Ein Traummann zum verzweifeln
worüber?« Damit hob sie den Deckel an und griff in den Koffer.
Nick schaute beiseite. Dann wandte er den Blick wieder ihrem Profil zu. »Wir müssen über Mos Hochzeitsabend reden.« Eine Entschuldigung von ihm war längst überfällig.
Das war wirklich das Letzte, was Daisy wollte. Sie stand auf, drehte sich zu ihm um und sah ihn mit steinerner, abweisender Miene an, wobei sie die Pistole, die sie aus dem Koffer genommen hatte, seitlich nach unten hielt.
»Du kannst nicht sehr klug sein«, sagte sie mit ausdrucksleerer Stimme, »sonst würdest du diesen Abend nie und nimmer ansprechen, wenn ich eine Pistole in der Hand halte.« Vor allem nicht, wenn diese Hand in dem übermächtigen Bedürfnis, direkt auf sein verlogenes Herz zu zielen, so entsetzlich zitterte. Sie wandte sich ab und legte die Waffe vorsichtig in den vorgesehenen Schlitz im Koffer zurück. »Du hast Glück, dass ich Profi bin.«
»Hör zu, alles, was ich sagen wollte ...«
»Es interessiert mich einen Dreck, was du sagen willst, verstanden? Schluck’s runter!«
»Verdammt, Daisy, ich ...«
Sie ließ ihn einfach stehen und marschierte zum Badezimmer. Sie brauchte für ein paar Minuten eine Tür, die sie hinter sich abschließen konnte, und einen laufenden Wasserhahn, der seine Stimme ausblendete. Er schien fest entschlossen, am Ball zu bleiben, und sie hatte Angst, so in Rage zu geraten, dass sie eine Dummheit beging, die sie bereuen könnte. Nichts machte sie so fuchsteufelswild, wie die Erinnerung an jenen Abend mit Nick. Deshalb war es klug, sich selbst so lange aus dem Verkehr zu ziehen, bis sie dem Wunsch, persönlich zu werden, widerstehen konnte. Sie musste ihre ganze Professionalität zusammenkratzen und sich damit wie hinter einer kugelsicheren Weste verschanzen. Nach einer Weile verließ sie das Bad wieder sehr viel ruhiger. Doch als sie plötzlich am Arm gepackt, und mit eisernem Griff herumgewirbelt wurde, überlegte sie überhaupt nicht – sie reagierte einfach nur. Sie drehte sich mit dem Rücken gegen seine Brust, packte gleichzeitig seinen Arm, machte eine Körperdrehung und beugte sich blitzschnell nach vorne.
Nick flog über ihre Schulter und segelte ein Stückchen durch die Luft, um mit dem Rücken flach auf dem Boden zu landen.
3
W as soll der Scheiß, Daisy?« Nick stützte sich empört auf einen Ellenbogen und schnappte nach Luft. »Ich wollte nichts weiter, als mich entschuldigen.«
»Heb dir deine Entschuldigungen für jemanden auf, den sie interessieren.«
»Ich nehme an, sie interessieren dich gewaltig, sonst würdest du nicht so auf mich losgehen.«
Sie lachte gequält. »Bilde dir bloß nichts ein. Das hat mich früher mal interessiert, aber jetzt schon lange nicht mehr.«
Allerdings beugte sie sich vor und streckte ihm die Hand entgegen. Er ergriff sie und ließ sich auf die Füße ziehen. Es war zwar ziemlich albern, dass er sofort ihre Wärme vermisste, als sie seine Hand einen Sekundenbruchteil später wieder losließ. Aber er tat es.
»Wenn dieses Unternehmen auch nur den Hauch einer Chance haben soll, dann müssen wir uns auf einer rein professionellen Ebene verständigen, sonst funktioniert das nicht«, sagte sie kühl. »Und ja, okay, ich gebe zu, dies war vielleicht nicht der allerbeste Anfang.« Ihr Schulterzucken erweckte bei Nick nicht gerade den Eindruck, dass es ihr besonders Leid tat, und ihr Kinn war selbstbewusst vorgereckt, als sie hinzufügte: »Vergiss es einfach, Nick! Du hast bekommen, was du wolltest, als du mir die Unschuld geraubt hast und dann gegangen bist.« Sie wandte sich ab.
Du lieber Gott, das war ja beinahe ein Witz. Er war nicht weggegangen, er war weggerannt - und zwar aus reinem Selbsterhaltungstrieb.
Solange er sich erinnern konnte, hatte sein Vater die Frauen wie andere Leute die Hemden gewechselt. Und er hatte mitbekommen, welchen Schaden er damit anrichtete. Das hatte ihn schon in jungen Jahren zu dem Entschluss gebracht, niemals zu heiraten. Auch hatte er es aufgegeben, auch nur den Versuch zu unternehmen, seine verschiedenen Stiefgeschwister näher kennen zu lernen, da sie nie so lange da waren, dass sich die Anstrengung gelohnt hätte. Mo war die einzige Person gewesen, auf die er zählen konnte, von der er wusste, dass sie für ihn immer da sein würde, in guten wie in schlechten Zeiten.
Und dann – es war das Jahr, in dem er seinen College-Abschluss machte – war Daisy in ihr Leben getreten.
Sie war von Beginn an anders gewesen als die Stiefgeschwister,
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