Ein Traummann auf Mallorca
zuwarfen. Die schlechte Stimmung war wie weggeblasen, und Charlene verspürte beinahe so etwas wie ein Aufflackern von echtem Glück, als Javier sie anschaute und ihre Hand ergriff.
In diesem Augenblick änderte sich alles. Charlene hatte so etwas noch nie zuvor erlebt. Die Geräusche um sie herum traten in den Hintergrund, alles, was sie hörte, war das laute Pochen ihres eigenen Herzens. Javiers Blick, der bis auf den Grund ihrer Seele zu reichen schien, hielt sie gefangen. Die Zeit hatte aufgehört zu existieren und …
„Schau, Papá , was ich gefunden habe!“
Auroras Erscheinen beendete den seltsamen Augenblick der Vertrautheit zwischen ihnen. Abrupt kehrte Charlene wieder in die Realität zurück – und zwar keinen Moment zu früh, wie ihr schien. Was war bloß in sie gefahren, sich derart von Javier vereinnahmen zu lassen?
Er selbst schien nicht im Geringsten beeindruckt von dem, was gerade zwischen ihnen vorgefallen war. Strahlend wandte er sich an seine Tochter, die ihm einen hübschen, in zartem Rosé schimmernden Kieselstein überreichte. „Der ist aber schön, mi corazón “, sagte er. „Und wie hübsch er in der Sonne glänzt.“
„Ich schenke ihn dir, wenn du möchtest“, erklärte Aurora mit kindlichem Ernst. „Aber du musst gut auf ihn aufpassen und ihn immer bei dir tragen, versprochen?“
„Versprochen“, sagte Javier feierlich und schob den Stein in seine Hosentasche. Dann lächelte er: „Und? Welche der Señoritas hätte gern ein Eis?“
„Ich!“, rief Aurora. „Ich! Ich!“
„Was ist mit Ihnen?“, fragte Javier. „Erdbeere? Vanille? Schokolade?“
Sie schüttelte den Kopf. „ Gracias , aber ich möchte nichts. Gehen Sie ruhig mit Aurora, ich warte hier. Es ist Ihr gemeinsamer Tag, ich habe Sie beide nur zur moralischen Unterstützung begleitet.“
Javier nickte. „ Bien , dann bis später.“
Charlene atmete erleichtert auf und sah Javier hinterher, wie er mit seiner Tochter an der Hand zum nahe gelegenen Kiosk ging. Es war schön zu sehen, dass die beiden so vertraut miteinander sein konnten, wenn die Situation stimmte und es keinerlei Störungen gab. Jetzt galt es, genau diesen Zustand auch dauerhaft herzustellen. Und das würde noch ein hartes Stück Arbeit werden – für sie alle.
Und für dich ganz besonders, weil du es kaum schaffst, in seiner Nähe zu sein, ohne die Kontrolle über dich zu verlieren. Was ist bloß mit dir los?
Doch da war noch ein anderer Punkt, der Charlene Sorgen machte. Nämlich die Art und Weise, wie Javier von seiner Familie gesprochen hatte. Unwillkürlich fragte sie sich, was wohl geschehen würde, wenn er herausbekam, dass sie nur auf das Betreiben seiner Tante hin in seinen Haushalt gekommen war? Wie würde er reagieren? Musste sie es ihm nicht eigentlich sagen? Aber Señora Velásquez hatte es eindeutig zur Bedingung gemacht, dass sie genau das nicht tat.
Charlene schüttelte den Kopf. Sie wollte jetzt lieber nicht darüber nachdenken. Früher oder später, das wusste sie, würde sie sich der Frage stellen müssen, doch bis dahin wollte sie erst einmal das tun, was ihr im Moment am wichtigsten erschien: sich um Aurora kümmern.
Vier Tage später hatte Charlene ihre anfänglichen Bedenken schon beinahe vergessen. Alles lief wunderbar. Und bei dem kurzen Telefonat, das sie spät am vergangenen Abend geführt hatten, war es Señora Velásquez gelungen, auch ihre letzten Zweifel zu zerstreuen.
„Bitte, seien Sie unbesorgt“, hatte die ältere Spanierin sie beruhigt. „Ich versichere Ihnen, dass mir das Wohl meines Neffen und meiner Großnichte sehr am Herzen liegt. Nie würde ich etwas tun, das den beiden in irgendeiner Weise schaden könnte.“
Sie hatte sich so offen und aufrichtig angehört, dass es Charlene gar nicht in den Sinn gekommen war, an ihren Worten zu zweifeln. Trotzdem hatte sie noch einmal nachgehakt und gefragt: „Aber warum darf Javier dann nicht erfahren, dass ich durch Ihre Vermittlung zu ihm gekommen bin?“
Maria hatte tief geseufzt. „Das ist die Folge einer langen Aneinanderreihung bedauerlicher Missverständnisse, von denen ich hoffe, dass wir sie in naher Zukunft ausräumen können. Aber sprechen wir über erfreulichere Dinge: Ich habe heute die Zahlungsanweisung für die Übernahme der Behandlungskosten Ihres Vaters unterzeichnet. Nun müssen nur noch die Ärzte im Krankenhaus grünes Licht geben, dann kann er verlegt werden.“
Charlene hatte sich mit Señora Velásquez’ Ausführungen
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