher da gewesen wär. Er war aus! Einer
der
lateinamerikanischen Kaffeeexporteure schlechthin, Guatemala, hat allem Anschein nach jede einzelne Bohne ins Ausland getragen und im Gegenzug löslichen Kaffee eines schweizerischen Großkonzerns im Angebot, den ich mich weigerte, aufzulösen, also den Kaffee, nicht den Laden, woran auch ein dauerlächelnder George Clooney nichts ändern konnte, der mir zur Strafe jetzt mörderisch hämmernde Kopfschmerzen geschickt hat. Die Stewardessen der spanischen Fluglinie hatten ihren Service mit Heißgetränken kaltgestellt, weil es sich für eine so kurze Strecke nicht lohne, wie es hieß.
    Wie kurz kann ein Weg sein, dass es sich nicht mal lohnt, ein bisschen Wasser zu erhitzen? Das nächste Mal nehm ich wieder meinen Bunsenbrenner und meinen fairgehandelten Ökokaffee mit und dann Gnade euch Gott! Nichts davon bekommt ihr ab! Nicht die Bohne!
    Diese meine leichte Verärgerung, die ja weniger mit den Zwergen zu tun hatte, die in meinem Schädel mit Hammer und Amboss einer unschönen Arbeit nachgingen, sondern damit, dass meine eigene politische Korrekt- und Sturheit mich davon abgehalten hatte, meine Koffeinsucht zu befriedigen, da ich es schlicht nicht einsah, einem ausbeutenden

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