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Ein Tropfen Blut

Ein Tropfen Blut

Titel: Ein Tropfen Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Pointner
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reif.«

15
     
     
     
    Himmel, seh ich beschissen aus, dachte Annika Schäfer niedergeschlagen. Aus dem Spiegel über dem Waschbecken starrten sie braune Augen unter den dunkelblonden Haaren an, ihre gerade, etwas zu groß geratene Nase war an der Spitze wachsbleich. Eindeutig zu wenig Schlaf. Selbst die vollen Lippen konnten ihrem Konterfei kein Leben einhauchen; sie sah aus wie nach einem durchtanzten Wochenende.
    Widerwillig schüttelte die Beamtin den Kopf, ließ sich einen Schub kaltes Wasser in die Handflächen laufen und klatschte sich den Muntermacher ins Gesicht. Viel half das allerdings nicht.
    Schäfer trocknete sich ab, ordnete mit einem kurzen Griff ihre Haare und ließ das trostlose Ambiente der Präsidiumstoilette hinter sich. Nach dem zurückliegenden Vormittag war ihr der Appetit eigentlich gründlich vergangen, aber ihr Magen knurrte gefährlich. Sie brauchte dringend etwas zu beißen.
    Die Kantine war fast leer. Entweder sprach das wieder für die unglaublich schlechte Qualität des heutigen Tagesgerichtes oder die Mehrzahl der hungrigen Münder war bereits abgefüttert. Tatsächlich, es war schon kurz nach halb zwei.
    Lustlos angelte sich die Beamtin einen der letzten Salatteller aus der Glasvitrine und legte noch zwei Äpfel dazu. Als sie mit ihrer Mahlzeit zur Kasse marschierte, erhielt sie einen Knuff in die Seite.
    »Hi, Annika. Na, organisierst du wieder Grünzeug für deine Kaninchen?«
    Schäfer sah sich um. Katharina Thalbach grinste sie an, in der Hand einen Teller mit vor Fett triefendem Mohnkuchen.
    »Nee, das ist für mich«, lächelte sie gezwungen zurück.
    »Lange Nacht gehabt?«, fragte die Blonde.
    »Das kannst du wohl sagen. Um fünf war ich endlich in der Falle. Hat sich jedoch kaum noch gelohnt.«
    »Neuer Freund?«
    Schäfer gönnte Thalbach einen resignierenden Blick. »Schön wäre es ja. Aber war dienstlich begründet.«
    Katharina sah fragend auf. »War letzte Nacht was los?«
    »Kann man sagen. Ziemlich üble Sache. Irgend so ein durchgeknallter Irrer hat sich an ‘ner jungen Frau ausgelassen.«
    »Scheiße«, meinte Katharina automatisch. »Hab ich noch gar nichts von gehört.«
    »Wenn du ‘nen Moment Zeit hast, komm doch eben mit hoch.«
    Katharina zögerte einen Moment, nickte dann aber. »Warum eigentlich nicht. Bei uns ist eh tote Hose.«
    »Kaffee?«, fragte Schäfer, als sie das Büro erreicht hatten.
    »Gerne. Hast du da die Akte?«
    »Hm. Bedien dich.«
    Schäfer schob der Blonden den Hefter sowie eine Tasse herüber und stocherte ohne große Begeisterung in ihrem Salat herum. Während Katharina ihren Kuchen vernichtete, schossen ihre Augen über die Notizen der Kollegin.
    »Meine Güte, so etwas hab ich ja schon lange nicht mehr gelesen«, erklärte Thalbach fünf Minuten später. »Habt ihr schon eine Spur?«
    »Ach was«, winkte Schäfer ab. »Die Frau ist noch nicht in der Lage, eine Aussage zu machen, die Ärztin sagte, ich dürfte frühestens gegen Abend noch mal aufkreuzen. Wenigstens wissen wir inzwischen, wo sich der Kerl sein Opfer gegriffen hat.«
    Katharina schob den Rest ihres Kuchens beiseite.
    »Stadtgrenze Bochum – Herne. Kennst du dich da aus?«
    »Kaum«, antwortete Thalbach.
    »Da gibt es eine Ecke, wenn du da mitten in der Nacht ausgesetzt wirst, könntest du glauben, du wärst in der Taiga gelandet. Die Frau hat da oben gewohnt. Ihren Wagen haben wir am Straßenrand gefunden, der Schlüssel steckte. Anscheinend hat der Kerl sie auf dem Heimweg abgepasst.«
    »Mitten am Tag?«, zweifelte Katharina. »Und das hat niemand gesehen?«
    »Ist nicht so unwahrscheinlich, wie es klingt. Als wir uns da umgeschaut haben, kam vielleicht alle halbe Stunde ein Auto vorbei.«
    »Also hat sich der Typ sein Opfer genau ausgesucht«, resümierte Katharina.
    »Genau«, stimmte Schäfer zu. »Ein Zufallstäter war das garantiert nicht. Ein Stückchen von dem Wagen des Opfers entfernt haben wir Stofffetzen gefunden, dazu jede Menge umgeknickte Gräser und Zweige und auch ein wenig Blut.«
    »Von dem Opfer?«
    »Wird noch geprüft, würde ich aber drauf wetten. Sieht so aus, als ob das Schwein ihren Wagen angehalten oder die Straße blockiert hat. Der Rest war dann nur noch Formsache, die Frau ist eine zierliche Person und hatte vermutlich nicht den Hauch einer Chance.«
    Katharina runzelte die Brauen und griff noch einmal zur Akte. Dann nickte sie. »Etwas über einen Meter fünfzig groß und höchstens 45 Kilo. Er hat ihren Wagen zur Seite gefahren und

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